Österreich-Ranking: „Mit dem MBA wird man kein Fachidiot“
In Österreich hat das Industriemagazin sein neues MBA-Ranking veröffentlicht. Die Methodologie ist erneut genauso fragwürdig wie die Rangliste.
„So viel ist klar“, schreibt das österreichische Industriemagazin. „Eine Ausbildung für Fachidioten ist ein MBA nicht, egal ob er mehr allgemein oder branchenspezifisch konzipiert ist. Das bleibt wohl eine der wichtigsten Erkenntnisse der aktuellen MBA-Studie, die brandscore.at für das Industriemagazin durchgeführt hat.“
Jeder, der weiß, was ein MBA-Studium ist bzw. sein sollte, reibt sich da verwundert die Augen. Schließlich ist ein MBA-Programm ein anwendungsorientiertes General-Management-Studium, das Teilnehmer ohne betriebswirtschaftliches Erststudium auf eine Managementposition vorbereitet. Aber in Österreich hat sich das offenbar noch nicht so richtig herumgesprochen.
Wie in den Vorjahren basiert auch das neue Ranking des österreichischen Magazins auf einer absurden Methodologie. Die Qualität der Studenten und der Forschung oder der Karrierefortschritt der Absolventen – das alles interessiert nicht. Man befragt einfach 300 Führungskräfte, welchen MBA-Anbieter sie kennen (einmal ohne und einmal mit Vorlage einer – wie auch immer zusammengestellen – Liste) und welchen sie empfehlen würden und fertig ist das Ranking zu den besten MBA-Anbietern. Dass die wiederum teils verschiedene und unterschiedliche MBA-Studiengänge anbieten, ist auch egal.
Dabei ist im Artikel immer wieder die Rede von den befragten MBA-Teilnehmern. Wo die herkommen, bleibt unklar. Offenbar sind damit die befragten Führungskräfte gemeint. Dann wiederum tauchen HR-Verantwortliche auf, offenbar vereint in Personalunion mit Führungskräften und MBA-Teilnehmern.
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Auch warum bei einer Grafik plötzlich von einem Executive MBA die Rede ist, während es im Artikel immer nur um einen MBA ging, bleibt ein Rätsel. Aber vermutlich ist der Unterschied einfach unbekannt.
So glauben 43,2 Prozent der Befragten, dass sich ein Executive MBA für Führungskräfte vor allem „zur Vertiefung bekannter Fachgebiete“ lohnt. Für jeweils 39 Prozent sind es die „Entwicklung persönlicher Skills“ oder „komplementäre Fachgebiete“. Immerhin 11,4 Prozent geben an, dass sich ein Executive MBA überhaupt nicht lohnt.
Auf Platz 1 landet zum achten Mal die Donauuniversität Krems mit einem Bekanntheitsgrad (mit Liste) von 89,5 Prozent, was wenig verwundert, da die Weiterbildungsuni zahlreiche Studiengänge in verschiedenen Fächern anbietet. 34,0 Prozent der Befragten würden ihren Mitarbeitern ein MBA-Studium dort empfehlen. Das ist allerdings ein sogenannter Lehrgang zur Weiterbildung. Diese Master-Grade in der Weiterbildung sind nicht identisch mit den Master-Graden aufgrund des Abschlusses ordentlicher Studien (Master-Studien), auch wenn sie zum Teil denselben Wortlaut haben.
Teilen muss sich Krems den ersten Platz diesmal immerhin mit der WU Executive Academy, der einzigen österreichischen Business School mit einer Triple Crown (Dreifach-Akkreditierung durch die führenden internationalen Organisationen AMBA, AACSB und EQUIS), die auch in international relevanten Ranglisten platziert ist. Immerhin 82,6 Prozent der Befragten haben schon mal davon gehört und 45,3 Prozent würden sie empfehlen. Damit erreicht die WU Executive Academy den Spitzenwert in der Rangliste.
Das MCI Management Center Innsbruck, letztes Jahr noch auf Platz 2 mit 69,5 Prozent bei der Bekanntheit und 24,0 Prozent bei der Empfehlung, rutscht auf Platz 6 und hat nur noch eine Bekanntheit (mit Liste) von 45,6 Prozent und eine Empfehlungsrate von 5,8 Prozent – was die Absurdität der Rangliste besonders gut vor Augen führt. Das MCI verfügt neben der WU Executive Academy als einzige Business School in Österreich über eine internationale Akkreditierung durch die AACSB.
