Focus-Money-Ranking: Abstrus und irreführend
Focus-Money hat erneut ein Ranking über die besten Business Schools in Deutschland veröffentlicht. Das Ergebnis ist wie gewohnt an Absurdität kaum mehr zu übertreffen. Doch bei der FOM ist man stolz darauf, als beste Schule Deutschlands gekürt worden zu sein.
Eigentlich sollte man solchen haarsträubenden Unsinn wie das Focus-Money-Ranking ignorieren. Doch weil Schulen wie die FOM stolz Pressemeldungen über ihren ersten Platz herausgeben und die IUBH sogar mit dem Top-Siegel wirbt, ist Aufklärung wohl weiter vonnöten.
Wie bereits im letzten Jahr ist die Liste der besten Business School abstrus. Die Datenerhebung erscheint fragwürdig und das Ganze dient dem Burda-Verlag wohl vor allem dazu, die Nutzung des FOCUS-Siegels für mehrere Tausend Euro zu verkaufen.
Beste Business School ist also in diesem Jahr die FOM Hochschule für Oekonomie & Management. Auf Platz 2 liegt die Mannheim Business School, nachweislich – u.a. durch ihre Platzierung in allen relevanten internationalen Rankings – eine der besten Business Schools in Deutschland. Das ist ungefähr so als ob man einen Polo mit einer Oberklassen-Limousine von BMW vergleicht. Platz 3 belegt die Fachhochschule des Mittelstandes, gefolgt von der IUBH Hochschule. Die führenden Business Schools wie die ESMT, Frankfurt School oder die HHL schneiden deutlich schlechter ab.
Abstrus wird es, wenn man sich die Score-Werte (Mittelwert der Noten 1 bis 6) anschaut. Denn da schneidet Mannheim gerade mal 0,02 Punkte schlechter ab als der Sieger FOM. Und selbst zwischen Platz 1 und Platz 5 liegen gerade mal 0,07 Punkte Unterschied.
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Durchgeführt hat die Umfrage erneut der Marktforscher ServiceValue im Auftrag von Deutschland Test. „Objektiv, unabhängig, fair – Deutschland Test untersucht Waren und Dienstleistungen nach wissenschaftlichen Methoden“ heißt es auf der Website. „Deutschland Test ist eine Marke von Focus-Money, einem der erfolgreichsten und renommiertesten Finanztester in Europa.“
Zu der Umfrage heißt es: „Bei der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um eine Online-Befragung. Eingeladen werden sogenannte Panelisten, die die verschiedenen Anbieter aus Kundensicht beurteilen sollen. Von den registrierten Teilnehmern liegen soziodemografische Merkmale vor, so dass bevölkerungsrepräsentativ eingeladen werden konnte.“ Das ist schon mal toll: Denn so können auch Schüler und Rentner, die sich niemals an eine Business School verirren, ihre Erfahrungen dort bewerten.
Weiter: „Jeder Teilnehmer erhielt zunächst eine für ihn überschaubare Auswahl von Anbietern zur Bewertung bzw. ob er bei diesem Anbieter überhaupt Kunde war oder ist. Pro Anbieter wurden mindestens 100 Kundenstimmen eingeholt. Die konkrete Fragestellung lautet: „Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit den Produkten/Leistungen des Anbieters […]? Bitte beurteilen Sie aus eigener Kundenerfahrung in den letzten 24 Monaten beziehungsweise 36 Monaten.“
Mal abgesehen davon, dass Kundenerfahrungen nicht unbedingt die Qualität eines Studiums widerspiegeln, darf auch bezweifelt werden, dass in dem Panel mehr als hundert tatsächliche Kunden jeder Business School waren. Schließlich richten sich ihre Studienangebote an eine ganz bestimmte Zielgruppe. Zudem kommen die meisten Studenten an den führenden Schulen aus dem Ausland und dürften daher kaum im Panel von ServiceValue sein. Besonders deutlich wurde der Schmu im vergangenen Jahr bei der Quadriga Hochschule. Dort wollte man von den damals aktuell 149 Studenten und im besten Fall genauso vielen im Vorjahr mehr als hundert Kunden in dem Panel gehabt und befragt haben. Bei einer Bevölkerung von über 80 Millionen eine wirklich respektable Leistung.
