Trump: Feldzug gegen internationale Studierende

Von am 25. April 2025
pixabay-Ralfkysegel

US-Präsident Donald Trump vergrault internationale Studierende. Mehr als 1.800 Visa wurden bereits – oftmals ohne klare Gründe – widerrufen. Besonders auf die Harvard University hat er es abgesehen.

Mehr als 1.800 Studenten an mehr als 270 Colleges und Hochschulen haben ihren Studentenstatus im Zuge des harten Durchgreifens der Trump-Administration gegen Einwanderung und angeblichen Antisemitismus verloren. Und es werden täglich mehr. Inside Higher Ed sammelt die Meldungen und stellt seit dem 8. April täglich zweimal aktualisierte Daten von Hochschulen und Universitäten zusammen, die Visumsaufhebungen für derzeitige Studierende gemeldet haben.

Über 1.800 das sind weit mehr als die von Außenminister Marco Rubio ursprünglich geschätzten 300 Studenten. Er behauptete, die Studenten wollten in die USA einreisen, „nicht nur um zu studieren, sondern um sich an Bewegungen zu beteiligen, die Universitäten verwüsten, Studenten belästigen, Gebäude übernehmen und Chaos verursachen“.

Internationale Studierende können ihre Rechtsstellung in den USA verlieren, wenn sie die Bedingungen ihres F-1-Visums nicht erfüllen. Dazu gehört, dass sie als Vollzeitstudenten eingeschrieben sind, während des ersten Jahres nicht außerhalb des Campus arbeiten, über genügend Geld verfügen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, und einen Wohnsitz im Ausland unterhalten. Das Visum eines Studenten kann aber auch aus anderen Gründen widerrufen werden, z. B. wegen krimineller Aktivitäten, Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit, falscher Angaben oder Betrug.

Die Trump-Administration hat wiederholt erklärt, dass Visa ein „Privileg“ sind und jederzeit aus einer Vielzahl von Gründen widerrufen werden können. Bei vielen Studierenden sind die genauen Gründe nicht bekannt, und die Hochschulen erfahren oft erst von den Änderungen, wenn sie eine von der Regierung geführte Datenbank über den Visastatus internationaler Studierender überprüfen.

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Schlagzeilen über die zunehmenden Fälle, in denen internationale Studierende von der US-Einwanderungsbehörde ICE (Immigration and Customs Enforcement) aufgegriffen werden, nur um ihre Studentenvisa wegen eines früheren Verstoßes gegen das Gesetz zu widerrufen, häufen sich.

An der Carlson School of Management der University of Minnesota wurde am 27. März ein MBA-Student abgeholt. Doğukan Günaydın, ein 28-jähriger Türke, sitzt seit fast einem Monat in einer Gefängniszelle, nachdem sein Visum wegen Trunkenheit am Steuer zwei Jahren zuvor widerrufen worden war. Günaydın bekannte sich der Trunkenheit am Steuer für schuldig und hörte ganz auf, Auto zu fahren. Dennoch wurde er von Männern in Kapuzenpullis abgeholt, mit Handschellen gefesselt und in ein Auto ohne Kennzeichen gesetzt. Er hat Trump wegen seiner Inhaftierung verklagt

Die Kombination aus gezielten Verhaftungen und Berichten über groß angelegte Visumsaufhebungen hat die Hochschulen und die Studierenden – von den größten öffentlichen Universitäten bis hin zu den Eliteunis der Ivy League – verunsichert. Einige Studienrende versuchen daher in ein anderes Land zu wechseln und ihr Studium dort fortzusetzen.

Besonders die Harvard University ist Trump verhasst. Das Heimatschutzministerium hat Harvard letzte Woche aufgefordert, bis zum 30. April „detaillierte Aufzeichnungen“ über „illegale und gewalttätige Aktivitäten“ der Inhaber ausländischer Studentenvisa zu übermitteln. Er droht sogar damit, der Universität die Aufnahme internationaler Studenten zu untersagen. Die Studentenschaft von Harvard besteht zu etwa 27 Prozent aus internationalen Studenten, die der Harvard Business School hat 35 Prozent im MBA-Programm.

