FT-Ranking: INSEAD profitiert vom Boykott der Top 3
Mit dem Ausstieg von Harvard, Wharton und Stanford fehlen die Top 3 vom letzten FT-Ranking zu den weltweit besten Vollzeit-MBAs. Das verhilft INSEAD zum Spitzenplatz.
Wie aussagekräftig ist ein MBA-Ranking, wenn die besten Schulen nicht dabei sind? Diese Frage muss sich nun auch die Financial Times stellen. Erst vor kurzem boykottierten 15 der 25 bisher am besten gerankten Schulen das seit Jahren erratische Ranking des britischen Economist.
Nun hat es auch die Financial Times (FT) bei ihrem neuen globalen MBA-Ranking erwischt, wenn auch in deutlich geringerem Ausmaß. Harvard, Stanford, Wharton, MIT Sloan, Columbia und die Haas School an der University of Berkeley sind nicht dabei. Laut FT haben neun Schulen, die 2020 gerankt wurden, nicht mitgemacht.
Chicago Booth, Kellogg, Yale, Dartmouth Tuck, London Business School und INSEAD – die alle ebenfalls das Economist-Ranking boykottiert haben – sind diesmal dabei und profitieren wie die meisten Schulen von der Absenz der Topschulen.
INSEAD verbessert sich von Platz 4 auf Platz 1, die London Business School von Platz 7 auf Platz 2. Auf Rang 3 liegt die Chicago Booth School, die damit um sieben Plätze aufsteigt.
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Rang 4 belegt die spanische IESE Business School (Vorjahr Platz 13) gemeinsam mit der Yale School of Management (Vorjahr Platz 14). Es folgt die Kellogg School of Management auf Platz 6 (Vorjahr Platz 11). Rang 7 teilen sich die CEIBS in Shanghai und die HEC Paris. Die Fuqua School of Business an der Duke University erreicht Platz 9 und die Tuck School Platz 10. Damit belegen beide ihren bisher besten Platz seit 2019.
Damit sind nur noch fünf US-Schulen unter den Top Ten im FT-Ranking. 2019 waren es noch sieben. Insgesamt schaffen es in diesem Jahr 48 US-Schulen (Vorjahr 51) in die Top 100. Großbritannien ist mit neun Schulen, China mit acht Schulen (inklusive drei aus Hongkong) und Frankreich mit fünf Schulen vertreten. Aus Deutschland sind drei Schulen.
Beste deutsche Schule ist die WHU – Otto Beisheim School of Management, die sich um zehn Plätze auf Platz 54 verbessert. Die Mannheim Business School gewinnt 13 Plätze und landet auf Platz 58. Und die ESMT liegt auf Platz 80 (Vorjahr Platz 81).
Gestiegen ist die Zahl der Doppel-Platzierungen. So erreichen bei 14 Plätzen jeweils zwei Schulen gemeinsam einen Rangplatz, in einem weiteren Fall sind es sogar drei Schulen. Das zeigt, wie gering die Unterschiede oftmals sind.
46 Prozent der Schulen, die in den letzten Jahren nicht mehr dabei waren, kehren zurück. 36 von 78 Schulen haben zweistellige Veränderungen. 29 davon sind aufgestiegen, lediglich sieben abgestiegen.
Den größten Sprung nach vorn machte die Hong Kong University. Sie gewinnt 27 Plätze und landet auf Platz 29. Die Jones Graduate School of Business an der Rice University verbessert sich um 25 Plätze von Platz 57 auf Platz 32. Die spanische IE Business School steigt von Platz 52 auf Platz 39. Auch das IMD in Lausanne schneidet mit Platz 19 sechs Plätze besser ab.
Der höchste Neueinstieg gelingt der Tsinghua University in Peking auf Platz 67. Die Eada Business School in Barcelona steigt erstmals auf Platz 78 ein, Ipade aus Mexiko auf Platz 84, die amerikanische Rutgers Business School auf Platz 86. Auf Platz 94 schaffen es erstmals das Indian Institute of Management in Indore und die University of Cape Town. Zu den Neueinsteigern gehören auch die Copenhagen Business School, die Hult International Business School und die Smith School of Business an der kanadischen Queen´s University auf den Rängen 98 bis 100.
