EBS Skandal: Die Liste der Dreistigkeiten

Von am 20. Oktober 2011

Die private European Business School (EBS) hat öffentliche Gelder zweckentfremdet, die ihr das Land Hessen 2009 und 2010 für den Aufbau ihrer neuen Jura-Fakultät bezahlt hat.  Bei der Überprüfung der Ausgaben kamen erstaunliche Dinge zum Vorschein. Die Liste der Wirtschaftsprüfer ist vor allem ein Beleg dafür, wie dreist sich Ex-Präsident Christopher Jahns aus dem Fördertopf bediente. Manche Leistungen ließ man sich dabei offenbar sogar doppelt bezahlen lassen.

Insgesamt 24,7 Millionen Euro stellt das Land Hessen der Privathochschule für den Aufbau ihrer neuen Jura-Fakultät zur Verfügung. Doch die setzte die Steuergelder für Zwecke ein, die nichts damit zu tun hatten. Über die Zweckentfremdung der Mittel wurde zwar bereits in der Hessenschau, der Bild-Zeitung oder der Wirtschaftswoche berichtet, doch in der Liste der Wirtschaftsprüfer steckt noch mehr.

So findet sich darauf bei 2009 auch das „Forschungsprojekt Dokumentenlogistik Stadt Wiesbaden“ in Höhe von 12.899 Euro. 1083 Euro wurden dabei laut Auflistung der Wirtschaftsprüfer von den öffentlichen Zuwendungen bezahlt. Mal davon abgesehen, dass der Leistungszeitraum in das Jahr 2008 fällt – und damit außerhalb des Zeitraums der Förderung liegt – handelt es sich hier offenbar um ein Beratungsprojekt, dass die Stadt Wiesbaden – wohl als Forschungsprojekt getarnt, um eine Ausschreibung zu umgehen – an die EBS vergeben hat.

Diese wiederum hat das Projekt zumindest teilweise weiter an die Beratungsfirma Brainnet gegeben, an der Jahns beteiligt ist. Brainet stellte der EBS dafür genau 12.899 Euro in Rechnung. Über 1000 davon holte sich die EBS dann offenbar wieder aus Steuergeldern zurück, obwohl die Stadt Wiesbaden bereits für das Projekt bezahlt hatte. Ähnliches dürfte für das „Forschungsprojekt Dokumentenlogistik bei der Deutschen Post“ gelten. Hier berechnete Brainnet dem SMI Insitut der EBS 77.291 Euro. Davon holte sich die EBS 6.495 Euro vom Land, obwohl das Projekt bereits von der Post bezahlt gewesen sein dürfte. Auch hier dürfte die EBS daher doppelt kassiert haben.

Zahlreiche Posten betreffen Kosten von Jahns selbst. Da sind Reisekosten in Höhe von 14.944 Euro („Vertragliche Grundlage unklar“). Selbst Spesen für Treffen der Young Global Leaders – jenen vom World Economic gekürten vorbildlichen jungen Führungskräften, zu den Jahns auch immer noch gehört –  wurden in Höhe von 6.398 Euro von Steuergeldern bezahlt. Interessant sind auch „Shanghai-Flüge“ in Höhe von 12.596 Euro. Grund war das „Treffen von Jahns mit Cremer, Beratung Doppelspitze.“ Cremer bestreitet das. Hier forderte das Land 10.077 Euro zurück. Begründung: „Belege fehlen.“

Großzügig war man offenbar beim Posten „Personalkosten Jahns“. Für „Bonus 2008, Gehalt Lehrstuhltätigkeit“ wurden 240.271 Euro von insgesamt 300.339 Euro von Steuergeldern bezahlt, aber lediglich 60.751 Euro zurückgefordert. Dabei liegt der Bonus 2008 außerhalb des Förderzeitraums und was die Lehrstuhltätigkeit Jahns am Supply Management Institut mit dem Aufbau der neuen Jura-Fakultät zu tun hat, erschließt sich auch nicht unbedingt.

Auch stellt sich die Frage,  wie viel Geld Herr Jahns eigentlich verdient hat, wenn er allein über 300.000 Euro für seine Lehrstuhltätigkeit bekam. Schließlich hatte er auch noch den Posten als CEO und Präsident der EBS.

Unglaublich auch der Posten „Beratungshonorar W.“: Persönliche Beratung für W. über berufliche Entwicklung in Höhe von 7.140 Euro. Selbst die Mitgliedschaften bei AACSB und EFMD, die nur die Business School und nicht die neue Law School betreffen, wurden mit 10.803 Euro aus Steuergeldern bezahlt.

Und auch der Mallorca-Workshop, über den bereits mehrfach berichtet wurde, steht als „Faculty Trip“ auf der Liste. 27.288 von 34.110 Euro wurden dabei von den öffentlichen Zuwendungen bezahlt. Dennoch bestreitet die EBS dies. „Mein Kenntnisstand aus der Abrechnung ist, dass kein solcher Trip aus Steuergeldern oder öffentlichen Zuwendungen finanziert worden ist“, schrieb der neue EBS-Präsident Rolf Cremer vor einigen Tagen. Und heute bestritt die EBS gegenüber dpa erneut, dass Steuergelder dafür eingesetzt wurden.

Haben die Wirtschaftsprüfer einen Fehler gemacht? Oder kann man bei der EBS nicht lesen? Und vor allem: Warum hat die EBS dann die kompletten 950.000 Euro zurückgezahlt, wenn sie doch 27.288 gar nicht zweckentfremdet hat? War man vielleicht froh, dass nicht noch mehr entdeckt wurde? Sowohl 2009 als auch 2010 wurde nicht komplett, sondern nur stichprobenartig geprüft.

Cremer erklärt das so. Unter der Geschäftsführung von Jahns wurde tatsächlich versucht, die 27.288 Euro über die Landesmittel abzurechnen. Als man bei der EBS 2011 (die Abrechnungen für 2009 wurden erst 2010 eingereicht und erst 2011 vom Ministerium bearbeitet) das Ergebnis der Wirtschaftsprüfer sah, habe man sofort erklärt, dass die 27.288 Euro von der EBS selbst bezahlt werden. Das ändert aber nichts daran, dass die Steuermittel zunächst für den Mallorca-Trip genutzt wurden.

Dabei hat die EBS das Geld allerdings nur indirekt zurückbezahlt. Denn die 950.000 Euro wurden mit der weiteren Zuwendung des Landes im September verrechnet. Das heißt, der EBS fehlt nun bereits eine knappe Million Euro beim Aufbau ihrer neuen Jura-Fakultät und dabei dürfte es wohl kaum bleiben.

Bild-Zeitung über Mallorca-Trip
Bild-Zeitung: Sündenliste
Hessenschau
Wirtschaftswoche

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.