Finanzlage der EBS: Das große Nebelkerzen-Werfen

Von am 9. August 2012

Über zwei Millionen Euro Minus in 2010, das Eigenkapital zu einem großen Teil aufgebraucht und ein erwarteter Verlust von über einer Million für 2011 – die Finanzlage der EBS Universität für Wirtschaft und Recht ist offenbar prekärer als die EBS zugeben will. Darauf deutet auch die Verschleierungstaktik der privaten Hochschule hin. Nicht einmal die genaue Zahl der Studenten und eigenen Professoren kann oder will die EBS nennen.

Legt man die Zahlen aus der veröffentlichten Bilanz von 2010 und die Zahlen aus dem Bericht des Wissenschaftsrates (WR) nebeneinander, so kommt man zu erstaunlichen Ergebnissen. Laut Bilanz hat die EBS im Jahr 2010 – trotz staatlicher Fördermittel für den Aufbau der neuen Law School in Höhe von rund elf Millionen Euro – ein Minus von 2,23 Millionen Euro gemacht. Durch den Jahresfehlbetrag schrumpfte das Eigenkapital auf rund 1.45 Millionen Euro. Damit ist das Stammkapital von 2.5 Millionen Euro zu 42 Prozent aufgezehrt. Macht die EBS daher 2011 mehr als 1.45 Millionen Euro Verlust, ist sie bilanziell überschuldet.

Im WR-Bericht geht die EBS jedoch für 2011 von einem Minus von 1,09 Millionen Euro aus. Ein zusätzlicher Verlust von rund 36o.000 Euro würde also bereits zu einer bilanziellen Überschuldung führen. Wie steht es also wirklich um die EBS? Klare Antworten dazu verweigert die EBS. Dafür reagiert sie mit einer teils dreisten Verschleierungstaktik.

Nebelkerze Nummer 1: Die drei Millionen Euro Fördergelder
Der Verlust des Jahres 2010 in Höhe von über zwei Millionen Euro sei insbesondere durch zwei Sondereffekte bedingt, schreibt die EBS. „Erstens wurden am Jahresende noch nicht verbrauchte Fördergelder als Verbindlichkeiten bilanziert und zweitens wurde eine Rückstellung für die bekannte Rückzahlung an das Land Hessen in Höhe von etwa 950.000 Euro gebildet.“ Das Geld hatte die EBS zweckentfremdet ausgegeben. Es musste allerdings nicht zurückgezahlt werden, sondern wurde laut Aussage von EBS-Präsident Rolf Cremer im September 2011 mit den zu diesem Zeitpunkt ausgezahlten Fördergeldern verrechnet.

Doch wie können drei Millionen Euro in 2010 nicht verbrauchte Fördergelder einen Verlust verursachen? Sie können allenfalls als Verbindlichkeiten für 2011 gestellt werden. Darauf antwortet die EBS: „Der Sachverhalt wurde von uns korrekt dargestellt. Die Mittel der Fehlbedarfsfinanzierung, die 2010 ausgezahlt, aber noch nicht zweckentsprechend verausgabt worden waren, sind 2011 zweckgerecht ausgegeben worden.“

Im Klartext kann das eigentlich nur heißen: Die EBS hat die drei Millionen bereits 2010 für andere Zwecke ausgegeben, wie auf diesem Blog bereits im September 2011 berichtet wurde. Da man das aber 2011 nicht zugeben konnte und das Ministerium die Ausgaben 2011 überprüft hat, wurden die drei Millionen Euro von woanders abgezwackt – fragt sich nur woher. Wurden sie von den für 2011 bezahlten Fördermitteln in Höhe von insgesamt fünf Millionen Euro genommen? Dann würden sie allerdings wiederum für 2011 fehlen. Und 2012 ist sowieso Schluss. Dann erhält die EBS mit 2,7 Millionen Euro die letzte Tranche der öffentlichen Fördergelder in Höhe von insgesamt 24,7 Millionen Euro.

