Gisma: Der Phantom-MBA

Von am 6. September 2021
Gisma pexels-pixabay

Im Mai sollte an der Gisma Business School in Potsdam der neue Global MBA starten. Doch ob der Studiengang wirklich begonnen hat, ist nicht bekannt. Die Business School schweigt hartnäckig dazu. English version

„50% Future Leaders Stipendien von 50 % für unseren Global MBA erhältlich“, warb die Gisma Business School im März 2021. Starten sollte das neue MBA-Programm im Mai als eines der fünf neuen Master-Programme. Die Informationen zu dem Programm waren eher dürftig. Die Broschüre, die man nur bekam, wenn man seine Kontaktdaten eingab, listete nur einige Schlagworte zu den Kursmodulen auf.

Auf der Gisma-Website steht, dass Gisma-Präsident Professor Stefan Stein am 11. Mai die ersten Studenten begrüßt und mehr als 20 neue Postgraduate-Studenten willkommen geheißen habe, mehrere Studenten würden noch in der nächsten Woche erwartet. 20 plus Studenten für die fünf neuen Master-Studiengänge? Die Gisma gehört zu dem privaten For-Profit-Bildungsanbieter Global University Systems (GUS).

Die Frage, wie viele Studenten an der Gisma in Potsdam begonnen haben und wie viele es in dem neuen MBA-Studiengang gibt und ob er daher überhaupt gestartet sei, beantwortet Jessica Carolin Barthel-Jelkmann, Pressesprecherin der GUS Germany GmbH, Campus Iserlohn, nicht und schreibt am 28. Juni: „Der Studienbeginn für die junge Hochschule ist in Potsdam erfolgreich angelaufen. Die Gisma Business School kann Studierende aus verschiedenen Ländern, darunter Österreich, Deutschland und England begrüßen. Weitere Daten werden nach Auswertung in absehbarer Zeit veröffentlicht.“

Auch am 30. Juli, bis dahin müssten eigentlich auch die im Mai noch fehlenden Studenten eingetroffen sein, beantwortet die Pressesprecherin die Frage, wie viele Studenten die Gisma in Potsdam hat, wie sie sich auf die fünf neuen Master- und zwei Bachelor-Studiengänge aufteilen und ob der neue Global MBA daher überhaupt gestartet ist, nicht und schreibt: „Wie bereits mitgeteilt, konnte die Gisma Business School Studierende u.a. aus Österreich, Deutschland und auch England begrüßen.“

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Doch wie seriös ist eine Hochschule, die sich hartnäckig weigert, die Zahl ihrer Studenten bekannt zu geben und welche ihrer Studiengänge überhaupt gestartet sind oder mangels Studenten garnicht begonnen haben? So bleibt der neue MBA-Studiengang ein Phantom, von dem man nicht weiß, ob er derzeit überhaupt durchgeführt wird.

Doch es wird noch besser. So schreibt die Pressesprecherin auch noch: „Weitere Daten werden nach Auswertung u.a. über das statistische Bundesamt veröffentlicht. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir vorab keine einzelnen Daten veröffentlichen können.“

Das ist nun wirklich abstrus. Eine Business School will die Zahl ihrer Studenten nicht preisgeben und verweist auf das Statistische Bundesamt, dessen in der Regel mit erheblicher Verzögerung veröffentlichte Zahlen sich zwangsläufig wiederum auf die Angaben der Schulen stützen.

Der Global MBA gehört zu den ersten Studiengängen, bei denen die Gisma Business School selbst Master-Abschlüsse in Deutschland vergeben darf. Bis September 2020 war die Gisma keine in Deutschland anerkannte Hochschule und konnte daher keine eigenen Abschlüsse vergeben. Angeboten wurden daher im Franchise-Verfahren mehrere Studiengänge anderer Business Schools.

Bereits im Mai 2019 hatte die Gisma in Hannover verkündet, dass sie in enger Kooperation mit dem niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur einen Antrag auf Konzeptprüfung gestellt und vom Wissenschaftsrat die Empfehlung zur staatlichen Anerkennung als Hochschule bekommen habe. Nun müsse nur noch das Ministerium zustimmen und dann könne die Gisma erstmals eigene Studiengänge anbieten und anerkannte Abschlüsse verleihen.

