Prozess gegen Ex-EBS-Präsident: Jede Menge Schmutzwäsche

Von am 10. April 2013

Gestern begann der Strafprozess gegen den Ex-Präsidenten der EBS Universität für Wirtschaft und Recht. Die Verlesung der Anklageschrift dauerte fast eine Stunde. Christopher Jahns bemühte sich, als geläutertes Intrigen-Opfer aufzutreten, das mit seinem großen Erfolg nicht umgehen konnte. Dabei erklärte er dem Gericht schon am ersten Prozesstag, dass er fest davon überzeugt ist, dass die Justiz am Ende als Verlierer vom Platz geht.

Zunächst das Wichtigste: Christopher Jahns heiratet am 14. Juni seine Lebensgefährtin Nicole Gaiziunas.  Das betonte der Angeklagte mehrmals und gleich zu Beginn der Verhandlung. 158 von 160 eingeladenen Hochzeitsgäste hätten schon zugesagt. Verlobt sei man schon seit Anfang 2011, als die ersten Vorwürfe gegen den damaligen Präsidenten der EBS Universität für Wirtschaft und Recht auftauchten, er habe – ohne entsprechende Gegenleistungen – Geld von der Hochschule an die Beratergruppe BrainNet bezahlt, an der er selbst beteiligt war. Damals habe man sich gegenseitig versprochen, zueinander zu halten und wenn alles durchgestanden ist, zu heiraten, erzählte Jahns.

Nur durchgestanden ist noch nichts. Das Hauptverfahren am Landgericht Wiesbaden hat gestern erst begonnen. Bis Dezember sind insgesamt 28 Termine angesetzt und bei dem an den Tag gelegten Redebedürfnis von Jahns dürften diese kaum ausreichen.

SMI Group AG, BrainNet Supply Management AG, SMG Management AG – als Oberstaatsanwältin Gabriele Türmer den ersten Teil der Anklage vorliest, bei dem es um die vier Rechnungen im Wert von insgesamt 180.000 Euro geht, wird so manchem Zuhörer schwindlig von den verwirrend ähnlichen Firmenbezeichnungen, mit denen hier jongliert wurde. Detailliert legte die Staatsanwältin dar, dass den Rechnungsposten entweder keine oder keine nachweisbaren Leistungen zugrunde lagen. Jahns habe sich so in vier Fällen einen „rechtswidrigen Vermögensvorteil verschafft“.

Erwähnt wurde dabei auch die zu BrainNet gehörende SMI Campus GmbH, bis Ende 2012 exklusiver Weiterbildungsdienstleister der EBS, dessen Geschäftsführerin Gaiziunas war. SMI Campus habe 90 bis 92 Prozent der Erlöse aus dem Weiterbildungsgeschäft selbst behalten. Pro Projekt seien lediglich acht bis zehn Prozent an die EBS gegangen, dafür, dass „die Fortbildung unter dem Logo der EBS“ durchgeführt wurde, so die Oberstaatsanwältin.

Im zweiten Teil trug Staatsanwalt Wolf Jördens die 52 Fälle vor, in denen Jahns seinen – von der EBS bezahlten – Fahrer für private Zwecke benutzt haben soll.  So musste der Fahrer – laut Staatsanwaltschaft – öfter das Privatauto seiner Ex-Frau und seiner Lebensgefährtin Gaiziunas waschen und tanken, er holte Jahns Vater und seine Schwiegereltern vom Flughafen ab, brachte mehrmals Schmutzwäsche zur Reinigung, holte Boss-Anzüge in Frankfurt ab, beaufsichtigte Putzfrau und Möbelaufsteller in Jahns Privatwohnung, kaufte Pflegeartikel und eine Bohrmaschine mit Dübeln für ihn ein, holte einen Koffer von Lebensgefährtin Gaiziunas ab, fuhr ihn in ein Hotel nach Ascona und holte Gaiziunas von dort wieder ab. Die EBS zahlte dem Fahrer dafür einen Stundenlohn von 34,37 Euro. Insgesamt wurde die Privatuni damit um 7352 Euro geschädigt.