Nebelkerze Nummer 2: Die Studiengebühren
Für 2012 plant die EBS laut WR-Bericht eine Erhöhung der Einnahmen aus Studiengebühren von 4,1 Millionen Euro. Bei rund 12.000 Euro Studiengebühren pro Jahr würde das bedeuten, dass rund 340 Studenten mehr als bisher an der EBS studieren müssten.

Laut eigener Projektion rechnet die EBS selbst aber nur mit 236 Studenten mehr (in allen Studiengängen) in 2012. Doch wie sollen 236 Studenten 4,1 Millionen Euro mehr Studiengebühren einbringen? Zudem geht die EBS dabei von 147 neuen Bachelor-Studenten an der Law School in diesem Jahr aus – was kaum realistisch sein dürfte. 2011 rechnete man mit 120 Studenten, aber nur 88 begannen mit dem Studium.

Die EBS schreibt: „Die Zahl 4,1 Millionen ist korrekt und erklärt sich wie folgt: Die im Bericht des Wissenschaftsrates  angegebenen Studentenzahlen für 2011 beinhalten auch die Stipendiaten (mehr als 100 Studenten). Die Zahlen für 2012 berücksichtigen keine Stipendiaten. Tatsächlich hat sich die Zahl der voll zahlenden Studenten 2012 also um über 300 erhöht. Rechnet man noch die zusätzlichen Einnahmen aus der moderaten Erhöhung der Studiengebühren im laufenden Jahr hinzu, kommt man leicht auf 4,1 Millionen Euro.“

Das ist nun wirklich dreist. Denn die Tabelle im WR-Bericht heißt „Projektion der Studierendenzahlen“ und nicht „Projektion der zahlenden Studenten“. Man kann nicht die Grundgesamtheit in einer Tabelle – ohne Hinweise – ändern. Hat die EBS hier also dem Wissenschaftsrat falsche Zahlen vorgelegt?

Nebelkerze Nummer 3: Zahl der Studenten
Wie viele Studenten hat die EBS überhaupt? „Die Zahlen für 2011 können Sie auf unserer Homepage nachlesen“, antwortet die EBS. Da steht: „1.600 Studierende, davon 23 % internationale Studierende (inkl. Exchange Students). Rund 100 Studienanfänger pro Jahr in der Ersten juristischen Prüfung, 300 im Bachelor und 200 im Master, MBA und EMBA.“

Auf eine weitere Anfrage heißt es: „1.550 Studenten, davon 23 Prozent internationale Studenten. Rund 300 Studienanfänger pro Jahr im Bachelor und 200 im Master und MBA.“ Laut WR-Bericht waren es 2011 erst 1.217 Studenten insgesamt, für 2012 waren 1.453 geplant, wobei die neuen Bachelor- und Master-Studiengänge erst im Herbst beginnen.

Fazit: Genaue Studenten-Zahlen für die einzelnen Studiengänge kann oder will die EBS nicht bekannt geben. Das war ja bereits beim MBA-Programm so.

Nebelkerze Nummer 4: Zahl der Professoren
Die größte BWL-Fakultät Deutschlands mit rund 80 exzellenten Professoren und ausgewiesenen Gastprofessoren/Dozenten“, heißt es auf der Website. Die Frage nach den konkreten Zahlen der Senior-, Junior- und Honorar-Professoren kann oder will die EBS nicht beantworten.

Das ist vor allem deshalb bemerkenswert, da die EBS diese Zahlen ja auch gegenüber dem Wissenschaftsrat und EQUIS vorlegen musste, um akkreditiert zu werden. Hat die EBS daher dort mit falschen Zahlen agiert, um die Akkreditierung zu bekommen? Und will man deshalb die dort vorgelegten Zahlen lieber verschweigen?

Schaut man auf die Website (die allerdings oftmals auch nicht stimmt) kommt man auf etwa 22 Senior-Professoren (ohne Beurlaubungen), 17 Junior-Professoren und 20!! Honorar-Professoren (wobei es äußerst fraglich ist, ob die wirklich alle auch regelmäßig unterrichten) sowie einige außerordentliche Professoren und Gastprofessoren.

