EBS und RWTH: Kooperations-Hoffnungen
Die finanziell angeschlagene EBS will laut eigenen Angaben künftig gemeinsame Studiengänge mit der RWTH Aachen anbieten. Dort reagiert man allerdings ziemlich verwundert. Zwar habe es im März ein erstes Sondierungsgespräch mit Fakultätsvertretern gegeben, nach dem Rauswurf des Uni-Präsidenten Rolf Wolff sei aber noch offen, ob und wie es weitergeht.
Professor Malte Brettel war bass erstaunt, als er im Wiesbadener Kurier von der geplanten Kooperation der RWTH Aachen mit der EBS Universität für Wirtschaft und Recht las. Bereits am 9. April hatte die Zeitung im Zusammenhang mit dem plötzlichen Rausschmiss des bisherigen EBS-Präsidenten Rolf Wolff berichtet, dass Wolff der Hochschule eine Perspektive zu bieten habe. „Ginge es nach seinem Plan, würde sie mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen gemeinsame Studiengänge entwickeln.“
Auf der Pressekonferenz am 20. April soll auch Richard Raatzsch, zweiter Geschäftsführer der Universität, darüber gesprochen haben, dass Gespräche mit der RWTH und vielleicht auch mit „einer bekannten Universität in Südeuropa“ geführt werden.
Professor Brettel, Prorektor für Wirtschaft und Industrie der Hochschule und akademischer Direktor der International Academy der RWTH, sieht das etwas anders. Herr Wolff sei auf die RWTH zugekommen und man habe zwei Gespräche darüber geführt, ob es mögliche Synergien – etwa beim MBA – geben könnte. Aber dabei sei man noch völlig am Anfang gewesen.
Herrn Raatzsch kenne er nicht und habe auch nicht mit ihm gesprochen. Mit dem Rauswurf von EBS-Präsident Wolff sei die Sache sowieso erst mal erledigt. Zudem sei über die Gespräche Stillschweigen vereinbart gewesen. Daher finde er es „sehr interessant“, darüber etwas in der Zeitung zu lesen.
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Nun könnte man den Vorfall als unglückliche Verknüpfung sehen: Der gefeuerte EBS-Präsident will sich noch einmal in Position bringen, der zweiter Geschäftsführer greift den Strohhalm auf. Der Vorfall zeigt aber auch, dass man der EBS und ihrem Geschäftsgebaren weiter nicht trauen kann.
Erst vor ein paar Tagen hatte die hoch verschuldete Privatuni ein neues Finanzkonzept vorgelegt, bei dem Gläubiger auf die Rückzahlung gewährter Darlehen in Höhe von insgesamt 5,4 Millionen Euro verzichten. Laut Bilanz hatte die EBS 2013 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 9.08 Millionen Euro. Ende 2014 soll das „negative Eigenkapital“ dann bereits 10,1 Millionen Euro betragen haben. Im Klartext: Trotz Rückzahlungsverzicht bleibt die Privatuni bei einem negativen Eigenkapital in Millionenhöhe.
Da hilft auch das auf Pressekonferenz offenbar zur Schau gestellte ausgeprägte Selbstbewusstsein des neuen Aufsichtsrats nicht. Schon die letzten Pressemeldungen zum neuen Finanzplan ließen aufhorchen. Da wurde der Geschäftsführer der Uni, Holger Follmann zitiert: „Auf der Basis dieses zukunftsgerichteten Finanzierungskonzeptes werden wir die hervorragende, praxisorientierte Forschung und Lehre der EBS weiter ausbauen und stärken.“ Hervorragende Forschung? Die forschungsstarken Professoren haben die EBS längst verlassen. Und bis heute kann die EBS nicht einmal angeben, wie viele „echte Vollzeit-Professoren“ sie überhaupt noch hat.
Auch ein weiterer Satz aus der Pressemeldung zum Abgang von Uni-Präsident Wolff lässt aufhorchen: Akademisch habe sich die Universität unter seiner Führung positiv weiterentwickelt, wie das im Herbst 2014 erreichte Financial Times Ranking und die anstehende Reakkreditierung durch EQUIS unterstreichen. Doch ob die EBS überhaupt reakkreditiert wird, ist zumindest offiziell noch nicht bekannt und es wäre auch recht bemerkenswert. Denn zu dem Zeitpunkt, als das EQUIS-Team die Schule besuchte, war sie offenkundig pleite. So mancher interpretiert den Rausschmiss von Wolff daher auch anders: Die EBS sei bei EQUIS gescheitert, deshalb musste Wolff gehen.
Nachtrag: An der RWTH gibt es offenbar unterschiedliche „Wahrnehmungen“. So schreibt Professor Günther Schuh, Geschäftsführer der RWTH Aachen Campus GmbH, dass er seit Oktober 2014 mit dem geschassten EBS-Präsidenten Rolf Wolff „über eine Kooperation der RWTH mit der EBS sowie einer Teilansiedelung/einem Ausbau der EBS auf dem RWTH Campus in Aachen verhandelt“ habe. Das Sondierungsprojekt sei ALFRED getauft und es sei Vertraulichkeit mit der EBS verabredet worden.
Das gemeinsame Projekt-Kick-Off habe am 6. März 2015 in Aachen stattgefunden. Für RWTH-Prorektor Malte Brettel war das aber nur das erste Gespräch, wo man sich mit Vertretern der RWTH-Fakultät und der EBS zusammengesetzt hat, um überhaupt über eine mögliche Zusammenarbeit zu sprechen. Ein weiteres Gespräch kam nach dem Rauswurf des EBS-Präsidenten nicht mehr zustande. „Wir lernen jetzt Herrn Raatzsch kennen und reden darüber, ob es weiter geht“, sagt Professor Brettel. Professor Schuh schreibt: „Ob es jetzt wie geplant weiter geht, weiß ich im Moment ehrlich gesagt auch nicht genau.“