Steinbeis Hochschule: In drei Wochen zum MBA

Von am 7. September 2015
Reinhard Ferdinand, CCO

Wer an der School of International Business and Entrepreneurship (SIBE) der Steinbeis-Hochschule Berlin einen berufsbegleitenden Master of Science (M.Sc.) in International Management absolviert, bekommt in drei Wochen auch noch den MBA-Abschluss einer brasilianischen Hochschule gratis dazu. Zahlreiche namhafte deutsche Unternehmen fördern das.

„Studieren in Brasilien? Einfach geil!“, schreibt eine Telekom-Mitarbeiterin in einem Blog der Telekom „Ich mache ja meinen berufsbegleitenden Master zusammen mit der School of International Business and Entrepreneurship, kurz SIBE in General Management. Während dieses zweijährigen Studiums sind auch drei Wochen Auslandsstudie in Brasilien vorgesehen. Neben Kennenlernen der brasilianischen Wirtschaft, Land und Leute müssen wir für unser eigenes Unternehmensprojekt einen 30seitigen Globalisierungsplan aufstellen und diesen dann vor Ort verteidigen. Gelingt dies erfolgreich, erhält man nach Abschluss des Studiums zusätzlich den international anerkannten Abschluss MBA von der brasilianischen Partner-Hochschule Universidade de Taubaté (UNITAU).“

Die Telekom ist nur eines der zahlreichen deutschen Unternehmen, das diesen „Mogel-MBA“ unterstützt, indem sie ihren Mitarbeitern das Master-Studium mit zusätzlicher kostenloser MBA-Option finanziert. Auch die Allianz, Bosch, Daimler und Siemens sowie unzählige andere Unternehmen gehören dazu.

Denn wer das Master-Studium absolvieren will, braucht einen Arbeitsplatz, an dem er während des Studiums Projekte bearbeitet und den wiederum vermittelt Steinbeis. Das Mindestgehalt liegt bei 24.000 Euro für zwei Jahre. Dazu kommen Studiengebühren etwa in gleicher Höhe. Für insgesamt rund 2.000 Euro im Monat bekommen die Unternehmen damit einen Mitarbeiter mit Bachelor-Abschluss. Eingestellt werden die Master-Studenten häufig mit einem Praktikantenvertrag.

Und wer zwei Jahre für wenig Geld arbeitet, erhält dann als besonderen Köder noch den MBA-Abschluss kostenlos dazu. „Um unser Master-Angebot attraktiver zu gestalten, haben wir gemeinsam mit unseren Partneruniversitäten im Ausland eine Double-Degree-Option ins Leben gerufen“, heißt es auf der Website von Steinbeis-SIBE im baden-württembergischen Herrenberg.  Bereits in der ersten Woche an der Partneruniversität steht dabei die Betreuung der MBA-Thesis auf dem Programm, die dann schon in der zweiten Woche fertig gestellt wird. In der dritten Woche erfolgt die MBA-Abschlussprüfung. Zudem gibt es Firmenbesuche und ein Kulturprogramm.

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Derzeit scheint es das Programm nur mit der brasilianischen Partnerschule zu geben. Die Brasilianer erkennen dabei die Studieninhalte und Leistungsnachweise aus dem Master-Studium in Deutschland an, schreibt SIBE. „In einem zweiten Schritt erbringen die Studierenden einen Teil der erforderlichen Seminarinhalte und Leistungsnachweise vor Ort. Die ausländische MBA-Thesis wird in Deutschland vorbereitet und schließlich im Ausland abgegeben und verteidigt. Wenn alle Leistungsnachweise in Deutschland und in Brasilien erfolgreich erbracht worden sind, verleiht die internationale Partner-Universität den ausländischen MBA.“

Dass hinter dem M.Sc. als wissenschaftlich ausgerichtetem Studium für Teilnehmer ohne Berufserfahrung ein ganz anderes Konzept als hinter einem praxisorientierten MBA für Berufserfahrene steckt, spielt keine Rolle. Die Brasilianer hätten eben ein anderes Hochschulsystem, heißt es. Rund 300 M.Sc.-Studenten gibt es derzeit und das MBA-Angebot werde recht häufig in Anspruch genommen.

Dabei rühmt sich SIBE damit, mehr als 3000 Bewerbungen für das Master-Studium mit der Mogel-MBA-Option zu bekommen und nur weniger als zehn Prozent der Bewerber aufzunehmen. Damit wäre es schwerer, einen Master-Studienplatz mit Praktikum an der SIBE zu bekommen als einen MBA-Studienplatz an der Harvard Business School.

