Frankfurt School: Mit neuem Managerkurs ins Abseits
Die Frankfurt School of Finance & Management bietet einen neuen Managerkurs mit dem Motivationstrainer und ehemaligen Bundesliga-Coach Peter Boltersdorf an. Der setzt auf das Reiss Profile, einen wissenschaftlich umstrittenen Psychotest, bei dem Fußballer auch Sex-Fragen beantworten mussten. Bei der Frankfurt School kennt man die Kritik an dem Test und ignoriert sie.
„Ich will jeden Sex, den ich bekommen kann“, „Ich bin das, was man „sexuell zügellos“ nennt“ oder „Ich habe viele erotische Fantasien“ – das sind drei der 128 Fragen aus dem Reiss Profile, die die Fußballer von Hannover 96 beantworten sollten. „Hannovers Spieler im Sex-Verhör“, titelte die Bild-Zeitung damals. Auch andere Fußballclubs nutzten den Psychotest. Im letzten Jahr war der Hamburger SV dran.
Treibende Kraft hinter dem Psychotest ist der ehemalige Bundesliga-Coach Peters Boltersdorf, über den die TAZ schrieb: „Auf seiner Visitenkarte steht „Motivationsberater“. Er sagt, es gehe nicht um Sex oder so, sondern um „Sinnlichkeit“. Denn: „Wer gerne schöne Tore schießt, dem kann man zur Motivation ein Video zeigen, in dem ihm etwas perfekt gelingt.“ Dafür bekommt dann der Herr Boltersdorf Geld.“
Nun verdient Peter Boltersdorf auch Geld als Dozent an der Frankfurt School of Finance and Management. Dort leitet er das neue Seminar „Vom Fußball lernen: High Performance Teams aufbauen und entwickeln – mit Methoden aus dem Profi-Fußball“ und die Business School ist mächtig stolz, ihn als Dozenten gewonnen zu haben. Schließlich soll das zweitägige Seminar für Führungskräfte „auf aktuellen Erkenntnissen moderner Motivationspsychologie“ basieren.
Dabei dürfte der Diplomsportlehrer jedoch vor allem auf seine Erkenntnisse mit dem Reiss Profile zurückgreifen wie man es bereits in einem Video auf YouTube sehen kann, wo er über Teamentwicklung spricht. Schließlich ist er Geschäftsführer der Reiss Profile Europe B.V. und der Reiss Profile Germany GmbH sowie Leiter der Reiss Profile Academy und als solcher natürlich an der Verbreitung des Psychotests interessiert. Zudem fungiert er als Vizepräsident der World Society for Motivation Scientists and Professionals. Das klingt gut. Allerdings verbirgt sich dahinter nichts anderes als eine Marketingplattform für das Reiss Profile.
Das Reiss Profile wurde von dem US-Psychologen Steven Reiss entwickelt, der behauptet, dass der Mensch von 16 Motiven angetrieben wird. Dazu gehören Anerkennung, Familie, Essen, Neugier, Sparen und eben Eros. Wissenschaftler halten den Test für fragwürdig. Die gesamte Testkonstruktion basiere für ihn auf einem Mischmasch aus Motiven, Werten, Interessen und Rollen, urteilte etwa Gerd Reimann, Mitglied im Testkuratorium der Förderation Deutscher Psychologenvereinigungen. Daher sei ihm auch nicht klar, was der Test messe und ob er überhaupt etwas messe. In der Tat mutet die Testkonstruktion recht abenteuerlich an.
Auch die Autorin hatte schon das Vergnügen, den Test zu machen und fühlte sich dabei wie beim Astrologen. Dabei zeigt man sich bei den Lebensmotiven auch recht flexibel. Weil die Sexfragen im beruflichen Kontext nicht so gut angekommen, gibt es auch noch eine Business-Variante ohne Sexfragen. Da wird aus dem Motiv Eros dann kurzerhand das Motiv Schönheit mit anderen Fragen. Doch das Motiv Schönheit gibt es als Reiss-Lebensmotiv überhaupt nicht. Aber irgendwie müssen halt wieder 16 Lebensmotive herauskommen.
Man kann sich also ausmalen, mit welchen „wissenschaftlichen Erkenntnissen“ die Teilnehmer des neuen Seminars – Zielgruppe sind Führungskräfte, Seniormanager, Entscheider – an der Frankfurt School beglückt werden. Dabei ist der Test nicht einmal im Seminarpreis von 1.450 Euro enthalten. Wer sein Reiss Profile erstellen möchte, muss noch einmal stolze 690 Euro zusätzlich drauflegen. Dafür gibt es dann auf Wunsch auch ein Coaching-Gespräch mit Herrn Boltersdorf.
Dass die Frankfurt School den umstrittenen Psychotest promotet, verwundert nicht. Schließlich ist Sonja Thiemann, Leiterin Competence Center Management, Strategie & Leadership – und damit verantwortlich für das neue Seminar – selbst „zertifizierte Reiss-Profile-Anwenderin“. Auch drei der vier eingesetzten Coaches im Leadership Coaching im Executive MBA haben die Reiss-Profile-Lizenz.
Der Hochschule ist die Kritik an dem Psychotest durchaus bekannt. Dass sie nun mit Peter Boltersdorf auch noch den Hauptpromoter des Reiss Profiles als Dozenten engagiert, zeigt mehr als deutlich, dass die wissenschaftliche Reputation offenbar nicht so wichtig ist, wenn es darum geht, Seminare zu verkaufen. Und Fußball geht ja bekanntlich immer.
Die Frankfurt School, die aus der ehemaligen Hochschule für Bankwirtschaft hervorgegangen ist, bietet Bildungsprogramme zu Finanz-, Wirtschafts- und Managementthemen an – dazu gehören Bachelor- und Master- sowie ein Promotionsprogramm, Executive Education, Zertifikatsstudiengänge, offene Seminare und Trainings für Berufstätige sowie Seminare und Workshops für Auszubildende. Neben dem Executive MBA und dem MBA in International Healthcare Management bietet die Schule ab Herbst erstmals einen Vollzeit MBA an. Erst vor kurzem bekam die Schule die lang ersehnten Akkreditierungen durch die beiden wichtigsten internationalen Organisation AACSB und EQUIS.
Pingback: Frankfurt School schreibt rote Zahlen • MBA Journal