Har­vard lehnt es ab, sich weit­rei­chen­den For­de­run­gen der US-Re­gie­rung zu un­ter­wer­fen. Trump ließ dar­auf­hin Mil­li­ar­den an För­der­gel­dern ein­frie­ren. Die Universität hat nun die US-Regierung verklagt. Begründet wird die Klage unter anderem, dass die Trump-Regierung damit die akademische Freiheit gefährde. Die Regierung behalte gezielt Bundesmittel ein, „um Kontrolle über die akademische Entscheidungsfindung an der Harvard-Universität zu erlangen“. Die Maßnahmen seien „willkürlich“ und missachteten unter anderem den ersten Verfassungszusatz, der die Redefreiheit garantiert.

Vor kurzem beschimpfte Trump die Universität erneut auf seiner Onlineplattform Truth Social als „antisemitische, linksextreme Institution“ und „ein liberales Durcheinander“. Die Eliteuniversität sei eine „Bedrohung für die Demokratie“. Sie erlaube es einer bestimmten Gruppe von Verrückten, Zorn und Hass zu verbreiten.

Kurz nach Ostern unterzeichneten mehr als hundert Universitäten, Colleges und Wissenschaftsorganisationen in den USA eine gemeinsame Erklärung. Sie werfen Trumps Regierung „beispiellose Übergriffe und politische Einmischung“ vor, die das amerikanische Hochschulwesen gefährdeten. Der Kampf ist bei weitem noch nicht beendet.

Nun hat sich Trump auch die Akkreditierungsorgansationen vorgeknöpft. Von der Akkrediterung hängt teils die Zuteilung von Bundesmitteln ab. Die für MBA-Programme relevante, weltweit tätige Akkreditierungorganisation AACSB hat bereits ihre Diversitätsrichtlinien aufgehoben und sieht sich daher massiver Kritik ausgesetzt.

Nun schreibt auch das MBA-Portal Poets &Quants, das stets sehr US-freundlich ist, dass MBA-Interessenten ihr künftiges Studium in den USA überdenken. So berichten MBA-Berater, die Interessenten dabei unterstützen, einen der bisher begehrten Studienplätze zu bekommen, dass sie jetzt Kunden hätten, die sogar an der Stanford Graduate School of Business und der Harvard Business School angenommen wurden und jetzt aktiv darüber nachdenken, ob sie die Annahme des Studienplatzes nicht ablehnen sollten – aufgrund des Vorgehens der Trump Regierung.

Mehrere Topschulen haben dieses Jahr einen erheblichen Anstieg internationaler Bewerber gemeldet. Aber die meisten dieser Bewerbungen wurden vor Trumps Amtsantritt verfasst und in den ersten beiden Zulassungsrunden eingereicht. Die MBA-Bewerbung – vor allem an einer Topschule – ist eine langfristige Sache. Sie beginnt in der Regel ein Jahr vor Studienbeginn. Ob dann noch jemand in den USA studieren will, wird sich zeigen.

Dabei sind die Business Schools zunehmend auf internationale Studenten angewiesen. Sie machen zum Beispiel an der Columbia Business School, der Michigan Ross School of Business oder an der Duke Fuqua School of Business 40 Prozent oder mehr ihrer Klassen aus. Fallen die Studiengebühren weg, wird es eng für viele Schulen.

Die finanziellen Folgen sind enorm. Internationale Studierende bringen rund 44 Milliarden Dollar in die USA und sind für etwa 378.000 Arbeitsplätze verantwortlich. Doch das stört Trump nicht. Genauso wie er das Wissenschaftssystem der USA gezielt zerstört, tut er alles, um die USA zu einem unattraktiven Land für ein MBA-Studium zu machen.

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.