Strafprozess gegen Ex-EBS-Präsident Jahns: Sprachlose Justiz

Von am 21. April 2016
Fotolia ©Mathias Weil

Seit Oktober 2014 ruht der Strafprozess gegen den ehemaligen Präsidenten der EBS Universität für Wirtschaft und Recht, Christopher Jahns, weil der Angeklagte als verhandlungsunfähig gilt. Im Januar wollte die Wirtschaftsstrafkammer Wiesbaden eine neue gesundheitliche Begutachtung des Angeklagten veranlassen. Seitdem schweigt sie. Jahns hat inzwischen weitere Firmen gegründet und offenbar große Pläne.

Bei der für das Strafverfahren zuständigen Wirtschaftsstrafkammer in Wiesbaden scheint man erhebliche Kommunikationsprobleme zu haben. „Bezug nehmend auf Ihre E-Mails vom 01.03. und 08.03.2016 kann ich Ihnen leider vor einer Rücksprache mit dem Vorsitzenden der zuständigen Kammer keine Auskunft erteilen. Diese Rücksprache war bislang noch nicht möglich. Wir werden unaufgefordert auf die Anfrage zurückkommen“, schreibt die stellvertretende Pressesprecherin Kathleen Mittelsdorf am 8.März. Doch es passierte nichts. Auf eine weitere Anfrage am 4.April gibt überhaupt keine Antwort mehr.

Bereits am 1.März hatte auch die Staatsanwaltschaft erklärt, sie habe die Einholung eines Gutachtens zur Frage der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten beantragt. Der Verteidiger von Herrn Jahns habe sich dagegen ausgesprochen. „Eine abschließende Entscheidung der Kammer liegt wohl noch nicht vor“, hieß es jetzt. Bis heute sei keine Entscheidung bekannt.

Dem ehemaligen Präsidenten der EBS Universität für Wirtschaft und Recht wird vorgeworfen, dass er 180.000 Euro veruntreut hat. Das Geld wurde von der Hochschule an die Beratungsfirma BrainNet überwiesen, an der Jahns damals beteiligt war, ohne dass es – so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft – dafür entsprechende Leistungen gab. Die Gelder sollen dann von BrainNet an Jahns eigene Firmen in der Schweiz weiter geleitet worden sein. Zeitweise war er damals an 17 Beratungsunternehmen mit teils ähnlich klingenden Namen beteiligt.  Seit April 2013 stand Jahns, der seine Schuld bestreitet, vor Gericht.

Im Oktober 2014 hat die Wirtschaftsstrafkammer in Wiesbaden die Hauptverhandlung dann ausgesetzt und das Strafverfahren vorläufig eingestellt, bis der Angeklagte wieder verhandlungsfähig ist. Jahns hatte damals ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten vorgelegt, das ihn für verhandlungsunfähig erklärte.

Unterstützen Sie MBA Journal mit einem Betrag Ihrer Wahl, wenn Sie weiter fundiert recherchierte News lesen wollen.
Spenden mit dem PayPal-Button

Seit der Ankündigung im Januar, eine neue Begutachtung zu veranlassen, ist mehr als ein Vierteljahr vergangen, in dem die Strafkammer offenbar untätig war, zumindest aber sprachlos ist. Damals hieß es, dass das Gericht eine neue Begutachtung veranlasse, ob weiterhin Verhandlungsunfähigkeit besteht. Sollte Jahns wieder verhandlungsfähig sein, muss der Prozess neu aufgerollt werden.

Es gebe keine Fristen, in denen die Wirtschaftsstrafkammer eine Entscheidung treffen müsse, erklärt die Staatsanwaltschaft. Einstellen könne sie das Verfahren allerdings ohne Zustimmung der Staatsanwaltschaft nicht. Die Verjährungsfrist für gewerbsmäßige Untreue in einem besonders schweren Fall – so wie es in der Anklage formuliert ist – liegt bei zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der vorläufigen Einstellung des Strafverfahrens – das wäre also Oktober 2024.

Dass Jahns´ Verteidiger gegen eine neue Gesundheitsprüfung ist, erscheint verständlich. Schließlich ist Herr Jahns auch schwer beschäftigt. Bereits seit dem Frühjahr 2014 fungiert er als Geschäftsführer der Smarter Education Group in Berlin. Im Januar trat er als Founder & CEO, Digital Berlin bei einem Kongress auf und hat offenbar ambitionierte Pläne. „To become no1 place to be for co-working and corporate training and events Germany-wide”, heißt es auf der Website von Digital.Berlin, die nicht nur sehr verwirrend ist, sondern auch kein Impressum hat.

