Angeklagter Ex-EBS-Präsident Jahns will Uni gründen
Im Oktober 2014 wurde der Strafprozess gegen Ex-EBS-Präsident Christopher Jahns ausgesetzt, weil der Angeklagte nicht verhandlungsfähig war. Seitdem gibt es kein neues Gutachten über seinen Gesundheitszustand und das Gericht in Wiesbaden verstrickt sich in Widersprüche. Nun will der wegen gewerbsmäßiger Untreue angeklagte Jahns eine eigene Uni gründen. Bereits 2017 sollen die ersten Studiengänge starten.
Seit März war das Gericht in Wiesbaden sprachlos, wie es mit dem Strafverfahren gegen den ehemaligen EBS-Präsidenten Christopher Jahns weiter geht.
Am 20. Januar hatte die Wirtschaftstrafkammer geschrieben, dass „derzeit eine neue Begutachtung des Angeklagten veranlasst wird, um zu klären, ob weiterhin Verhandlungsunfähigkeit besteht“. Bei einer Anfrage im März hieß es, man könne keine Auskunft geben, ob das Gutachten bereits veranlasst sei.
Nun heißt es plötzlich: „Mit Beschluss vom 24.11.2015 hatte die Kammer die aktuelle Untersuchung von Herrn Jahns angeordnet durch den Sachverständigen der Charité, der früher schon einmal ein Gutachten erstellt hat. Der Sachverständige hat aber um Entpflichtung gebeten, da er in nächster Zeit nicht in der Lage sei, eine Begutachtung vorzunehmen. Darüber hat die Kammer bisher nicht entschieden, da zwischenzeitlich der Verteidiger von Herrn Jahns um Fristverlängerung bis zum 30.6.2016 gebeten hat um ein aktuelles Attest einzureichen. Diese Frist soll abgewartet werden.“
Das ist ziemlich seltsam. Warum wurde bisher verschwiegen, dass bereits im November eine Begutachtung angeordnet wurde? Auch die Staatsanwaltschaft wurde erst vorletzte Woche explizit telefonisch darüber informiert.
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Seit der „Anordnung“ eines neuen Gutachtens zur Verhandlungsfähigkeit des ehemaligen EBS-Präsidenten ist also bereits mehr als ein halbes Jahr vergangen. Dass Jahns´ Verteidiger Alfred Dierlamm auf Verzögerung setzt, ist verständlich. Aber warum braucht das Gericht so lange Zeit?
Was bisher geschah
Dem ehemaligen Präsidenten der EBS Universität für Wirtschaft und Recht wird vorgeworfen, dass er 180.000 Euro veruntreut hat. Das Geld wurde von der Hochschule an die Beratungsfirma BrainNet überwiesen, an der Jahns damals beteiligt war, ohne dass es – so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft – dafür entsprechende Leistungen gab. Die Gelder sollen dann von BrainNet an Jahns eigene Firmen in der Schweiz weiter geleitet worden sein. Zeitweise war er damals an 17 Beratungsunternehmen mit teils ähnlich klingenden Namen beteiligt. Seit April 2013 stand Jahns, der seine Schuld bestreitet, vor Gericht.
Im Oktober 2014 hat die Wirtschaftsstrafkammer in Wiesbaden die Hauptverhandlung ausgesetzt und das Strafverfahren vorläufig eingestellt, bis der Angeklagte wieder verhandlungsfähig ist. Jahns hatte damals ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten vorgelegt, das ihn für verhandlungsunfähig erklärte.
Die Verjährungsfrist für gewerbsmäßige Untreue in einem besonders schweren Fall – so wie es in der Anklage formuliert ist – liegt bei zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der vorläufigen Einstellung des Strafverfahrens – das wäre also Oktober 2024. Einstellen kann die Strafkammer das Verfahren nur mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft.
Doch je länger es bis zur Wiederaufnahme dauert, bei der der gesamte Strafprozess wieder neu aufgerollt werden muss, desto schwieriger und aufwendiger wird es. Insider glauben daher schon lange, dass das Verfahren möglicherweise gegen eine Geldstrafe eingestellt wird. Und angeblich soll Jahns´ Verteidiger vor kurzem Gesprächsbedarf beim Gericht angemeldet haben.
Jahns als Uni-Gründer?
Während Jahns also vor Gericht noch immer als verhandlungsunfähig gilt, legt der 46-Jährige erstaunliche Aktivitäten an den Tag. So hat er nicht nur nehrere Firmen gegründet, sondern trat bereits im Januar als Founder & CEO, Digital Berlin bei einem Kongress auf. Und Ende Mai spricht er bei den „Xing New Work Sessions“ in Stuttgart und referiert dort über: „Ideas and examples to successfully combine working and learning.”
