Prozess gegen Ex-EBS-Präsident Jahns: Neue Abgründe
Im Gerichtverfahren gegen den ehemaligen Präsidenten der EBS Universität für Wirtschaft und Recht, Christopher Jahns, sagte gestern der ehemalige EBS-Professor Richard Pibernik aus und gab dabei erstaunliche Einblicke in das Geschäftsgebaren des Uni-Chefs und die engen Verflechtungen der Hochschule mit der Beratungsfirma Brainnet, an der Jahns damals beteiligt war. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, 180 000 Euro von der EBS an Brainnet bezahlt haben, ohne dass es entsprechende Gegenleistungen gab.
Am ersten Prozesstag hatte Jahns noch geprahlt, dass die Untreue-Vorwürfe gegen ihn lediglich auf einer Intrige von damaligen EBS-Mitarbeitern basierten und er diese Intrige mit zahlreichen Unterlagen belegen werde. Soweit bekannt, ist dies bisher nicht geschehen. Nun sagte mit Richard Pibernik einer der von Jahns als Intrigant bezeichneten ehemaligen EBS-Mitarbeiter als Zeuge aus und das lief nicht gut für Jahns.
Es ging unter anderem um die Jahre 2009 und 2010, in der die EBS 17 Millionen Euro vom Land Hessen für den Aufbau ihrer neuen Law School bekommen hat. Trotzdem hatte die Privathochschule bereits im Frühjahr 2010 wieder erhebliche Finanzprobleme und das obwohl noch kaum Gelder in die Law School geflossen waren. Damals habe es auch eine Besprechung im Wissenschaftsministerium gegeben, an der auch der damalige Ministerpräsident Roland Koch sowie mehrere Minister teilgenommen haben. Schon damals seien die Probleme der Mittelverwendung angesprochen worden, so Pibernik, der zwar nicht bei der Runde dabei war, aber davon hörte.
Das würde bedeuten, dass die Landesregierung aus CDU und FDP es damals nicht nur versäumt hat, vor der Millionen-Förderung die Bonität der Privathochschule zu überprüfen, sondern auch bereits früh von der problematischen Mittelverwendung wusste und der EBS trotzdem weitere Millionen gezahlt hat. Kein Wunder, dass die Landesregierung derzeit mit allen Mitteln versucht, die Arbeit des Untersuchungsausschusses zu blockieren. Der Ausschuss soll klären, ob die rund 24 Millionen Euro Fördergelder auch zweckmäßig für den Aufbau der neuen juristischen Fakultät verwendet wurden. Inzwischen wurden die von der Opposition bereits geladenen – und für die Landesregierung unangenehmen – Zeugen wieder ausgeladen.
Trotz weiter fließenden öffentlichen Mitteln habe es bereits im Oktober 2010 erneut eine erhebliche Budgetlücke für 2011 gegeben, so der ehemalige EBS-Professor Pibernik. Nachdem er hartnäckig nach dem Verbleib des Geldes gefragt habe, sei er von den Geschäftsführer-Sitzungen ausgeladen worden.
Zur Lösung der finanziellen Probleme der EBS wollte Jahns unter anderem ein Projekt mit dem Wissenschaftsministerium in Berlin und der Fraunhofer-Gesellschaft an Land ziehen, bei dem es um rund 20 Millionen Euro gehen sollte. In einer E-Mail von Jahns, die der Richter vorlegte, hatte dieser behauptet, der Antrag werde sogar von einer Mitarbeiterin des Ministeriums vorbereitet und dann quasi automatisch genehmigt. Ziel sei die betriebswirtschaftliche Weiterbildung von Ingenieuren gewesen. Die Maßnahmen hätten dann über die Brainnet-Tochterfirma SMI Campus durchgeführt werden sollen, deren Geschäftsführerin damals Jahns heutige Ehefrau Nicole Gaiziunas war. Damit wäre nur ein marginaler Anteil des Geldes an der Hochschule selbst geblieben.
Laut Bericht der Frankfurter Rundschau teilte das Bundesbildungsministerium mit, die EBS und die Fraunhofer-Gesellschaft hätten dem Ministerium Ende 2010 Pläne zur Gründung einer „EBS Fraunhofer Technology School“ vorgestellt. Man habe die EBS dabei auf den Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschule“ verwiesen. Bei diesem Wettbewerb habe sich die EBS jedoch nicht beworben.
Auch Jahns Akquise-Briefe an Unternehmen zog der Richter heraus. So habe er mit dem Briefkopf der Hochschule und als EBS-Präsident zum Beispiel den Chef der Deutschen Bahn, Rüdiger Grube, angeschrieben, ihm ein Programm zur Kostensenkung vorgeschlagen und gleichzeitig angekündigt, dass er zu einem Gespräch auch Brainnet-Geschäftsführer Christian Rast mitbringen würde. Zudem habe die Beratungsfirma Studienergebnisse der EBS bekommen und sie – teils gegen einen Druckkostenbeitrag – als Brainnet-Studie genutzt oder verkauft.
Ende 2010 wollte Jahns sogar rund 500.000 Euro aus seinem EBS-Institut an seine privaten Beratungsfirmen zahlen, angeblich Rückzahlungen für Investitionen der Beraterfirmen in den Ausbau von Jahns EBS-Institut. Die erste Tranche war für 2011 geplant. Dazu kam es jedoch nicht mehr, nachdem der Spiegel im Januar 2011 einen Artikel über Jahns seltsame Geschäfte mit Brainnet veröffentlicht hatte. Die geplanten Rückzahlungen seien für ihn nicht nachvollziehbar, so Pibernik.
Auch die vier Rechnungen in Höhe von 180.000 Euro, die die EBS an Brainnet zahlte und die Basis für den Untreue-Vorwurf sind, wurden vor Gericht Posten für Posten durchgegangen. Während Jahns in der Vergangenheit immer wieder auf die Ordner verwiesen hatte, in denen Brainnet seine Leistungen angeblich detailliert dargelegt hatte, sah Pibernik darin meist keine nachvollziehbare Leistungen. Manchmal seien das sogar eher Leistungen der EBS an Brainnet gewesen.
Am Schluss kamen auch noch Jahns` Drohungen gegen die angeblichen Intriganten zur Sprache. So soll er laut Pibernik, der heute Professor an der Universität Würzburg ist, in einer Besprechungen gesagt haben, er wisse, wer diese „Schweine“ seien, die ihn denunziert haben, und er werden sie „bis ans Ende ihres Lebens verfolgen“, sie würden „nie wieder einen Job bekommen“.
Die Vernehmung von Pibernik wird nächste Woche fortgesetzt. Wurde der Zeuge bisher ausschließlich vom Richter befragt, dürfte dann auch Jahns Strafverteidiger Alfred Dierlamm zu Wort kommen. Ob die angeblichen Intrigen-Beweise dann noch glaubwürdig sind, bleibt abzuwarten.