Insgesamt sollen hinter der aktuellen Befragung 17.436 Kundenstimmen zu 116 Anbietern aus acht unterschiedlichen Weiterbildungs-Kategorien liegen: E-Learning Anbieter, Online-Lernplattformen für Schüler, Lern-Apps, Fernlehrinstitute und Fernhochschulen, Sprachlehrinstitute, Business Schools, Institute für berufliche Bildung, Unternehmensakademien. Unklar ist dabei, ab welchem Punktwert man TOP ist. Während man bei den Sprachlehrinstituten auch mit 3,06 noch dazu gehört, endet sie Liste der „Testsieger“ im FOCUS-MONEY-Artikel bei den Business Schools schon bei 2,87. Die HMKW – Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft – die von ihren Studiengängen her eigentlich kaum als Business School bezeichnet werden kann – ist mit dem Punktwert 2,88 nicht mehr TOP.
Vor allem die Bewertung von Unternehmensakademien ist seltsam. Denn deren Angebote stehen in der Regel nur den firmeneigenen Mitarbeiter offen. Und die haben oft gar keine andere Wahl, als diese Angebote zu nutzen. Für Weiterbildungswillige, die dort nicht arbeiten, ist die Bewertung daher recht nutzlos.
Aber um den Kundennutzen dürfte auch nicht gehen. Die fragwürdigen Tests dürften vor allem eine Verkaufsaktion für die Nutzung des Focus-Testsiegels sein. Denn für dessen Nutzung werden mehrere Tausend Euro pro Jahr fällig. Interessant ist dabei der Hinweis: „Für die – insbesondere wettbewerbsrechtliche – Zulässigkeit der werblichen Verwendung des Siegels sind Sie selbst verantwortlich; insoweit übernimmt Deutschland Test keine Gewähr oder Haftung.“
Insofern ist das absurde Ranking natürlich durchaus aufschlussreich. Denn Business Schools, die ihre Platzierung stolz herausposaunen oder sogar die Nutzungsrechte des Qualitäts-Siegels kaufen, haben sich entweder nicht näher mit der fragwürdigen Bewertung befasst und reagieren reflexartig auf jedes Ranking, in dem sie gut abschneiden. Hauptsache es dient dem Marketing. Oder sie nehmen die mögliche Irreführung potentieller Studenten bewusst in Kauf.
Zu den Schulen, die für das Focus-Siegel tief in die Tasche gegriffen haben, gehört in diesem Jahr offenbar die IUBH Hochschule. Die wurde übrigens 2016 an die amerikanische Apollo Education Group verkauft. Zu der gehört auch die wegen ihrer früheren Marketingpraktiken umstrittene University of Phoenix.
Nun ist das Focus-Siegel für Business Schools und Weiterbildungsanbieter natürlich bei weitem nicht die einzige Auszeichnung des Münchner Verlags. Erst vor kurzem hat Focus mit der Arbeitgeberbewertungs-Plattform Kununu, die ebenso wie Xing zum Burda-Verlag gehört, in „der größten Untersuchung dieser Art 1000 nationale Konzerne als Top-Arbeitgeber“ ausgezeichnet.
Schon allein 1000 Top-Arbeitgeber sind natürlich toll. Der Personalmarketing-Experte Henner Knabenreich hat sich das absurde Vorgehen genauer angesehen. Er bezeichnet das Siegel „als Freibrief für Unternehmen mit schlechten Arbeitsbedingungen“. Viele hätten den irreführenden Charakter dieses Rankings erkannt und ignorierten es schulterzuckend. Für andere hingegen sei hingegen gerade dieser irreführende Charakter ein wahres Willkommensgeschenk.
„Während es für diese Unternehmen aufgrund der Beurteilungskriterien schlicht unmöglich wäre, ein wie auch immer geartetes Siegel zu ergattern, stellt das Focus „Deutschlands bester Arbeitgeber“-Siegel quasi einen Freibrief dar, für 12.500 Euro eine weiße Weste zu kaufen und Bewerber in die Irre zu führen.“
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