Dabei forderte das niedersächsische Ministerium damals eine Trennung der Geschäftsfelder, wie die Hannoversche Allgemeine berichtete. Die bisherige Tätigkeit mit Master-Studiengängen von Partnern laufe bei der Gisma Global GmbH weiter und zwar überwiegend an den Standorten Berlin und demnächst Hamburg. Am Hauptsitz in Hannover gründe sich die Gisma Business University of Applied Sciences (Hochschule für angewandte Wissenschaften), so die Zeitung.

Doch es passierte nichts. Eine Anerkennung durch das niedersächsische Ministerium erfolgte nicht. Die Gisma Business School bot weiter ihre Franchise-Studiengänge und Sprachkurse an.

Schließlich verlegte die Gisma ihren Hauptsitz nach Potsdam, wo sie im September 2020 als Fachhochschule staatlich anerkannt wurde, nachdem sie die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung nachgewiesen hat. Darauf habe der Träger in Brandenburg einen gesetzlichen Rechtsanspruch, erklärte das Wissenschaftsministerium in Potsdam.

Im Gegensatz zu Niedersachsen war es dabei in Brandenburg auch nicht notwendig, die beiden Geschäftsfelder zu trennen. Auf der Website gisma.com sind daher sowohl die neuen eigenen Studiengänge als auch die bisherigen Franchise-Programme aufgelistet. Und im Impressum steht sowohl die “Gisma University of Applied Sciences GmbH” in Potsdam als auch die “Gisma Global GmbH” in Hannover.

Der Global MBA gehört zu den ersten fünf eigenen Postgraduate-Studiengängen (Gisma Awarded Postgraduate Programmes). Dazu kommen 14 Studiengänge, deren Abschluss von anderen Hochschulen vergeben wird.

Zu diesen „Gisma Partner Postgraduate Programmes“ gehört auch ein MBA der Grenoble School of Management. Laut Website beginnt der nächste Studiengang im September 2020! Aufschlussreich ist das Profil der Studenten. Laut der auf der Website zu dem Studiengang veröffentlichten Grafik sind 49 Prozent der MBA-Studenten 18 bis 24 Jahre alt (und damit für ein MBA-Studium, das normalerweise einen Bachelor-Abschluss und mindestens ein Jahr Berufserfahrung voraussetzt, bemerkenswert jung) und 23 Prozent kommen aus Indien.

Quelle: gisma.com

Dazu muss man wissen, dass der Bildungskonzern GUS vor allem auf die Anwerbung von internationalen Studenten setzt. Rund tausend Agenturen und Agenten arbeiten weltweit daran, junge Menschen bevorzugt aus Indien, Pakistan, Nigeria und aus anderen Schwellenländern an eine der GUS-Schulen – in diesem Fall nach Deutschland – zu locken. Versprochen werden ihnen ein Studium in Deutschland, ein Sprachkurs, Hilfe bei der Unterkunft und Jobsuche.

In Deutschland gehören neben der Gisma Business School auch die University of Europe for Applied Sciences, die HTK Academy sowie die Berlin School of Business and Innovation (BSBI) zu den GUS-Schulen, wobei letztere keine anerkannte Hochschule ist und die Abschlüsse vor allem von einer italienischen Fernuni verliehen werden.

Dabei zeigt der Fall BSBI, dass die Versprechen bei weitem nicht immer gehalten werden. Dort führte das massive Missmanagement 2019 zu Protesten einiger Studenten. MBA Journal berichtete damals ausführlich darüber. Auch die Financial Times nahm in ihrem Artikel „Inside the university recruiting machine“ unter anderem die GUS und die BSBI kritisch unter die Lupe.

Der Artikel wurde am 19. September aktualisiert. Weitere Ergänzungen folgen.

Update 15. Dezember 2021: Den Grenoble MBA gibt es bereits seit Anfang 2021 nicht mehr. Trotzdem stand er noch bis September auf der Gisma-Website. Die abenteuerliche Begründung der Gisma, ihr weiteres fragwürdiges Vorgehen und welche blamable Rolle die AMBA spielt, kann man hier nachlesen.

Update 21. Dezember 2021: Laut Angaben der Gisma gegenüber dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg hat die Hochschule im Sommersemester 2021 insgesamt 29 Online-Studierende für die damals angebotenen sieben Studiengänge gemeldet. Das wären im Schnitt rund vier Studierende pro Studiengang, wenn alle begonnen hätten. Ob der Global MBA gestartet ist, bleibt weiter unklar. Die Gisma verweigerte – auch auf zweimalige Nachfrage – eine konkrete Antwort dazu und gab auch keine Informationen zur Zahl der MBA-Studierenden oder deren Alter oder Herkunftsland bekannt (siehe Antworten oben).

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.