Kritik: MBA-Rankings sind profitorientiert

Von am 2. Januar 2023
MBA-Rankings Fotolia ©gustavofrazao

MBA-Rankings sind vor allem vom Geld getrieben, behauptet der Professor Ron Duerksen von der kanadischen McGill University. Seine Kritik offenbart die Schwächen der Ranglisten.

Im vergangenen Juni erklärte das Magazin The Economist, dass es keine globalen MBA- und Executive MBA-Rankings mehr veröffentlichen wird. In einer E-Mail an die Business Schools schrieb Claudia Malley, Präsidentin und Geschäftsführerin von Economist Impact, dies sei eine „kommerzielle Entscheidung“. Für Ron Duerksen ist klar, schreibt in seinem Kommentar auf Poets&Quants: Publikationen, die Rankings erstellen, sind auf Geld aus. Aber das gelte auch für die Schulen, die an ihnen teilnehmen – insbesondere für MBA- und Executive MBA-Programme,

Denn Rankings sind gewinnorientiert: Zeitschriften veröffentlichten Rankings, weil sie erhebliche Werbegelder von den Business Schools erhalten können, insbesondere von MBA- und Executive MBA-Programmen, die aufgrund ihrer hohen Studiengebühren einiges an Geld ausgeben können. Spezielle Ranking-Rubriken mit redaktioneller Berichterstattung könnten auch mehr Leser in die Publikation locken.

U.S. News & World Report habe sich von dem Modell des Nachrichtenmagazins verabschiedet, um sich auf Rankings zu konzentrieren – mit großem Erfolg. Die Rangliste der besten Hochschulen 2014 habe 2,6 Millionen Besucher und 18,9 Millionen Seitenaufrufe an einem einzigen Tag nach ihrer Veröffentlichung verzeichnet. Das Magazin habe inzwischen auch Rankings für Graduiertenprogramme, juristische Fakultäten, medizinische Fakultäten und Krankenhäuser veröffentlicht und profitiere damit von der florierenden internationalen Ranking-Branche.

Zahlreiche Studien hätten jedoch gezeigt, dass Rankings erhebliche Mängel aufweisen. In einem in der Zeitschrift Nature veröffentlichten Artikel untersuchten Forscher die weltweit führenden Hochschulrankings. Ihre Untersuchung ergab, dass „keines dieser ‚Flaggschiff‘- Rankings Open Access, Gleichberechtigung, Diversität, Nachhaltigkeit oder andere gesellschaftsrelevante Themen berücksichtigt. Keines dieser Rankings erlaubte es den Nutzern, die Indikatoren so zu gewichten, dass sie den Auftrag einer Universität widerspiegeln. Dennoch behaupten alle, die besten Universitäten der Welt zu ermitteln“.

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Zudem kam die Studie zu dem Schluss, dass „Fakultätsmitglieder und Geldgeber die Rankings als Ersatz für Qualität nutzen – ungeachtet der Mängel, die sie aufweisen. Die Folgen sind nur allzu real: Talente werden abgeschreckt, das Einkommen leidet. Und Ungleichheiten werden schnell verankert“. Und das alles nur, weil das Geld von den Top-Universitäten und MBA- oder Executive MBA-Programmen kommt, die zufällig auch die höchsten Studiengebühren haben.

Das Economist-Ranking sei trotz seiner Schwächen (wie bei allen Rankings) wohl eine der aussagekräftigeren MBA- und EMBA-Listen gewesen, was die Methodik angeht. Während die Methodik der Financial Times stark auf dem Gehalt basiert (40 Prozent), habe der Economist ein viel breiteres und relevanteres Spektrum an Kriterien, darunter die persönliche Entwicklung und Berufserfahrung, die Vielfalt der Studenten und Dozenten, die Qualität der Dozenten, die Qualität der Programme, die Karriereentwicklung und eine Bewertung des Alumni-Netzwerks einer Schule.

Aber gerade deshalb hätten mehrere Topschulen in den MBARankings der FT, die sich auf das Gehalt konzentrierten, nicht gut abgeschnitten. Sie seien daher aus den MBA-Rankings vom Economist herausgefallen. Infolgedessen seien die Rankings weniger repräsentativ. Über fünfzehn Top-Schulen hätten in der Rangliste 2021 gefehlt, darunter Harvard, Stanford GSB, Wharton, Columbia, MIT Sloan, LBS und INSEAD. Daher wiederum sei sie von den Bewerbern weniger beachtet worden: Weniger teilnehmende Schulen, weniger Zuschauer, weniger Geld für alle. Anmerkung der Redaktion: Der Economist hatte jedoch auch handwerkliche Fehler gemacht und zudem einjährige und zweijährigen Programme in einen Topf geworfen.

Global seien nur die Rankings Economist, Financial Times und QS. Andere wie U.S. News & World Report, Forbes, Bloomberg Businessweek und Princeton Review konzentrierten sich in erster Linie auf MBA-Studiengänge in den USA, obwohl Bloomberg und Forbes separate internationale Rankings für MBA-Programme veröffentlichen.

