Prozess gegen Ex-EBS-Präsident Jahns: Hilferuf statt Intrige
Im Untreue-Prozess gegen den ehemaligen Präsidenten der EBS Universität für Wirtschaft und Recht hat gestern auch der zweite Hauptbelastungszeuge zugegeben, sich an die Presse gewandt zu haben. Grund dafür war die offenkundige Absicht Jahns, rund eine halbe Million Euro aus der Hochschule dafür zu verwenden, um Schulden für seine Privatfirmen zu bezahlen.
Jahns ist angeklagt, 180.000 Euro aus der Hochschule an die Beraterfirma Brainnet bezahlt zu haben, ohne dass es dafür entsprechende Leistungen gab. Der damalige Hochschulpräsident war selbst an Brainnet beteiligt. Er bestreitet die Vorwürfe.
Doch offenkundig wollte Jahns noch deutlich mehr Geld aus der Hochschule herausziehen. Am 15.Oktober 2010 hatte Jahns eine E-Mail an den kaufmännischen Leiter der EBS geschickt. Überschrift: „Memo Rückzahlungen Aufbaukosten SMI“ (SMI steht für das von Jahns damals geleitete Supply Management Institut an der Hochschule). „Ich weiß nicht, wo ich das Geld hernehmen soll, um diese Kosten zu decken, wenn nicht aus dem SMI. Ich denke, hierfür sollten wir dann meinen SVI (gemeint ist der SVI-Lehrstuhl an der EBS) nehmen“, schrieb Jahns als Inhaber des SVI-Lehrstuhls.
Es folgt eine Mail des damaligen Controllers von Brainnet, mit detaillierten Anweisungen wie das Geld von der Hochschule an die Firmengruppe von Brainnet bezahlt werden sollte. Unter „Planung SMI 2011 bis 2015 berücksichtigen“ werden „Aktivierte Aufbaukosten Ausland, die bisher zur Rückzahlung mit dem SMI vereinbart sind“ ausgeführt. Gesamtrückzahlungsbedarf: 414.555 Euro. „Die Positionen müssen ebenso als Beratungsleistungen Ausland, Angebotserstellung etc. deklariert werden“, schreibt der Controller. Dazu kommen weitere „aktivierte“ 125.600 Euro für die LCC AG. Dahinter steht The Logistics Consulting Company, ebenfalls eine Firma, an der Jahns beteiligt war. „Hier ebenso Beratungsleistungen als Ausweis vermerken“, heißt es.
Fraglich ist jedoch, ob den Rechnungen auch entsprechende Leistungen zugrunde liegen. Zumindest fehlen die Belege und Verträge. So legte der Brainnet-Buchhalter dem kaufmännischen Leiter der EBS lediglich eine offenbar speziell für ihn zusammengestellte „Version“ mit der Überschrift „Habenbuchungen = Gegenfinanzierung im Zeitraum“ vor. In der Tabelle stehen angebliche Kosten von 2004 bis 2009 in Gesamthöhe von 529.546 Euro.
Am 24.Dezember schrieb Jahns dann die Anweisung an den Brainnet-Controller: „Bitte mache die Rechnung fertig. Wir stellen jeweils am Jahresanfang die 124.811 von SMII an die EBS, SMI.“ Hinter dem SMII steht wiederum eine ehemalige Jahns-Firma.
Der „Hilferuf“ der beiden Kronzeugen hatte daher offenkundig eine konkrete Grundlage. Man wollte auf mögliche Veruntreuungen in größerem Umfang hinweisen. An Jahns wollten sich die beiden nicht wenden. Auch der Aufsichtsrat schied aus. Der hatte bereits zuvor Jahns fragwürdige Spesenabrechungen gedeckt.
Zur Ausführung des Zahlungsplans kam es dann nicht, nachdem der Spiegel im Januar 2011 über die fragwürdigen Verflechtungen der Hochschule mit Jahns Privatfirmen berichtete. Jahns hält dagegen bis heute daran fest, dass hinter den Vorwürfen lediglich eine Intrige gegen ihn steckt. Sein Erfolg hätte die EBS-Mitarbeiter neidisch gemacht.
Anfang September hatte Christian Rast, Chef der Beraterfirma Brainnet, die inzwischen zu KPMG gehört, den beschuldigten Jahns vor Gericht entlastet. Dabei geht es um die vier Rechnungen in Höhe von 180.000 Euro, denen laut Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft keine nachweisbaren Leistungen zugrunde liegen und die Gegenstand des Untreue-Prozesses sind. Laut einem Bericht des Wiesbadener Kuriers habe Brainnet 2009 und 2010 mindestens 133 Beratungstage zugunsten der EBS dokumentiert. Die Beratung habe fortlaufend Leistungen für die Hochschule erbracht. Eine schriftliche Vereinbarung habe es aber nicht gegeben.
Anfangs hatte Rast gegenüber der Staatsanwalt behauptet, die Beratungsleistungen für die EBS sollten pro bono – also kostenlos – erbracht werden. Nun machte er offenbar eine Kehrtwende. Es habe keinen Beschluss der Brainnet-Gesellschafter gegeben, die Beratungsleistungen der EBS nicht in Rechnung zu stellen. So zeigt ja auch Jahns Mail vom Oktober 2010, dass Brainnet durchaus von der EBS profitieren wollte – offenbar sogar ohne dass es dafür konkret benennbare Leistungen gab.