Platz 3 belegt die FH Wien der Wirtschaftskammer mit 71,2 Prozent Bekanntheit und 43,8 Prozent Empfehlungsquote, gefolgt von der Montanuniversität Leoben mit 81,4 und 23,2 Prozent. Die LIMAK Austrian Business School, die Business School der Johannes Kepler Universität in Linz, belegt Platz 5 mit 44,2 Prozent Bekanntheit und 8,0 Prozent Empfehlung. Im vergangenen Jahr waren es noch 48,3 Prozent Bekanntheit und 20,0 Prozent Empfehlung.
Akkreditierungen spielen bei den Befragten insgesamt keine große Rolle. 59,9 Prozent halten sie für erwünscht, aber keine Bedingung, 8,7 Prozent sogar für nebensächlich – wobei hier wohl vor allem Akkreditierungen im deutschsprachigen Raum gemeint sind und nicht die wesentlich anspruchsvolleren internationalen Akkreditierungen.
Die Liste wird – wie schon im Vorjahr – von sogenannten Lehrgängen zur Weiterbildung gemäß § 9 des Fachhochschul-Studiengesetzes dominiert, auch wenn das nicht immer so einfach zu erkennen ist. Zwar sollten diese Lehrgänge bei „Umfang und Anforderungen mit Zugangsbedingungen“ denen ausländischer Master-Studien vergleichbar sein und die Qualität der Lehre sollten „durch ein wissenschaftlich und didaktisch entsprechend qualifiziertes Lehrpersonal“ sichergestellt werden. Doch das ist wohl eher Theorie. Denn die Lehrgänge unterliegen in Österreich nicht der Akkreditierung. Stattdessen sollen sich die Hochschulen selbst kontrollieren.
Wie gut das funktioniert, zeigt sich vor allem an den – für ein Postgraduate-Studium wie dem MBA – auffallend niedrigen Zulassungsvoraussetzungen. Abitur, Erststudium, Berufsausbildung – das braucht man alles nicht unbedingt. Zum Beispiel beim AIM Austrian Institute of Management an der Fachhochschule Burgenland, das in diesem Jahr auf Platz 16 im Ranking der besten MBA-Anbieter landete und unter anderem einen “MBA in angewandter Psychologie für die Wirtschaft” mit so gut wie keinen MBA-Inhalten anbietet.
Noch merkwürdiger wird es beim MBA des “BMÖ – Bundesverband Materialwirtschaft Einkauf und Logistik in Österreich” auf Platz 19 im Ranking mit einer Bekanntheit von 3,2 Prozent und einer Empfehlungsquote von null Prozent! Damit ist der Anbieter keineswegs allein. Insgesamt haben neun der gelisteten 19 besten MBA-Anbieter Österreichs eine Empfehlungsquote von null Prozent – offenbar ein besonderes Qualitätsmerkmal.
Vergeben wird der BMÖ-MBA von der “Middlesex University London mit organisatorischer Unterstützung der KMU Akademie”. Die KMU Akademie und Management AG in Linz ist keine anerkannte Hochschule. Ein Verband kooperiert also mit einem nicht-akademischen Weiterbildungsanbieter, über den wiederum der MBA-Titel einer britischen Universität vergeben wird, die sich mit der Titelvergabe eine lukrative Einnahmequelle erschließt.
Auch hier braucht man natürlich kein Abitur, geschweige denn einen ersten Studienabschluss. Eine abgeschlossene Berufsausbildung und sechs Jahre Berufserfahrung genügen. Dafür ist der Studiengang sogar von der deutschen Akkreditierungsagentur AQAS akkreditiert, die schließlich auch ihre Einnahmenquellen braucht.
Fazit: Das Thema MBA in Österreich bleibt schwierig. Das Ranking zeigt vor allem, dass weder die befragten Führungskräfte (wahlweise auch MBA-Teilnehmer oder HR-Verantwortliche) noch die Verantwortlichen beim Industriemagazin offenbar so richtig verstanden haben, was eigentlich einen guten MBA ausmacht. Aber damit stehen sie zumindest im Einklang mit so manchem der gerankten MBA-Anbieter.