Ex-EBS-Präsident Jahns erneut verhandlungsunfähig

Von am 16. März 2020
Jahns Screenshot Facebook

Der Untreue-Prozess gegen den ehemaligen EBS-Präsidenten Christopher Jahns, der diese Woche wieder beginnen sollte, ist abgesagt. Der Angeklagte ist erneut verhandlungsunfähig.

Ab 19. März sollte der ehemalige Präsident der EBS Universität für Wirtschaft und Recht, Christopher Jahns, wieder vor Gericht stehen. Nun ist er erneut verhandlungsunfähig.

Überraschend ist das nicht. Dazu brauchte man nur den – ganz im Sinne von Jahns – verfassten Artikel der Süddeutsche Zeitung vom 10. Februar lesen. Dort drückte SZ-Redakteur Jan Willmroth nicht nur bemerkenswert kräftig auf die Tränendrüse, sondern nahm auch die nun eingetretene, erneute Verhandlungsunfähigkeit von Jahns quasi vorweg. So schrieb er zur Wiederaufnahme des Strafprozesses: „Ein zweites Mal mitanzusehen, wie alles um ihn herum einstürzt: Das wird dieser Mann nicht verkraften.“

Und so kam es dann auch. „In dem Strafverfahren gegen Prof. Dr. Jahns sind alle Termine wegen festgestellter Verhandlungsunfähigkeit nach Einholung eines aktuellen Sachverständigengutachtens aufgehoben worden“, teilte das Landgericht Wiesbaden am 13. März mit. „Das Gericht wird die Voraussetzungen einer vorübergehenden oder dauerhaften Verfahrenseinstellung wegen Verhandlungsunfähigkeit prüfen.“

Erstaunlich ist vor allem das Tempo, mit dem nun die erneute Verhandlungsunfähigkeit festgestellt wurde. Am 3. Februar gab das Gericht die Terminierung des Prozesses bekannt und nicht einmal sechs Wochen später liegt schon ein neues Sachverständigengutachten vor.

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Bereits 2014 wurde der Untreue-Prozess gegen den ehemaligen EBS-Präsidenten vorübergehend eingestellt, weil der Angeklagte wegen psychischer Probleme nicht verhandlungsfähig war. Das Verfahren war damals fast abgeschlossen und Jahns drohte wohl eine Verurteilung. Mehrere Jahre weigerte er sich dann, seinen Gesundheitszustand erneut überprüfen zu lassen.

Doch während er vor Gericht als verhandlungsunfähig galt, legte der „Entrepreneur & Digital Pioneer“ erstaunliche Aktivitäten an den Tag. Er gründete eine Hochschule und mehrere Unternehmen, schulte Manager und trat bei zahlreichen Kongressen und Veranstaltungen auch im Ausland auf.

Dann erklärte er sich doch zu einem neuen Gutachten bereit. Im Dezember 2018 lag das neue Gutachten vor. Im Februar 2019 wurde bekannt, dass er wieder verhandlungsfähig ist. Dennoch dauerte es ein Jahr, bis das Gericht den Termin für eine neue Hauptverhandlung bekannt gab.

Wäre es nach dem Landgericht Wiesbaden gegangen, wäre das Strafverfahren gleich ganz eingestellt worden, wenn der ehemalige Präsident der EBS Universität für Wirtschaft und Recht eine Geldauflage von 50.000 Euro an eine gemeinnützige Organisation gezahlt hätte – ohne jegliches Schuldeingeständnis.

Doch die Staatsanwaltschaft spielte nicht mit und schrieb: „Nach der ersten Hauptverhandlung in diesem Verfahren geht die Staatsanwaltschaft weiterhin von einem hinreichenden Tatverdacht aus.“ Die Durchführung der neuen Hauptverhandlung werde „aufgrund des fortbestehenden Verdachts einer erheblichen Straftat für erforderlich erachtet“. Daher habe die Staatsanwaltschaft dem Landgericht auch mitgeteilt, dass eine Einstellung des Verfahrens außerhalb der Hauptverhandlung nicht in Betracht kommt.

Jahns wird vorgeworfen, dass er 180.000 Euro veruntreut hat. Das Geld wurde von der EBS an die Beratungsfirma BrainNet überwiesen, an der er damals beteiligt war, ohne dass es – so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft – dafür entsprechende Leistungen gab. Die Gelder sollen dann von BrainNet an seine eigene Firmen in der Schweiz weitergeleitet worden sein. Er bestreitet seine Schuld.

Der EBS-Präsident und die Beratung

Inzwischen dürften viele längst vergessen haben, um was es damals überhaupt ging. Damals war Jahns als EBS-Präsident auch an mehr als 15 Beratungsunternehmen beteiligt. Bereits im Juli 2013 erklärte der damalige Leiter des Rechnungswesens an der EBS vor Gericht, dass das Finanzgebaren von Jahns intern schon länger als fragwürdig galt. Für etliche der Rechnungen, die seine Firmen an die EBS stellten, habe es keine vertragliche Grundlage und keine Leistungsnachweise gegeben. Das sei nicht nur ihm aufgefallen, auch der damalige Kanzler habe Probleme damit gehabt.

Doch aufgeflogen war das Ganze erst, als Jahns – wie eine E-Mail belegt – offenbar rund eine halbe Million Euro aus seinem Lehrstuhl an der EBS für angefallene Kosten in seinen Privatfirmen nutzen wollte. Dazu kam es dann nicht mehr.