Dazu kommt, dass einige der forschungsstärksten Professoren (vor allem im Bereich Finance) die EBS bereits verlassen haben oder demnächst verlassen, darunter die Professoren Fecht, Füss, Gropp (der ist zwar schon an der Goethe Universität, steht aber noch auf der EBS-Website) und Pibernik. Weitere Professoren wollen die EBS angeblich verlassen oder sind bereits auf dem Absprung.

Derzeit befänden sich zehn Professuren in der Business School im Ausschreibungs- oder Berufungsverfahren, schreibt die EBS. Doch wie will man die weiteren Professoren bezahlen? Von 2011 auf 2012 gibt es laut WR-Bericht lediglich 364.000 Euro zusätzlich für Personalausgaben für Professoren. Die EBS antwortet: „Für 2012 wird davon ausgegangen, dass sich die im Wissenschaftsratsbericht angegebene Relation der Personalkosten etwas zu Gunsten der Professuren verändern wird (d.h. die Personalkosten für Professuren werden stärker steigen, die Kosten für die anderen Mitarbeiterkategorien dagegen schwächer).“

Dabei fällt auf, dass es beim „sonstigen Personal“ von 2009 auf 2010 Mehrausausgaben in Höhe von rund 2,1 Millionen Euro gab. Das wären rund 30 bis 40 Mitarbeiter mehr in der Verwaltung – bei insgesamt rund 300 Mitarbeitern eine erstaunliche Zahl, zumal es damals noch keine Law School gab. Die Antwort der EBS: „Die EBS Universität verfolgt einen konsequenten Wachstumskurs und hat damit einhergehend Personal aufgebaut und wird dies auch weiterhin tun.“

Zumindest eines scheint klar: Deutlich mehr Studenten werden von im Verhältnis weniger Professoren unterrichtet. Und das von der EBS auf der Website versprochene Betreuungsverhältnis von einem Professor auf 23 Studenten dürfte kaum einzuhalten sein.

Nebelkerze Nummer 5: Stiftungsprofessuren
Von 2011 auf 2012 gibt die EBS im WR-Bericht 2,4 Millionen Euro Mehreinnahmen für Stiftungsprofessuren an. Doch wie viele Stiftungsprofessuren wurden 2012 bereits realisiert bzw sind noch realistisch? Die EBS: „Wir haben neue Stiftungslehrstühle in der Business School einwerben können.“

Genannt wird allerdings nur der vor kurzem verkündete Lehrstuhl am Institute for Sports, Business and Society durch die Dietmar Hopp Stiftung in Höhe von 1,5 Millionen Euro über fünf Jahre. Das macht 300.000 Euro pro Jahr. Doch woher kommen die anderen 2,1 Millionen?

Die Antwort der EBS: „Der im Bericht des Wissenschaftsrates angegebene Wert von insgesamt 6,7 Millionen Euro für Stiftungsprofessuren für das Jahr 2012 war im Nachhinein betrachtet zu optimistisch geschätzt.“

Im Klartext: Es gibt also keinen weiteren neuen Stiftungslehrstuhl. Zudem fällt laut Auskunft der Post künftig die Förderung des Logistikkonzerns von jährlich 250 000 Euro für den Lehrstuhl für Einkauf und Logistik weg.

Fazit
Auch wenn die EBS weiter behauptet, sie sei „finanziell solide aufgestellt“, bleiben erhebliche Zweifel. Und wie seriös ist eine Universität, die nicht einmal die konkreten Zahlen ihrer Studenten und Professoren nennen kann oder will? Eine Ohrfeige ist die Verschleierungpolitik der EBS auch für den Wissenschaftsrat und EQUIS, die beide die Schule akkreditiert haben.

Auch von der von EBS-Präsident Rolf Cremer versprochenen Transparenz kann keine Rede mehr sein. Hatten einige Cremer bisher durchaus getraut, die EBS wieder auf richtigen Kurs zu bringen, muss seine Glaubwürdigkeit inzwischen erheblich angezweifelt werden. So soll er unter anderem noch Ende 2011 an die hessische Ministerin Eva Kühne-Hörmann geschrieben haben, die EBS habe keinerlei Liquiditätsprobleme und ihre finanzielle Situation sei stabil.

 

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.