Österreich: Mit dem MBA zum Bachelor-Abschluss
Der österreichische Bildungsanbieter ASAS wirbt mit einem Bachelor-Abschluss in Betriebswirtschaftslehre für seine MBA-Absolventen. Ein Lehrstück aus dem Absurditäten-Kabinett des MBA-Marktes in Österreich.
Es klingt wie Real-Satire, ist in Österreich aber Realität. „Wir gratulieren unserem ersten MBA-Absolventen, einem oberösterreichischen Unternehmensberater, zum Abschluss des Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaftslehre (B.A.) online unseres Kooperationspartners der Allensbach University“, schreibt die Austrian School of Applied Studies (ASAS) Aus- und Weiterbildung GmbH aus Wels in Oberösterreich.
ASAS bietet einen Fernstudiengang MBA in General Management mit verschiedenen Vertiefungen in Kooperation mit dem Austrian Institute of Management (AIM) der Fachhochschule Burgenland an. Die Absolventen erhalten ihren „akademischen Grad von der FH Burgenland“, heißt es auf der Website.
Dafür gibt es 90 ECTS. „An der Allensbach University (Konstanz) können diese erbrachten Studienleistungen (ECTS) für ein Fernstudium der Betriebswirtschaftslehre zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor (B.A.) genutzt werden. So sind je nach gewähltem Studienschwerpunkt (Anmerkung: im MBA-Studium) zwischen 45 und 70 ECTS anrechenbar“, heißt es weiter. Mit dem Bachelor würden die Studierenden „gezielt auf die Übernahme von Aufgaben in verschiedensten Funktionen und Branchen im mittleren bis hohen Management vorbereitet“.
Ein MBA-Abschluss wird auf einen Bachelor-Abschluss angerechnet? Das ist so, als würde der Bachelor-Abschluss auf das Abitur angerechnet. Denn ein MBA ist ein Postgraduate-Studium, das in der Regel einen Bachelor-Abschluss voraussetzt. Und warum soll ein MBA-Absolvent, der in seinem MBA-Studiums normalerweise betriebswirtschaftliche Inhalte gelernt hat, noch einen Bachelor-Abschluss in Betriebswirtschaft machen?
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Doch in Österreich ist eben vieles anders. Denn dort ist ein MBA nicht unbedingt ein „richtiger MBA“. Das Master- oder MBA-Studium ist oftmals nur ein sogenannter Lehrgang zur Weiterbildung gemäß § 9 des Fachhochschul-Studiengesetzes. „Die Master-Grade in der Weiterbildung sind nicht identisch mit den Master-Graden aufgrund des Abschlusses ordentlicher Studien (Master-Studien), auch wenn sie zum Teil denselben Wortlaut haben“, schreibt das Wissenschaftsministerium. Und das obwohl sie von anerkannten Hochschulen vergeben werden.
Zwar sollten diese Lehrgänge bei „Umfang und Anforderungen mit Zugangsbedingungen“ denen ausländischer Master-Studien vergleichbar sein und die Qualität der Lehre sollten „durch ein wissenschaftlich und didaktisch entsprechend qualifiziertes Lehrpersonal“ sichergestellt werden. Doch das ist wohl eher Theorie. Denn die Lehrgänge unterliegen in Österreich nicht der Akkreditierung. Stattdessen sollen sich die Hochschulen selbst kontrollieren.
Und die haben hier ein lukratives Franchise-Modell entdeckt. Dabei übernimmt ein nicht-akademischer Weiterbildungsanbieter manchmal fast alles – von der Entwicklung des Curriculums, der Akquise und Zulassung der Teilnehmer über die Auswahl der Dozenten (die nicht einmal eine Promotion brauchen) bis zur Abnahme von Prüfungen. Den Titel vergibt die Hochschule.
Auch bei den Zulassungsvoraussetzungen zeigen sich österreichische Hochschule da manchmal recht flexibel. Abitur, Erststudium, Berufsausbildung – das braucht man alles nicht unbedingt. Man sei schon froh, wenn ein Drittel der Studenten überhaupt Matura (also Abitur) habe, erklärte Leiterin der Akademischen Weiterbildung einer Wiener Fachhochschule. Dabei ging es nicht um einen eher praxisorientierten MBA, sondern um einen Abschluss zum eher forschungsorientierten Master of Science.