Im Januar 2011 warf der „Der Spiegel“ (4/2011) dem EBS-Präsidenten vor, seine Tätigkeit als Hochschulpräsident mit privaten Geschäftsinteressen zu vermischen. Dabei berichtete das Nachrichtenmagazin unter anderem über ein Schreiben von Jahns auf dem Briefpapier der Hochschule an einen großen Konzern. „Ich schreibe Ihnen als Präsident der EBS European Business School“ heißt es darin laut Spiegel-Bericht. Wenige Absätze später soll Jahns dann um einen Gesprächstermin gebeten haben, um gemeinsam mit einem Brainet-Manager über „die Aufstellung des Einkaufs im Konzern“ zu sprechen.

 

Spiegel-Artikel 2011

Das ist zwar alles kein Beweis für die ihm vorgeworfene gewerbsmäßige Untreue, zeigt aber, wie Jahns damals seine Rollen mitunter vermischte.

Und das sollte man sich wieder vor Augen halten, wenn man die aktuelle Verteidigungsstrategie liest. So lässt er sich der Pressesprecher von Jahns, Dirk Metz, im Wiesbadener Kurier wie folgt zitieren: „Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden steht mit der heutigen Mitteilung des Landgerichts nach ihrer jahrelangen Geisterfahrt endgültig vor einem Scherbenhaufen“. Sie habe zu verantworten, dass dieses Verfahren Millionen Steuergelder verschlingt. Jahns sei sich keiner Schuld bewusst. Gleichwohl hätte er einer Einstellung gegen Geldauflage zugestimmt, „nur, um dieses Verfahren nach fast zehn quälenden Jahren endlich hinter sich zu lassen“.

Nur wer ist denn schuld an der „jahrelangen Geisterfahrt“ und den „fast zehn quälenden Jahren“? Warum weigerte sich Jahns jahrelang, seinen Gesundheitszustand erneut überprüfen zu lassen? Und warum stellte er sich – trotz psychischer Belastung – nicht dem Strafverfahren, wenn er doch angeblich unschuldig ist?

Nunmehr wollten seine Anwälte prüfen, ob „das Verhalten der Staatsanwaltschaft eine neuerliche Verletzung der Amtspflichten darstellt und eine weitere Amtshaftungsklage gegen das Land Hessen erhoben werden muss“, schreibt Redakteur Christoph Cuntz im Wiesbadener Kurier. Auch SZ-Redakteur Willmroth leistet mit seinem Artikel „Prozess ohne Zukunft“ erneut bemerkenswerte Schützenhilfe: „Für einen Monat und ein paar Tage sah es so aus, als ginge die Misere des Christopher Jahns von vorn los. Als müsste der einstige Präsident der European Business School (EBS), gestürzt über Intrigen und ein Strafverfahren wegen Untreueverdachts, erneut auf die Anklagebank“ und weiter: „Daraus wird nichts, womöglich wird das Verfahren bald ohne Ergebnis eingestellt.“

Dabei ist Jahns vor allem ein Opfer seiner eigenen Verweigerungshaltung und der fragwürdigen Strategie seiner Berater. Denn selbst wenn das Verfahren 2014 – rein hypothetisch – mit einer Verurteilung geendet hätte, könnte er heute vermutlich längst wieder ungestört seinen beruflichen Aktivitäten nachgehen. So bleibt bis heute der Makel der nicht geklärten Schuldfrage und der Vorwurf des sich Raustricksens aus der Strafverfolgung.

Erfolgreicher Neustart?

Auch die Geschichte von dem erfolgreichen Neustart, der nun durch den Prozess wieder zerstört werden würde, wie ihn SZ-Redakteur Willmroth zumindest suggeriert, muss  hinterfragt werden. So schreibt er am 10. Februar. „Die Mitteilung des Gerichts über die neuen Termine war erst wenige Stunden alt, da begann das neue Leben von Jahns wieder zu zerbröseln…. Im Hintergrund der neuen Unternehmensgruppe namens XU Group, die Jahns aufgebaut hat, ist plötzlich größte Zurückhaltung angesagt.“

Doch der unternehmerische Erfolg hielt sich zumindest bis 2018 eher in Grenzen. So heißt es im Jahresabschluss zum Geschäftsjahr 2018 der XU Exponential Game Changers GmbH, wo Jahns als Co-Gründer fungiert und seine Frau als Geschäftsführerin: „Um die insolvenzrechtliche Überschuldung zu vermeiden, wurde von der Gesellschafterin, der XU Group GmbH, mit Datum vom 31. Dezember 2017 für die Verbindlichkeiten aus Darlehen und aus Lieferungen und Leistungen ein Rangrücktritt in Höhe von insgesamt 1.821.818,38 Euro erklärt. Mit Datum vom 19. Juni 2019 wurde eine Rangrücktrittserklärung der XU Group für Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von 1.792.953,76 Euro und für Darlehensverbindlichkeit in Höhe von 1.203.761,24 Euro (insgesamt 2.996.715,00 Euro) abgegeben.“

Die Geschäftsführung der XU Group lag laut Jahresabschluss 2018 bei Christopher Jahns und seiner Frau Nicole Gaiziunas-Jahns.

 

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.