Seit Dezember 2015 ist er zudem Geschäftsführer der Firma X-WORK EXponential Education & CoWORKing GmbH. Zu deren Geschäftszweck heißt es: „Aufbau, Halten und Entwickeln von Beteiligungen in den Bereichen Digital Business, Professional Education, Event, Co-Working und Real Estate sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, nicht für Dritte und unter Ausschluss erlaubnispflichtiger Tätigkeiten insbesondere nach dem Kreditwesengesetz (KWG) oder dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB).“

Doch dem nicht genug. Seit 8.Januar 2016 ist er auch Geschäftsführer der Firma DBC Digital Berlin Coworking GmbH. Geschäftszweck: „Entwickeln, Mieten und Vermieten von kreativen Office- und Lernflächen; Angebot von Co-Working Arbeitsplätzen inkl. Hardware Co-Working; Mieten und Zurverfügungstellung von Eventflächen, Tech- und Showrooms, Food/Non-Food/Club-Flächen; Durchführung von Veranstaltungen zur Bewerbung und Förderung von Office-, Lern- und weiteren Kreativ-Flächen.“

Einen Tag zuvor , am 7. Januar, hat seine Ehefrau Nicole Gaiziunas-Jahns die Firma XU EXponential EdUcation GmbH an derselben Adresse gegründet und leitete sie als Geschäftsführerin. Die Namensähnlichkeit dürfte kein Zufall sein.

Gaiziunas, die früher auch für die EBS tätig war, fungierte zuletzt als Geschäftsführerin des Institute of Corporate Education (Incore) in Berlin, mit dem die Wirtschaftsprüfung KPMG eine Plattform zur Weiterbildung der Zukunft aufbauen wollte. 2015 wurde das erst Ende 2012 gegründete Institut bereits wieder geschlossen.

Geschäftszweck der Firma XU EXponential Education: „Entwicklung und Anbieten von Trainings und Professional Education Programmen im Bereich Digital Business und Digital Transformation; Online Trainings, on-site Trainings; Aufbau von Corporate Academies zum Digital Business; Aufbau von Digital Labs; Systematisierung von Lerninhalten auf Content-Plattformen; Betreiben von internen und externen Academies, blended, online und/oder offline/on-site.“

Offenbar geht es dabei auch um die Einrichtung eines großen Campus mit „Learning Areas“, „Innovators School“, „XU Digital Transformation School“, „Corporate Coworking“ und einer Ausstellungshalle auf einem ehemaligen Berliner Fabrikgelände, möglicherweise einer Brauerei. Das suggeriert zumindest das am 30.März hochgeladene Video der XU EXponential Education auf Youtube.

Unter dem Video stand: „Google & Microsoft Campus – XU Uni Berlin EXponential Education. In Berlin entsteht in den nächsten Jahren der künftige Campus der Techriesen Google und Microsoft.“ Die Unterzeile wurde inzwischen zwar wieder gelöscht, aber noch auffindbar.

Das passt zumindest zu dem Gerücht, Herr Jahns plane nach eigenen Angaben etwas „ganz Großes“ und habe dazu bereits Google und Microsoft als Kunden gewonnen. Auf Nachfrage, ob Google denn etwas mit damit zu tun habe, antwortete Google-Pressesprecher Ralf Bremer, er habe noch nie von einem derartigen Projekt gehört.

Während das Untreue-Verfahren gegen Jahns in Wiesbaden weiter ruht, ermittelt man bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt noch immer wegen des Verdachts des gemeinschaftlichen Betruges gegen ehemalige EBS-Mitarbeiter, darunter auch gegen Jahns. Dabei geht es darum, ob ein Teil der 24,7 Millionen Euro – die Rede war von mindestens 1,6 Millionen Euro -, die das Land Hessen der Privathochschule für den Aufbau ihrer neuen juristischen Fakultät bezahlt hat, missbräuchlich verwendet wurde. Die Ermittlungen laufen bereits seit April 2014. Auf Anfrage heißt es: „Die Ermittlungen, insbesondere die Auswertung umfangreicher elektronischer Daten, dauern an.“

Die Vorwürfe und die Anklage gegen Jahns, der bis April 2011 CEO und Präsident der EBS Universität für Wirtschaft und Recht war, hatten die Privatuniversität in eine massive Krise gestürzt.

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.