Focus-Ranking: Abenteuerlich abstrus
Vor kurzem veröffentlichte das Focus Magazin ein Ranking über die besten Business Schools in Deutschland. Wie bereits im vergangenen Jahr ist die Rangliste ziemlich abstrus und der fragwürdige Test dürfte auch diesmal vor allem eine Verkaufsaktion für die Nutzung des Focus-Testsiegels sein.
Deutschlands beste Business School ist die Mannheim Business School, gefolgt von der Quadriga Hochschule Berlin, der ESMT, der Hochschule für Wirtschaft und Recht und der FOM Hochschule. Das will Focus herausgefunden bei seinem „Deutschland Test“ haben. Ob die beiden letzteren überhaupt Business Schools sind, sei dahingestellt. Denn ihre Studienangebote sind keineswegs auf wirtschaftswissenschaftliche Fächer beschränkt und ein Ingenieurstudium gibt es nun mal nicht an einer Business School.
Zwar gehören die Mannheim Business School und die ESMT zweifellos zu den führenden deutschen Business Schools. Doch vor allem Platz 2 verblüfft. Quadriga? Wer in der MBA-Szene einigermaßen bewandert ist, aber von dieser Business School noch nichts gehört hat, braucht sich nicht wundern. Die 2010 an den Start gegangene Hochschule hat laut Wikipedia aktuell gerade mal 149 Studenten und gilt eigentlich vor allem als PR-Schmiede, die Kommunikationskompetenzen vermittelt. Einzige Gesellschafterin der als GmbH geführten Hochschule ist – so Wikipedia – die Deutsche Presseakademie Berlin. Interessant sind auch die Ausführungen des Wissenschaftsrats von 2014: „Mit der für 2016 geplanten Etablierung eines wirtschaftswissenschaftlichen Studiengangs vollzieht die Einrichtung eine überzeugende Erweiterung ihres Studienangebots.“
Erstaunlich ist vor allem, dass Focus behauptetet, zu jeder der acht gerankten Business Schools mindestens hundert Kunden befragt zu haben. „Das Online-Access-Panel des Felddienstleisters enthält über 350.000 Personen“, schreibt Focus. „Bei kleineren Inzidenzraten (zum Beispiel Business Schools) werden zur Erreichung von Mindeststichprobengrößen aus dem Netzwerk aller Felddienstleister in dem jeweiligen Land weitere Panelisten hinzugezogen.“ Dies ermögliche die Generierung hinreichender Stichprobengrößen bei kleinen Grundgesamtheiten (Kundenzahl eines Unternehmens/Anbieters) auch ohne die Beteiligung des untersuchten Objektes (d.h. die Zurverfügungstellung von Kundendaten seitens des Unternehmens/Anbieters)“, heißt es weiter.
Der Marktforscher ServiceValue, der die Umfrage durchgeführt hat, schreibt: „Bei der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um eine Online-Befragung. Dabei werden sogenannte Panelisten eingeladen, die in Frage stehenden Untersuchungsobjekte (hier: Anbieter auf dem Weiterbildungsmarkt) als Nutzer bzw. Kunde zu bewerten. Jeder Panelist erhält eine für ihn überschaubare Auswahl von Anbietern auf dem Weiterbildungsmarkt zur Bewertung bzw. zur Angabe, ob er bei diesem Anbieter überhaupt Kunde war oder ist. Pro Anbieter wurden mind. 100 Kundenstimmen eingeholt.“
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Die konkrete Fragestellung lautet: „Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit den Produkten/Leistungen des Anbieters […]? Bitte beurteilen Sie aus eigener Kundenerfahrung in den letzten 24 Monaten.“
Im Klartext: Von den aktuell 149 Studenten der Quadriga Hochschule und im besten Fall genauso vielen im Vorjahr hat Service Value in seinem Panel mehr als hundert Quadriga-Kunden – und das unter 80 Millionen Einwohnern in Deutschland, von denen wiederum nur sehr wenige überhaupt die Zielgruppe der Business School sind. Eine wirklich respektable Leistung, selbst wenn noch Teilnehmer an Seminaren und Kongressen dazu kommen. Ähnliches gilt natürlich auch für einige der anderen platzierten Schulen. Auch dort ist die Zahl der Studenten und Absolventen so gering, dass es ziemlich unwahrscheinlich ist, dass mehr als hundert „Kunden“ nicht nur im Panel waren, sondern auch noch bei der Online-Umfrage mitgemacht haben. Zumal die meisten der Studenten an den führenden Schulen aus dem Ausland kommen und daher kaum in einem Panel sein dürften, das sonst Autoglaswerkstätten, Kundenkreditkarten und Outlet-Center bewertet.