Im FT-Ranking zählt vor allem das Gehalt
Nach wie vor machen das Gehalt und der Gehaltszuwachs 40 Prozent der Bewertung beim FT-Ranking aus. Den größten Gehaltszuwachs gibt es mit 190 Prozent bei der chinesischen School of Management an der Fudan University. Das Gehalt liegt dort bei 121.198 Dollar. Beim Sieger INSEAD sind es zwar nur 96 Prozent Steigerung. Dafür liegt das Gehalt bei 190.680 Dollar.
Gehaltsteigerungen nach dem MBA-Studium sind Asien und den USA generell deutlich höher als in Europa. An der WHU und in Mannheim sind es dennoch je 89 Prozent.
Beim FT-Ranking wird das in US-Dollar umgerechnete Gehalt entsprechend der Kaufkraftparität (Purchasing Power Parity, kurz PPP) an die lokale Kaufkraft angepasst. Das führt zu teils absurden Verzerrungen, von denen vor allem die Schwellenländer profitieren. Denn für einen Dollar kann man in China oder Indien nun mal mehr kaufen als in der Schweiz. So liegt das Gehalt an der Indian School of Business mit 163.550 Dollar fast genauso hoch wie am IMD in der Schweiz mit 164.276 Dollar.
Was die Internationalität der Studenten und des Lehrkörpers angeht, liegt das IMD mit 99 bzw. 98 Prozent auf Platz 1. Am INSEAD sind es 94 bzw. 91 Prozent. An der besten US-Schule, der Chicago Booth School of Business, beträgt der entsprechende Prozentsatz bei 40 bzw. 32 Prozent.
Beim Forschungsranking, bei dem die Veröffentlichungen der Vollzeit-Fakultät in 50 ausgewählten wissenschaftlichen Journalen im Verhältnis zur Größe der Fakultät bewertet werden, liegt die Olin Business School an der Washington University in St. Louis auf Platz 1, gefolgt von der Chicago Booth School of Business und INSEAD. Im vergangenen Jahr führte die Wharton School vor Harvard, die beide diesmal nicht dabei sind.
Beim Kriterium „Corporate Social Responsibility“, das allerdings nur zu drei Prozent in die Bewertung einfließt, liegt die spanische IESE Business School erneut auf Platz 1, gefolgt vom Fisher College of Business an der Ohio State University und der französischen Edhec Business School.
An dem Ranking nahmen in diesem Jahr 143 Schulen (Vorjahr 156 Schulen) teil. Voraussetzung für die Teilnahme ist eine Akkreditierung durch die AACSB oder EQUIS.
Test-Boykott der US-Topschulen?
Den Ausstieg der US-Topschulen begründet die FT mit der Schwierigkeit der Schulen, aufgrund der Pandemie die Daten zu erfassen. Das wirkt wenig glaubwürdig. Schließlich ist es den teilnehmenden Schulen offenbar auch gelungen, die Daten zu erheben. Und zudem sind die wichtigsten Kriterien zum Gehalt nicht betroffen, da die FT die Gehaltsdaten drei Jahre nach dem MBA-Abschluss berücksichtigt.
Allerdings gilt das FT-Ranking zwar in Europa und Asien als das wichtigste Ranking, aber nicht in den USA. Dort zählen eher die auf die USA beschränkten Ranglisten von U.S. News & World oder BloombergBusinessweek, das zwei getrennte Listen für die USA und den Rest der Welt veröffentlicht.
So berichtete das MBA-Portal Poets&Quants, von einer Umfrage der Harvard Business School bei ihren MBA-Studenten zu dem für sie einflussreichsten Ranking im vergangenen Jahr. 74 Prozent gaben an, dass sie bei der Auswahl ihres MBA-Programms auf die Rangliste von U.S. News & World geachtet haben und 46 Prozent, dass dieses Ranking ihre Auswahl beeinflusst hat. Zudem so Poets&Quants würden einige der 20 Kriterien des FT-Rankings US-Schulen eher benachteiligen. Dazu gehören der Anteil der internationalen Studenten und die Pflicht, eine weitere Fremdsprache zu lernen.
Es bleibt daher spannend. Steigen die führenden US-Schulen ganz aus dem für sie nicht so relevanten FT-Ranking aus? Oder bietet die Corona-Pandemie einfach nur eine gute Gelegenheit, den Ausstieg einmal zu testen?