Keines der Rankings unterscheide zwischen MBA- und Executive MBA-Programmen, sondern werfe junge 25-jährige Berufstätige mit über 40-jährigen erfahrenen Führungskräften in einen Topf und verwende identische Kriterien zur Bewertung der „Qualität“.

So macht beispielsweise beim FT-Ranking die Forschungsleistung zehn Prozent der Kriterien für das MBA- und Executive MBA-Ranking aus. Sie wird anhand der Anzahl der Artikel berechnet, die von den Vollzeit-Dozenten der Schulen in 50 international anerkannten akademischen und praxisorientierten Zeitschriften veröffentlicht wurden. Dozenten mit Doktortitel machen fünf Prozent der Bewertung aus. Doch interessiere sich jemand, der einen Executive MBA anstrebt, wirklich für diese Kriterien? „Das bezweifle ich“, schreibt Duersken.

Und wenn es um die Vielfalt der Studierenden und des Lehrkörpers geht, konzentrierten sich die Rankings meist nur auf das Geschlecht und manchmal auf die Internationalität. Was ist mit der kulturellen und sozioökonomischen Vielfalt? Diejenigen, die sich einen Top Executive MBA leisten könnten, der mehr als 200.000 Dollar kostet, seien in den meisten Fällen bereits finanziell abgesichert. Talentierte Führungskräfte und innovative Unternehmer in Ländern mit niedrigeren Gehältern und geringerer Kaufkraft hätten dadurch einen großen Nachteil. Und strebe jemand, der sich einen Top Executive MBA leisten kann, in erster Linie ein höheres Gehalt an, wie es MBA-Rankings – wie das die FT – suggerieren, fragt Duerksen?

Aber wie steht es um die internationale Vielfalt, wenn mehr als 75 Prozent der Executive MBA-Teilnehmer entweder aus Nordamerika oder aus Asien stammen? Mehr als 80 Prozent der Executive MBAs kommen aus dem Land, in dem sie studieren. Und die sozioökonomische Vielfalt? Je höher die Studiengebühren seien, desto geringer sei auch die Vielfalt. Programme, die mehr als 150.000 Dollar kosten, beständen hauptsächlich aus Weißen (fast 70 Prozent).

Was die Sache noch schlimmer mache, sei die Tatsache, dass Schulen das Rankingsystem leicht austricksen könnten, so Professor Duerksen. Die FT-Rangliste verlangt zum Beispiel, dass jeder befragte Absolventenjahrgang mindestens 20 Absolventen aus jedem der drei Abschlussjahrgänge umfasst oder eine Rücklaufquote von 20 Prozent pro Abschlussjahrgang.

Die finanzstärksten Schulen könnten viel Zeit und Geld aufwenden, um ihre Alumni darüber zu „informieren“, wie die MBA-Rankings funktionieren und dass ein großer Prozentsatz der Bewertung (etwa 40 Prozent) auf dem Gehalt der Alumni basiert. Wenn also ein MBA- oder Executive MBA-Absolvent ein geringeres Gehalt als der Durchschnitt der bestplatzierten Schulen hat, könne er leicht davon „überzeugt“ werden, nicht an der Umfrage teilzunehmen und das stattdessen den wohlhabenderen Absolventen zu überlassen. Schließlich sei es in ihrem Interesse, dass ihre Schule einen hohen Rang einnimmt. Es erhöhe den Markenwert und das Ansehen ihres Abschlusses und damit ihre Beschäftigungsfähigkeit und ihr Gehalt.

Es gehe nicht nur darum, ein paar Kriterien zu ändern, sondern um ein ganzes System, das sich seit Jahrzehnten um Geld und Prestige dreht, so Duerksen. Ein System, das sehr wenig mit der Messung von Lernen und Lernergebnissen zu tun habe, einschließlich positiver Auswirkungen auf Organisationen und positiver Auswirkungen auf die Gesellschaft in Bereichen, die wirklich für alle von Bedeutung sind, wie der Klimawandel.

Man könne nur hoffen und auf einen Wandel drängen. „Zunächst einmal sollten wir die Fakten über Rankings anerkennen“, mahnt Professor Duerksen. „Sie sind in jeder Hinsicht profitorientiert und selbstsüchtig, sowohl für die Publikationen als auch für die Universitäten und Business Schools, die an ihnen teilnehmen und von ihnen profitieren. Wir brauchen umfassendere Rankings, die Lernergebnisse und Auswirkungen wirklich anerkennen und messen.“

Professor Ron Duerksen ist Global Executive Director des International Masters Program for Managers (IMPM) an der Desautels Faculty of Management an der kanadischen McGill University. Das Programm für Manager wurde vor über 25 Jahren vom Management-Guru Professor Henry Mintzberg entwickelt, um die Defizite der traditionellen MBA- und Executive MBA-Programme zu beheben. Die Teilnehmer kommen aus der ganzen Welt, um eine neue Denkweise erlernen und einen positiven Einfluss auf ihre Unternehmen und die Gesellschaft als Ganzes ausüben wollen. Das IMPM trägt nicht das Etikett „Executive MBA“ und nimmt auch nicht an den Rankings teil.

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.