Steinbeis: Fragwürdige Zertifikatslehrgänge
Die Steinbeis Hochschule Berlin bietet in Kooperation mit Weiterbildungsanbietern zahlreiche, teils fragwürdige Zertifikatslehrgänge an. Die Durchführung und Bezahlung läuft dabei offenbar über den externen Seminaranbieter. Dass man dabei auf so umstrittene „Experten“ wie Suzanne Grieger-Langer setzt, stört nicht.
Es zeugt schon von einer bemerkenswerten Dreistigkeit, mit der „Profilerin“ Suzanne Grieger-Langer sich mit falschen Lorbeeren schmückte. Erst behauptete sie, für die Frankfurt School of Finance and Management den Studiengang „Certified Profiler“ entwickelt zu haben. Das war falsch.
Sie unterrichte lediglich ein eintägiges Wahlmodul im 22tägigen Zertifikatsstudiengang „Certified Fraud Manager“. Dort stelle sie in dem Modul „Präventionsmaßnahmen im Personalbereich“ Methoden vor, um potenzielle Betrüger bereits im Bewerbungsverfahren zu identifizieren, schreibt die Schule.
Die Frankfurt School mahnte sie ab. Dann wechselte sie einfach die Hochschule aus und schrieb auf ihrer Website: „Für die Steinbeis University Berlin entwickelte sie den Studiengang ‘Certified Profiler‘“. Doch auch das war falsch.
„Frau Suzanne Grieger-Langer ist keine Mitarbeiterin der Steinbeis-Hochschule und wurde von uns auch nicht beauftragt, einen Studiengang „Certified Profiler“ zu entwickeln“, schrieb Carsten Rasner, Direktor der Steinbeis School of Management and Innovation an der Steinbeis-Hochschule Berlin.
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Auch in einem Interview bei Speakers Excellence, einer Marketingagentur für Speaker und Selbstdarsteller, behauptet Grieger-Langer, sie biete einen Studiengang mit ihrem Hochschulpartner, der Steinbeis Universität Berlin, an. Das sei in Europa das einzige Hochschulstudium zum Profiler.
„Diese Ankündigung ist schlicht und einfach falsch und wurde von uns nicht autorisiert. Unsere Geschäftsführung hat Frau Grieger-Langer aufgefordert, diese Angabe unverzüglich zu entfernen“, schreibt Rasner.
Frau Grieger-Langer sei lediglich bei einem eintägigem Seminar an dem Steinbeis Institut School of Governance, Risk and Compliance tätig. Das sei aber ein nicht-akademisches Weiterbildungsangebot und habe keinerlei „Studiengangscharakter“.
Allerdings bietet sie mit der School of Criminal Investigation & Forensic Science einen Zertifikatslehrgang zum „Certified Performance Expert“ an. Das Institut für Kriminalistik – School CIFoS (Criminal Investigation & Forensic Science) sei ein Forschungs- und Ausbildungsinstitut für Kriminalistik an der Steinbeis Hochschule Berlin, heißt es auf der Website. Das Institut sei eine Schwesterinstitution der School of Governance, Risk & Compliance (School GRC), die seit 2005 die MBA-Ausbildung für gute Unternehmensführung und Wirtschaftskriminalität etabliert hat.
„Das Programm wurde von Profiler Suzanne Grieger-Langer mit Unterstützung des Think Tank der Deutschen Wirtschaft entwickelt. Das Institut für Kriminalistik übernimmt die Zertifizierung der Teilnehmer“, heißt es dort weiter. Was der „Think Tank der Deutschen Wirtschaft“ sein soll, der wiederum von Frau Grieger-Langer geleitet wird, ist nicht bekannt.
Wer sich für den „hochschulzertizierten“ Lehrgang zum „Certified Performance Expert“ interessiert, landet auf der Website von Frau Grieger-Langer. „Sichere Dir jetzt einen der wenigen Studienplätze!“ heißt es dort, wobei es sich offenbar um ein Online-Seminar handelt.
Und wer sich dann anmelden möchte, wird auf eine anonyme Bezahlwebsite weitergeleitet. Offenbar hat die Hochschule also nichts mit der Durchführung und der Bezahlung des von ihr zertifizierten Lehrgangs zu tun.
