Ex-EBS-Präsident Christopher Jahns: Der falsche Professor?
Christopher Jahns, 2011 geschasster Präsident der EBS und unter Anklage wegen des Verdachts auf gewerbsmäßige Untreue, bezeichnet sich inzwischen wieder als Professor. Von der von ihm mitgegründeten XU Exponential University of Applied Sciences kann der Titel kaum stammen. Denn die harrt noch immer der staatlichen Anerkennung.
Am 9. November fand in Hamburg der Blue Rocker Congress der Logistikbranche statt. Einer der Referenten war der 2011 geschasste Präsident der EBS Universität für Wirtschaft und Recht, Christopher Jahns. Im Video ist er bei Minute 1.44 bei seinem Vortrag zu sehen. Hinter ihm steht deutlich sichtbar „XU“ und „Professor Dr. Christopher Jahns“. XU steht dabei wohl für die von ihm mitgegründete XU Exponential University of Applied Sciences i.Gr. in Potsdam.
Doch wieso kann sich Jahns wieder als Professor bezeichnen? Und wo lehrt er? An der XU kann es schlecht sein. Denn die private Hochschule harrt noch immer der staatlichen Anerkennung. „Der Antrag der XU auf Anerkennung als Hochschule in Brandenburg ist – auf der Grundlage des Brandenburgischen Hochschulgesetzes – noch immer in Bearbeitung, eine Entscheidung wird voraussichtlich nicht vor Ende des Jahres fallen“, schreibt das Brandenburger Ministerium im Januar. Zuvor war die XU mit der Anerkennung in Berlin gescheitert.
Zufall oder ein Versehen ist der Professortitel offenbar nicht. Denn auch auf seinem Xing- und LinkedIn-Profil bezeichnet Christopher Jahns sich inzwischen als Professor. Vor einem Jahr stand dort noch „Habilitation, Dr.oec, Diplomkaufmann“. Seltsamerweise fehlt ein Hinweis, wo er als Professor tätig ist. Hat ihm möglicherweise irgendeine fragwürdige Hochschule zu der Bezeichnung verholfen, die er lieber nicht nennt? Oder handelt es sich um unerlaubte Titelführung?
Bemerkenswert ist auch, dass beim LinkedIn-Profil unter seinem Namen neben der XU die „Harvard University, Kennedy School of Governance“ steht, so als würde er dort unterrichten oder hätte dort studiert. Dabei hat er dort 2010 nur ein einmonatiges Executive Program der Young Global Leaders absolviert, zu denen er damals gehörte.
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Auch in einem Interview lässt sich Jahns zweimal als „Professor Dr.“ titulieren, ohne das zu korrigieren. Darin erklärt er, dass er nichts mehr mit der XU University zu tun habe, sondern sich nur noch um „Corporate Projekte“ bundesweit, insbesondere in China – also Weiterbildung für Unternehmen – kümmert. Die Uni mache er nicht mehr, das sei abgegeben an andere: „Da sind wir nicht mehr beteiligt.“ Er beschäftige sich mit Firmen, die Digitalisierung lernen wollen, und – bedingt durch seine Investoren, die ehemaligen Gründer von WebEx aus dem Silicon Valley („Das sind Chinesen“) – vor allem damit, was Industrie 4.0 in Deutschland nach China bringen könne (ab Minute 8.30).
Erstaunlich für jemanden, der psychisch so angeschlagen ist, dass er seinen Strafprozess wegen des Verdacht gewerblicher Untreue nicht durchstehen kann.
Der ehemalige Präsident der EBS Universität für Wirtschaft und Recht stand seit April 2013 wegen des Verdachts gewerbsmäßiger Untreue in Wiesbaden vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, dass er 180.000 Euro veruntreut hat. Das Geld wurde von der EBS an die Beratungsfirma BrainNet überwiesen, an der Jahns damals beteiligt war, ohne dass es – so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft – dafür entsprechende Leistungen gab. Die Gelder sollen dann von BrainNet an seine eigene Firmen in der Schweiz weitergeleitet worden sein. Jahns bestreitet seine Schuld.
Im Oktober 2014 wurde das Strafverfahren vorläufig eingestellt, weil ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten Jahns bescheinigt hatte, verhandlungsunfähig zu sein. Weitere Prozesstermine wären zu belastend für ihn.
Seitdem ruht das Verfahren. Bis heute liegt kein neues Gutachten vor, weil Jahns sich einer Untersuchung verweigert und das Gericht sich seit mehr als drei Jahren von ihm vorführen lässt.
Im September 2017 hatte die Staatsanwaltschaft daher beantragt, den Angeklagten nach § 81 I StPO vorrübergehend in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen, damit er dort neu begutachtet wird. Das lehnte die 6. Strafkammer des Landgerichts Wiesbaden am 16. August ab.
Daraufhin legte die Staatsanwaltschaft am 23. August Beschwerde gegen den Beschluss ein mit der wesentlichen Begründung, dass eine Alternative, die Verhandlungsfähigkeit – anders als im Rahmen der Anordnung nach § 81 StPO festzustellen – nicht erkennbar sei. Seitdem liegt der Fall beim Oberlandesgericht.
Gibt dieses der Beschwerde der Staatsanwaltschaft statt, könnte Jahns zur Begutachtung in die Psychiatrie eingeliefert werden. Lehnt es die Beschwerde ab, kann Jahns wohl weiter wie bisher unbehelligt seinen umfangreichen geschäftlichen Aktivitäten nachgehen, ohne lästige Prozesstermine wegen des Untreue-Verfahrens befürchten zu müssen.
Weniger gefallen dürfte dem „Digitalisierungsexperten“, was das Manager Magazin in der Januarausgabe in dem Artikel „Die Rattenfänger von Digitalien“ schreibt. „Wenn’s um die Transformation von Geschäftsmodellen geht, haben viele Consultants hauptsächlich Buzzword Geschwafel zu bieten. Trotzdem fallen selbst gestandene Bosse reihenweise darauf rein“, heißt es dort. Und weiter:
„Von dem Boom möchte auch Christopher Jahns profitieren.“ Der geschasste Rektor der European Business School (EBS) plane in Potsdam die XU Exponential University for Applied Sciences. Bisher habe er nach eigener Aussage bereits Tausende Manager von Porsche, Grohe, DHL oder Lufthansa zu Digitalexperten ausgebildet. Brancheninsider hegten jedoch große Zweifel an der Seriosität des Unterfangens. Gegen den Diplom-Kaufmann liege ein Verfahren wegen gewerbsmäßiger Untreue vor. Der Mann habe sich wegen psychischer Probleme für „andauernd verhandlungsunfähig“ erklären lassen. „Genug Geisteskraft, um mit Buzzwords für sich und seine XU Uni zu werben, ist ihm geblieben.“
Aber zumindest das Online-Magazin gruenderszene.de, das nach eigenen Angaben zu den „relevantesten und reichweitenstärksten Onlinemagazinen für die Startup-Szene und die digitale Wirtschaft in Deutschland“ gehört, steht ihm weiter zur Seite und verbreitet unbeirrt weiter Fake News, indem es schreibt, der Verdacht auf gewerbliche Untreue habe sich nie erhärtet und der Prozess sei 2014 eingestellt worden.
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