Auch wenn die Gesamtsumme letztlich nicht hoch ist, so gibt das Ganze doch einen aufschlussreichen Einblick in Jahns offenbar fehlendes Unrechtsbewusstsein. Bei den Angaben zu seiner Person bemühte er sich redlich, das Bild eines erfolgreichen Aufsteigers zu zeichnen, dem der Erfolg über den Kopf gewachsen ist („Der Erfolg war so groß. Ich konnte nicht damit umgehen“). Immer wieder präsentierte er sich als der geniale und aufopferungsvolle Retter der EBS  („Der Aufsichtsrat hatte Angst, dass die Hochschule zusammenbricht, wenn ich weggehe“). So sei die EBS 2006, als er zum Rektor gewählt wurde, in einem „grottigen Zustand“ gewesen. Trotzdem habe er sich zwei Jahre den Hintern für die Sanierung und Rettung aufgerissen. Allerdings – aus steuerlichen Gründen – weniger als 183 Tage im Jahr davon in Deutschland. Denn sein Lebensmittelpunkt war zumindest bis zu seiner Scheidung 2010 in der Schweiz bei seiner Familie, so Jahns.

Dabei durfte natürlich auch nicht die mehrmalige Betonung seiner sozialen Ader („Ich habe 700 Euro pro Monat aus eigener Tasche für eine Studentin aus Afghanistan bezahlt“) fehlen. Das alles erzähle er nur, damit das Gericht die Chance habe, „sich mit mir ganzheitlich als Person zu beschäftigen“. Über seine Vermögenswerte wollte er nichts sagen. Seit mehr als zwei Jahren sei er arbeitslos, habe sein Haus, seine Ferienwohnung und sein Auto verkauft. Heute wohnt er in Berlin zusammen mit seiner Lebensgefährtin Gaiziunas und unterstützt sie bei ihrem „harten Job bei KPMG“, den sie seit der Übernahme von BrainNet  durch die Wirtschaftsprüfung seit Ende 2012 dort hat.

Dabei gerieten Jahns Ausführungen immer wieder zur emotionalen – und mit Vorwürfen gespickten – Abrechnung mit namentlich genannten Personen. Mehrmals musste Richter Jürgen Bonk ihn daher unterbrechen und ihn ermahnen, die Dinge doch bitte zu versachlichen und auf den Punkt zu kommen. Als Jahns behauptete, sein Fahrer wäre von der EBS „brutalst unter Druck gesetzt“ worden, um belastendes Material gegen ihn vorzulegen, horchten die Staatsanwälte auf und bestanden darauf, dass der Satz ins Protokoll geschrieben wurde.

Jahns Strafverteidiger Alfred Dierlamm, der wenig souverän wirkte und die Beantwortung von Fragen der Staatsanwaltschaft ablehnte, brachte einen Prozessantrag ein, dass ein Sachverständiger eingeschaltet werden müsse, der die Leistungen von BrainNet bewertet. Denn – so die Argumentation – in Wirklichkeit habe BrainNet Leistungen von 133,5 Mann-Tagen im Wert von 409.000 Euro für die EBS erbracht. Das habe auch KPMG 2012 geprüft und bestätigt. So habe BrainNet Jahns zum Beispiel über hundert Kontakte zur Verfügung gestellt, um dort Fördergelder akquirieren zu können.

Den geeigneten Sachverständigen hat Dierlamm auch schon kontaktiert. Dabei hatte Richter Jürgen Bonk das Ansinnen bereits im Vorfeld angelehnt, wolle sich das aber nun noch einmal anschauen. Irgendwie macht es allerdings nicht so recht Sinn, warum Leistungen, die laut Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft nicht erbracht wurden, nun von einem Sachverständigen bewertet werden sollen.

Zu fünf Punkten möchte Jahns im Verlauf des Verfahrens Stellung nehmen, darunter auch zu der angeblichen Diffamierungskampagne gegen ihn. „Ich werde dazu eine Menge Aussagen machen und das mit Unterlagen belegen“, so Jahns. Und außerdem sei er der festen Überzeugung, dass in diesem Verfahren am Ende alle Verlierer sein werden. Er selbst sei wirtschaftlich und sozial ruiniert, die EBS sei kaputt, die Landesregierung werde für ihr „mutiges Projekt“ bestraft und auch die angeblichen Intriganten und die Justiz „werden als Verlierer vom Platz gehen“.

Interessante Erkenntnisse gab es auch nach dem Verhandlungstermin. Er habe sich schon mehrfach überlegt, ob er nicht nach München komme, um der Autorin einmal persönlich klar zu machen, dass „ihre Schmutzkampagne gegen seinen Sohn“ aufhören müsse, erklärte der bei der Verhandlung anwesende Vater von Jahns – was sich durchaus als Drohung auffassen lässt. Mit Drohungen gegenüber den angeblichen Intriganten soll auch der angeklagte Sohn nicht zimperlich gewesen sein. Auch das wird wohl in dem Prozess noch zur Sprache kommen. Der nächste Termin ist am 17.April.

 

 

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.