Interessant ist, dass er nun als CEO & Founder der XU Exponential Education GmbH auftritt. Die Firma wurde am 7. Januar 2016 im Handelsregister eingetragen. Alleinige Geschäftsführerin ist seine Ehefrau Nicole Gaiziunas-Jahns, die bis 2015 das Incore Institut bei KPMG leitete. Öffentlich tauchte Jahns bisher im Zusammenhang mit XU Exponential Education nicht auf.
Auch auf dem mehrere Wochen öffentlich zugänglichen Homepage-Entwurf von Exponential Education wird Jahns nicht erwähnt. Im Impressum steht die XU Exponential Education GmbH, vertreten durch Nicole Gaiziunas-Jahns (Kontakt: hello@xuberlin.com). Auf der Website heißt es: „The XU is currently focusing on meeting the overwhelming demand from companies all over Germany in the area of digital transformation. We are preparing businesses, their managers and their employees for the digital future. Despite this, or perhaps precisely because of this, we are planning for XU to become the Exponential University in the near future” und weiter: “The XU is going to be a university. Our application for accreditation as a university of applied science will be submitted during the current year.”
Glaubt man den Aussagen in dem Entwurf, will die neue „XU Exponential University“ noch in diesem Jahr die Akkreditierung als Fachhochschule beantragen. Die ersten Studiengänge sollen im Herbst 2017 starten. Bewerben könne man sich schon ab September 2016. Geplant sind laut Homepage-Entwurf, der inzwischen verschwunden ist, fünf Studienprogramme: ein Bachelor of Digital Business Management, ein Bachelor of Digital Marketing und Social Media, ein Bachelor of Coding and Software-Development, dual, ein Master in Digital Business Management und ein Bachelor of Digital Arts and Design. Jeder Studiengang soll in Vollzeit und Teilzeit angeboten werden.
Auch die Namen mehrere Mitarbeiter werden bereits genannt, darunter der Name des Rektors: Uwe Eisermann. Der war laut seinem Xing-Profil bis Februar 2016 Geschäftsführer der ESO Consulting GmbH, der Euro-Schulen-Organisation GmbH (ESO Education Group) und der IBS – International Business School GmbH. Zur ESO-Gruppe gehören unter anderem die EBC Hochschule in Berlin und die Munich Business School, deren unzureichende Forschungsleistungen der Wissenschaftsrat erst vor kurzem bemängelte. Auf Anfrage schweigt Eisermann zu seiner angeblich neuen Rektoren-Tätigkeit.
Auf der Website xuberlin.com (eingetragen auf Christopher Jahns) findet man bisher kaum Informationen, aber einen Link auf die Facebook-Seite. Dort heißt es: „Wir von der XU gestalten (zusammen mit Ihnen) den Digitalen Wandel der Welt. Warum können wir das so gut? Weil wir das schon lange machen und uns damit auskennen. Weil wir die richtigen Leute haben: Startup-Gründer, Coding-Experten, Design Thinker, Experten für User Experience … Und, viel wichtiger: Wir können Corporate Education. Das heißt: Alles, was wir können, bringen wir auch Ihnen und Ihren Mitarbeitern bei. Wir trainieren Sie fit. Für die Zukunft. Und den Erfolg.“
Von dem „Google & Microsoft Campus – XU Uni Berlin Exponential Education“, wie er vor kurzem noch bei einem Video der XU Uni Berlin Exponential Education angekündigt war, ist keine Rede mehr.
Bei dem dort gefilmten Gelände soll es sich um die ehemalige, 1899 erbaute Werksanlage der Ostdeutschen Spritfabrik im Wedding, Provinzstr. 40-44 handeln. Besitzer des Industriegeländes soll Angel Nieto sein, Inhaber des Immobilienunternehmens Nieto Reality, der aus dem Gelände angeblich ein Kulturzentrum machen wollte. Ob dort tatsächlich die XU Exponential University entsteht, ist offen. Auf Anfrage antwortet Nieto nicht.
EBS macht Fortschritte
Während Jahns also neuer Uni-Gründer werden will, kommt die EBS Universität für Wirtschaft und Recht erst langsam wieder in ruhigeres Fahrwasser. Die Vorwürfe und die Anklage gegen Jahns, der bis April 2011 CEO und Präsident der EBS Universität war, hatten die Privatuniversität in eine massive Krise gestürzt. Erst im Dezember 2015 konnte die EBS wieder schwarze Zahlen vorlegen. Seit dem Abgang von Jahns gingen zwei weitere Präsidenten. Seit April 2015 hat die EBS keinen Präsidenten mehr und sucht derzeit auch nicht aktiv danach. Seine Aufgaben hat ein Präsidialrat übernommen. Immerhin wurde vor kurzem ein neuer Kanzler ernannt.
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