Auf Platz 9 liegt übrigens die ebenfalls weitgehend unbekannte Universität Siegen Business School, auf Platz 12 die accadis Hochschule Bad Homburg, die damit besser abschneiden als die beiden international renommierten Schulen ESCP Europe und die WHU – Otto Beisheim School of Management.
Auch ein Blick auf den Score-Wert (Mittelwert der Noten 1 bis 6) verursacht Stirnrunzeln. Zwischen Platz 1 und Platz 5 liegen gerade mal 0,07 Punkte Unterschied. Zwischen Platz 7 und 8 sind es sogar nur 0,01 Punkte.
Insgesamt sollen hinter der Befragung 15.577 Kundenstimmen zu 92 Anbietern aus acht unterschiedlichen Weiterbildungs-Kategorien liegen: E-Learning Anbieter, Online-Lernplattformen für Schüler, Lern-Apps, Fernlehrinstitute und Fernhochschulen, Sprachlehrinstitute, Business Schools, Institute für berufliche Bildung, Unternehmensakademien. Veröffentlicht wurde das „Ranking“ als Verlagssonderveröffentlichung im Focus Magazin. „Deutschland Test – objektiv, unabhängig“ heißt es auf der Website der „Marke der Focus-Money Redaktions-GmbH“.
Vor allem bei der Bewertung von Unternehmensakademien erschließt sich einem der Sinn nicht so recht. Denn deren Angebote stehen in der Regel nur den firmeneigenen Mitarbeiter offen und die haben oft gar keine andere Wahl, als diese Angebote zu nutzen. Für Weiterbildungswillige, die dort nicht arbeiten, ist die Bewertung daher recht nutzlos.
Aber schließlich dürfte der Nutzen für den Verbraucher auch eher im Hintergrund stehen und primär dürfte es um den Verkauf des Focus-Gütesiegel für ein paar Tausend Euro gehen – so war es bereits im vergangenen Jahr und das ist auch das beliebte Geschäftsmodell von Focus.
Im vergangenen Jahr hatte Focus zusammen mit Xing in einer mehr als fragwürdigen Umfrage Top-Coaches ausgezeichnet. Damals brachten die Coaching-Verbände die Sache auf den Punkt: „Aus Sicht des Roundtable der Coachingverbände, einem Zusammenschluss der 13 größten Coachingverbände in Deutschland, dient das gemeinsam von Xing und Focus verfolgte Projekt allerdings eher den Marktinteressen der Initiatoren als besserer Transparenz im Coachingmarkt.“
Dabei scheint es so etwas wie einen Reflex zu geben. Sobald sich Menschen oder Institutionen auf einer Rangliste wieder finden, egal wie fragwürdig diese ist, werben sie stolz mit ihrer Platzierung. „Zweiter Platz im Deutschland Test FocusRanking“, jubelt die Quadriga Hochschule und wirbt auch auf ihrer Homepage groß damit.
Regelrecht aus dem Häuschen über die Auszeichnung ist man auch bei der Akademie für Führungskräfte und schreibt. „Das Angebot an beruflichen Aus- und Weiterbildungen in Deutschland ist groß – ebenso wie die Unterschiede in der Qualität, im strategischen Ansatz und den Methoden der Anbieter. Um Interessierten einen Überblick über die besten Anbieter zu ermöglichen, hat das Beratungshaus Service Value im Auftrag von Focus Money Deutschland Test den Markt unter die Lupe genommen. In der breit angelegten Untersuchung war die Frage, wie zufrieden die Teilnehmer mit den unterschiedlichen Anbietern sind, von zentraler Bedeutung. Als „Bestes Institut für berufliche Bildung“ wurde die Akademie für Führungskräfte ausgezeichnet.“
Man darf daher gespannt sein, wem die Nutzung des Focus-Siegels rund 10.000 Euro pro Jahr wert ist.
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