Wer die Berichte über das Auswahlverfahren in verschiedenen Foren liest, dürfte da so seine Zweifel haben. Bei einem Eintrag vom Februar 2014 heißt es: „Zusammengefasst kann man sagen, dass es sich weniger um ein Online-AC handelt als um eine reine Werbeveranstaltung für die SIBE. Meines Wissens nach wurde auch wirklich jeder zum Karrieretag eingeladen. Macht euch um das Online-AC also keinen Kopf, ob ihr dieses auch „besteht“ und seid auch nicht zu stolz, wenn ihr da weiterkommt.“

„Uns ist der kritische Diskurs aus den Forenbeiträgen zu unserem Auswahlverfahren bekannt“, schreibt SIBE dazu. „Wir nehmen ihn ernst und bemühen uns daher weiterhin um eine stetige Verbesserung.“

Zudem lege man „sehr großen Wert auf die herausragende Qualität des Studiums“, schreibt die SIBE-Mitarbeiterin und weist dabei wiederholt auf das „sehr selten verliehene Premiumsiegel der FIBAA“ hin. Dabei wird der Eindruck erweckt, sogar der Mogel-MBA sei von der FIBAA akkreditiert. So heißt es bei einem SIBE-Stellenangebot: „Die Studiengänge ermöglichen Ihnen die staatlich anerkannten und FIBAA akkreditierten Abschlüsse zum … Master of Science (M.Sc.) / MBA (BR).“

Auf Anfrage stellt die FIBAA klar, dass sie den Mogel-MBA nicht akkreditiert hat und schreibt: „Wir werden die Hochschule auffordern, jegliche Hinweise, die gegebenenfalls darauf hindeuten könnten, dass der MBA auch von der FIBAA akkreditiert sei, zu entfernen.“ Allerdings fragt man sich, warum der Mogel-MBA im Akkreditierungsbericht der FIBAA nicht einmal erwähnt wird.

Auch die laut Steinbeis „herausragende Qualität des Studiums“ sieht so mancher Student offenbar anders. So schreibt ein Absolvent 2103: Es könne das Programm niemandem  „mit gutem Gewissen empfehlen“:  „schlechte Qualität der Seminare, keine wirklich neuen/ spezifischeren Themen gegenüber dem Bachelor-Studium, die monatlichen Studiengebühren in Höhe von 1.300 Euro (wovon 1.000 Euro das Unternehmen und 300 Euro der Student bezahlt) sind dermaßen überteuert und stehen in gar keinem Verhältnis zur Leistung“ und: „Steinbeis Studenten sind in vielen Unternehmen einfach nur billige Arbeitskräfte.“

Ernüchternd auch die Erkenntnisse eines anderen Absolventen: „Die zwei Jahre waren eine Verschwendung. Ich habe nicht viel Neues dazu gelernt. Wer wirklich Wissen zu einem angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnis vermittelt bekommen will, der sollte definitiv nicht zu Steinbeis.“

Beim Autokonzern Daimler ist man dagegen begeistert: „Qualifizierten Bachelorabsolventen bieten wir die Möglichkeit, einen berufsintegrierten Master in Kooperation mit der Steinbeis Hochschule zu erlangen…Hierbei machen wir seit Jahren positive Erfahrungen mit hochmotivierten Studenten, die ihr erlerntes Wissen aus den Seminaren der Hochschule im beruflichen Kontext erfolgreich anwenden.“

Wie viel Daimler den Studenten-Praktikanten bezahlt und ob diese nach dem Abschluss übernommen werden – dazu schweigt der Autobauer. Und auch die Frage, ob der Mogel-MBA  denn wirklich den Qualitätsstandards der Weiterbildung bei Daimler entspricht, wird hartnäckig nicht beantwortet.

Auch bei Bosch nützt man das Master-Angebot gern. Als Praktikanten bearbeiten die Studenten dort Projekte, bei denen die Fachabteilungen Unterstützung benötigen. Auch die Kosten für den Brasilienaufenthalt übernimmt Bosch. Nur mit dem Mogel-MBA will man nichts zu tun haben. „Wir haben nur eine Kooperation beim M.Sc.“, behauptet der Pressesprecher. Dass der Mogel-MBA sogar explizit in der Bosch-Stellenanzeige erwähnt wird, habe allein Steinbeis zu verantworten.

Bei der Allianz zieht man es bisher vor, lieber ganz zu schweigen. Siemens erklärt auf erneute Nachfrage, in der zentralen Weiterbildung wisse man nichts von der Kooperation beim dualen M.Sc. mit Mogel-MBA und sei daher sehr verwundert.  Und bei der Telekom heißt es: „Der MBA ist uns egal. Wenn die Hochschule das anbietet, um mehr Studenten zu gewinnen, dann soll sie es halt machen.“

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.