Studie zu MOOCs: Anspruch gescheitert

Von am 22. April 2019
MOOCs Fotolia ©momius

MOOCs – Massive Open Online Courses – standen für die große Disruption und Demokratisierung im Bildungsbereich. Nun zeigt eine Studie, dass die Online-Kurse nicht nur extrem hohe Abbruchquoten haben, sondern auch an Attraktivität verlieren.

Kostenlose Online-Kurse von Topuniversitäten, die jedem offenstehen, sollten das Lernen demokratisieren. Auch viele Business Schools – wie etwa die Wharton School, die Harvard Business School, die HEC Paris oder die spanische IE Business School – bieten Online-Kurse an. Manchmal sind es sogar Kern- oder Wahlkurse aus ihrem MBA-Programm. Doch nun zeigt eine Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT), dass die Kurse der letzten fünf Jahre im Schnitt eine Abbruchquote von rund 96 Prozent haben.

Untersucht wurden die Teilnehmer, die sich von 2012 bis 2018 für einen Kurs am MIT und an der Harvard University auf ihrer gemeinsamen Lernplattform edX registriert und den Kurs angesehen haben. Die Daten umfassen 5,63 Millionen Lernende bei 12,67 Millionen Kursregistrierungen.

Von allen MOOC-Teilnehmern haben 2017/2018 nur 3,13 Prozent ihre Kurse beendet. Im Vorjahr waren es noch vier Prozent und 2014/2015 noch fast sechs Prozent. Bei den „verifizierten Kursen“, für die Teilnehmer für ein Abschlusszertifikat bezahlten, waren es 2017/2108 lediglich 46 Prozent. In den beiden Jahren davor lag der Anteil noch bei 56 Prozent. Zudem ist die Zahl der Nutzer, die sich im nächsten Jahr erneut für einen MOOC eingeschrieben haben, von Jahr zu Jahr gesunken. Waren es 2012/2013 noch 38 Prozent, lag ihre Zahl 2016/2017 nur noch bei sieben Prozent.

Dass sich die Abschlussquoten trotz sechs Jahren Investment in die Kursentwicklung und Lernforschung sogar noch verschlechtert haben, sei problematisch, schreiben die beiden Forscher Justin Reich and José A. Ruipérez-Valiente in ihrem Artikel „The MOOC pivot“. Eine Strategie, die darauf beruhe, neue Teilnehmer für eine Hochschulbildung zu gewinnen, könne nicht funktionieren, wenn es den Institutionen nicht gelingt, die Lernenden so zu untersützen, dass sie ihre Zeit und ihr finanzielles Investment dafür einsetzen, einen Kurs abzuschließen und damit ihren Wert auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen.

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Auch die häufig verbreitete Aussage, mit MOOCs ermögliche man auch Teilnehmern in Ländern mit einem schlechten oder fehlenden Bildungsangebot eine hochqualitative Bildung, erweist sich nach der Analyse der Forscher als falsch. So kamen 68,7 Prozent der Teilnehmer 2017/2018 aus Ländern mit sehr hoch entwickelten Bildungsangeboten. Rund ein Drittel kam aus Ländern mit einem hohen und mittleren Angebot und nur 1,43 Prozent aller MOOC-Teilnehmer kamen aus Ländern mit einem schlechten Bildungsangebot.

Die versprochene Demokratisierung von Hochschulbildung durch MOOCs sei damit gescheitert. „Neue Lerntechnologien sind selten disruptiv, sondern werden bestimmt durch die vorhandenen Kulturen und Systeme“, so die Autoren. Eine tatsächliche Expansion von Bildungsmöglichkeiten für bisher vernachlässigte Populationen bedürfe politischer Aktionen, die den Fokus, die Finanzierung und das Ziel höherer Bildung verändern. Das erreiche man nicht durch Technologien allein.

 

 

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.