Die Formulierung „hochschulzertifiziert“, sei sicherlich nicht glücklich gewählt, schreibt Professor Jürgen Abendschein, Geschäftsführer der Steinbeis Hochschule Berlin. „Denn damit komme nicht hinreichend klar zum Ausdruck, ob es sich tatsächlich um ein akademisches Angebot handelt, oder die Hochschule lediglich im Rahmen ihres nicht-akademischen Weiterbildungsprogramms tätig wird.“
Wie eine weitere Recherche ergab, zeigt Grieger-Langer offenkundig einen ausgeprägten Hang zum Lügen und wirbt mit zahlreichen weiteren Falschangaben.
Nun ist das Zertifikat von Grieger-Langer bei weitem nicht der einzige Zertifikatslehrgang, den Steinbeis zusammen mit nicht-akademischen Weiterbildungsanbietern vergibt.
So kann man bei Kröber Kommunikation „Zertifikatslehrgänge“ absolvieren und ein Hochschulzertifikat als „Systemischer Business Coach“, „Team-Coach“, „Unternehmercoach“, „Business-Trainer“ und „NLP-Practitioner“ erwerben.
„Vor allem in der Wirtschaft hat der Name „Steinbeis“ einen sehr guten Ruf und gilt oft als interessanter Türöffner“, schreibt der „Premium-Anbieter mit Hochschulzertifikat“. Die Studienleistungen könnten sogar auf einen Masterstudiengang angerechnet werden.
An der Eilert Akademie kann man sogar „Emotionscoach“ und „Mimik-Analyst nach Eilert“ mit Steinbeis-Hochschulzertifikat werden. Und an der GSA University der German Speaker Association (GSA), kann man an neun Wochenenden alles lernen, was man für sein „erfolgreiches Speaker-Business“ braucht und bekommt dafür „das begehrte Zertifikat Professional Speaker GSA (SHB) von der Steinbeis-Hochschule Berlin.
So ein Hochschulzertifikat ist natürlich gut fürs Geschäft. Kann man sich also als Weiterbildungsanbieter bei der Steinbeis Hochschule einkaufen? Nein, behauptet Geschäftsführer Abendschein. Dass die Hochschule ihr Zertifikat jedoch völlig kostenlos vergibt, erscheint wenig plausibel.
Er habe die Sache zum Anlass genommen, nachzuhalten, dass es hinsichtlich der Zertifikatslehrgänge und den Zahlungsmodalitäten für diese zukünftig zu keinen Missverständnissen kommen kann, schreibt Abendschein.
Nun ist es nicht das erste Mal, dass die Steinbeis Hochschule mit fragwürdigen Praktiken auffällt. So bekamen die die Teilnehmer des berufsbegleitenden Master of Science (M.Sc.) in drei Wochen auch noch den MBA-Abschluss einer brasilianischen Hochschule gratis dazu.
Fragen wirft allerdings auch die Qualifikation der „Profilerin“ Grieger-Langer auf. Ein detaillierter Lebenslauf lässt sich nicht finden. Laut ihrem Xing-Profil ist sie Diplom-Pädagogin. Sie selbst präsentiert sie sich dagegen als Psychologin, Psychotherapeutin und Psychoanalytikerin. Damit könnte sie sich möglicherweise sogar strafbar machen. Denn die Bezeichnung Psychotherapeut ist geschützt.
Ziemlich absurd klingt auch ihre Behauptung, den „psychogenetischen Code“ einer Person berechnen zu können, ohne mit der Person Kontakt gehabt zu haben. Schon Name, Geburtsdatum und ein Foto genügten und sie wisse alles über die Person, etwa wie sie mit Geld umgeht und ob sie loyal gegenüber dem Unternehmen sein kann, erklärte sie bei einem Vortrag. Mit dem so erstellten Charakterprofil wähle sie dann Mitarbeiter und Führungskräfte für Unternehmen aus.
Hübsch ist auch, dass sie angeblich an zwölf Hochschulen für die Fakultäten „Wirtschaftswissenschaften und Gouvernance“ tätig ist. Vielleicht ist der Pädagogin einfach nicht klar, dass Government nichts mit einer Gouvernante zu tun hat.
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