MBA in Deutschland: Wo Berufserfahrung als Studienleistung gilt
Als weiterbildender Studiengang setzt der MBA in Deutschland Berufserfahrung voraus und die wird dann auch gleich als Studienleistung anerkannt. Zum Beispiel beim „MBA Beschaffungsmanagement“ an der Technischen Hochschule Ingolstadt. Die meisten Studenten beginnen dort gleich mit dem zweiten Semester. Das ist in Deutschland zwar regelkonform, aber auch absurd.
Wer auf den Lehrplan des „MBA Beschaffungsmanagement“ an der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) schaut, reibt sich verwundert die Augen. Denn das erste Semester beginnt nicht – wie üblich – mit Pflichtkursen, sondern mit Wahlpflichtmodulen. Dazu gehören unter anderem „Grundlagen des Beschaffungsmanagements im Unternehmen, aktuelle Themen des angewandten Beschaffungsmanagements, Methodenkompetenz, Führen – sich selbst und andere.“
Der Grund für die seltsame Reihenfolge der Kurse: Die Teilnehmer bekommen die Wahlpflichtkurse aufgrund ihrer Berufserfahrung angerechnet. „Dieser berufsbegleitende Studiengang richtet sich an Teilnehmer mit Berufserfahrung“, schreibt die Hochschule. „Diese erwerben in ihrer beruflichen Praxis Kompetenzen, die konsekutiven Masterstudenten im Studium erst beigebracht werden müssen. Diese Kompetenzen werden in den dargestellten Wahlpflichtfächern angerechnet. Dabei handelt es sich sowohl um fachliche als auch überfachliche Kompetenzen. Das Studium beginnt also im Regelfall mit dem Curriculum des zweiten Semesters nach dem Anrechnungssemester.“ Deshalb bekommen die Teilnehmer bereits 15 von insgesamt 90 ECTS (30 davon entfallen auf die Masterarbeit) anerkannt.
Dazu muss man wissen, dass zu den Zulassungskriterien für den „MBA Beschaffungsmanagement“, den die Ingolstädter Hochschule zusammen mit dem Autobauer Audi entwickelt hat, eine mindestens „zweijährige einschlägige qualifizierte Berufserfahrung aus dem Umfeld der Beschaffung, des Einkaufs oder der Logistik nach Abschluss des Hochschulstudiums“ gehört – was natürlich im Widerspruch zum international üblichen MBA-Konzept steht. Denn danach ist ein MBA-Studium grundsätzlich für Akademiker aus allen Branchen und Funktionen offen.
Im Klartext bedeutet das: Die Zulassungsvoraussetzung wird bereits als Studienleistung angerechnet. Sehr hoch sind die Anforderungen dabei nicht. So genügt es beim Modul „Führen – sich selbst und andere“, fachliche Teams geleitet zu haben, und „betriebliche Zusammenhänge zu verstehen und im wissenschaftliche Kontext zu hinterfragen, um alternative Lösungen erarbeiten zu können“ sowie „überzeugend kommunizieren zu können“. Führungstheorien, Führungsmodelle, Grundlagen der Mitarbeiterführung – Fehlanzeige.
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Das sei alles regelkonform und mit dem Bayerischen Ministerium so abgesprochen, betont Professor Thomas Doyé, Vizepräsident der THI. Das bestätigt auch Olaf Bartz, Geschäftsführer des Akkreditierungsrates, der sich über die von ihm beauftragten Akkreditierungsorganisationen um die Qualität neuer Studiengänge kümmert. Außerhochschulisch erworbene Kompetenzen, die den Zugang zu einem Studium eröffnen, dürfen außerdem auch angerechnet werden, schreibt Bartz. Dies habe die Kultusministerkonferenz explizit in Auslegungshinweisen zu den ländergemeinsamen Strukturvorgaben festgehalten. Zudem sei es auch die politische Stoßrichtung, berufliche Kompetenzen leichter als früher auf ein Hochschulstudium anzuerkennen.
Beim MBA-Studium ist das allerdings absurd, weil es ja gerade auf der Berufserfahrung und die im Job erworbenen Kompetenzen aufbaut. Zudem könnten sich dann eigentlich fast alle MBA-Programme das erste Semester sparen und wie Ingolstadt ein Sechstel – oder sogar mehr – des Studiums allein aufgrund der Berufserfahrung anrechnen.
Doch das ist leider nicht die einzige Absurdität im deutschen MBA-Markt. Auch Studiengänge, die inhaltlich keinem General-Management-Programm, sondern eher einem fachspezifischen Master-Studiengängen entsprechen, können sich nicht nur MBA nennen, sie werden auch noch akkreditiert.
Zwar hat auch die FIBAA als deutsche Akkreditierungsagentur die europäischen MBA-Leitlinien der European Foundation for Management Development (EFMD) unterschrieben und sich zu deren Einhaltung verpflichtet. Doch konsequent umsetzen kann die FIBAA sie in Deutschland nicht. Akkreditierungsrat-Chef Bartz formuliert es so: „Das international übliche MBA-Verständnis hat keinen Eingang in die in Deutschland gültigen Regeln gefunden.“