Da verwundert es natürlich nicht, dass man auch bei ASAS wohl recht großzügig bei den Aufnahmekriterien ist. „Die Vielseitigkeit der Bildungslandschaft erlaubt möglicherweise einen anderen Zugang zu Ihrem Fernstudium. Kontaktieren Sie uns. Gemeinsam finden wir für Sie die optimale Lösung für Ihre Weiterbildung!“, heißt es vielversprechend.
Und hat man so erst mal den MBA-Abschluss erworben, kann man den dann wiederum auf den Bachelor der deutschen Allensbach University anrechnen lassen. Natürlich ist die Allensbach University keine Universität, sondern eine Fernhochschule, die früher WHL Wissenschaftliche Hochschule Lahr hieß. Aber sie ist immerhin eine staatlich anerkannte Hochschule in Baden-Württemberg, über die es allerdings interessante Dinge zu lesen gibt.
Kooperiert eine österreichische Bildungseinrichtung mit einer ausländischen Hochschule, dann braucht sie eine Bescheinigung der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria, dass die von ihr übernommenen Leistungen bei der Durchführung der ausländischen Studien (z.B. teilweise Durchführung von Lehre und Prüfungen) internationalen akademischen Standards entsprechen. Das gilt jedoch nicht, wenn in Österreich nur ein reines Fernstudium ohne Präsenzphasen angeboten wird. Im Klartext: Eine Kontrolle gibt es dann nicht. Partner von ASAS sind übrigens auch die IUHB in Bad Honeff und WINGS-Fernstudien der Hochschule Wismar.
Bis 2014 firmierte die ASAS als World Wide Education GmbH (WWEDU). Von 2003 bis Ende 2014 sollen an der WWEDU rund 6000 Studenten graduiert haben, darunter „viele Welser Politiker und Mitarbeiter aus der Führungsriege des Magistrates“. Wissenschaftlicher Leiter war der frühere ÖVP-Obmann Martin Stieger. Den MBA-Titel vergab zuletzt die Fachhochschule Burgenland und das Industriemagazin kürte das MBA-Programm der WWEDU im Mai 2013 sogar zu einem der besten MBA-Programme in Österreich. Befragt wurden über 500 Geschäftsführer, Vorstände und Personalentscheider. 2014 war WWEDU dann pleite und hatte 4,5 Millionen Euro Schulden.
Ein Grund dafür war die Gesetzesänderung von 2012, die es privaten, nicht-akademischen Anbietern untersagte, weiter akademische Ausbildungen anzubieten. Bis 2013 gab es nämlich sogenannte „Lehrgänge universitären Charakters“, bei denen Anbieter ohne Hochschulstatus nach ministerieller Genehmigung selbst akademische Master-Grade verleihen konnten. So konnte man also einen Master-Abschluss erwerben, ohne jemals etwas mit einer Hochschule zu tun gehabt zu haben. Erst seit 2013 braucht ein Anbieter einen akademischen Partner, der den Titel vergibt.
Bei der WWEDU versuchte man es mit der Akkreditierung als Privatuniversität, scheiterte jedoch mehrmals. Also wurde schließlich die ASAS gegründet und die Fachhochschule Burgenland vergibt weiter den Titel. Im ASAS-Vorstand sitzt neben Stieger, laut eigener Website Mitglied der Wissenschaftskommission beim Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (Wien) und Vizepräsident des Verbandes Österreichischer Wirtschaftsakademiker (VÖWA), auch der Unternehmensberater Andreas Schachinger, der sich selbst mit einem MBA schmückt, den er offenkundig in einem der damaligen „Lehrgänge universitären Charakters“ am Controller Institut erworben hat.
Bleibt die Frage, welchen Sinn es macht, nach dem von der Fachhochschule Burgenland verliehenen MBA noch einen Bachelor einer deutschen Fernhochschule zu erwerben. Zumal ein Bachelor ja nun nicht gerade als der ideale Abschluss für eine Führungsposition gilt. Aber schließlich könnte man mit einem „richtigen Bachelor“ auch einen „richtigen MBA“ machen. Der MBA als Vorstufe zum Bachelor und damit zum Zweit-MBA? – im Titel verliebten Österreich wäre das nicht verwunderlich.
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