MBA-Studium: Manager statt Professoren

Von am 17. Mai 2019
Tech MBA Schwertfeger

In MBA-Kursen unterrichten immer immer öfter Manager und nicht Professoren. Wichtig ist jedoch die richtige Balance.

80 Prozent der Wahlkurse im Vollzeit MBA an der Universität St. Gallen werden von Branchenexperten unterrichtet. An der IE Business School in Madrid lehren externe Dozenten in 65 Prozent der Kurse. Und bei der IESE Business School in Barcelona werden 21 Prozent des Unterrichts von Gastprofessoren abgehalten. 70 Prozent davon sind externe nicht-akademische Mitarbeiter wie Senior Executives, Manager, Berater und Unternehmer. Das hat das MBA-Portal Poets & Quants recherchiert und dabei eine neue Entwicklung ausgemacht. So habe es in St.Gallen vor fünf Jahren noch so gut wie keine Kurse mit externen Dozenten gegeben. „Die Studenten wollen von Praktikern lernen“, sagt Ian Hawkings, Mitarbeiter bei der britischen Bildungsberatung Carrington Crisp. Die Welt ändere sich so rasant, dass die Studenten wissen müssen, was gerade in der Praxis passiert. Und Akademiker wüssten das eben oft nicht.

Das wirft allerdings auch Fragen auf. Schließlich ist ein MBA-Studium eine akademische Ausbildung, die fundierte wissenschaftliche Grundlagen vermitteln sollte. Man brauche eine gute Balance zwischen akademischer und nicht-akademischer Fakultät, sagt Rosa Pérez del Pulgar, Faculty Executive Director an der IESE Business School. Sie glaube, dass der Unterricht von Praktikern mehr Vor- als Nachteile bringe, aber es dauere lange, bis man sie auch entsprechend entwickelt habe. Schließlich sei ein guter Manager nicht unbedingt auch ein guter Lehrer. Bei IESE sei man daher vorsichtig und teste, ob die nicht-akademischen Dozenten auch gute Lehrende sind und die Ziele und Werte von IESE vertreten. Zum Gastprofessor würden sie erst nach drei Jahren Training und Supervision ernannt. In St. Gallen suche man nach Experten, die bereits Lehrerfahrung haben, sei es im eigenen Unternehmen oder extern. Dann arbeite zusammen eine Struktur des Kurses aus und bringe sie mit erfahrenen Fakultätsmitgliedern zusammen, die ihnen Feedback geben, so Poets & Quants.

Der Einsatz der Externen sei aber auch nicht in allem Bereichen des Studiums passend. So werden an der HEC Paris 90 Prozent der Grundlagenfächer von den eigenen Professoren unterrichtet, weil es hier vor allem darum gehe, rigoroses analytisches Denken zu lernen. Anders sei das bei den Wahlfächern, in denen es oft stärker auf die Erfahrung ankommt. Hier unterrichten bis zu 40 Prozent Externe wie Bankmanager im Finanzkurs oder ein Mönch im Ethikkurs. Für die Schulen haben externe Dozenten noch weitere Vorteile. Sie könnten neue Wahlkurse anbieten, ohne erst jahrelang dazu forschen zu müssen. Und zudem ist es wesentlich billiger, einen Praktiker zu beauftragen als einen Professor einzustellen.

Was an internationalen Schulen ein neuer Trend ist, gehört in Deutschland längst zum Alltag. Denn hierzulande werden die meisten MBA-Programme von Fachhochschulen angeboten, die in der Lehre schon immer stark auf Dozenten aus den Unternehmen setzen. Schließlich gilt das MBA-Studium als ein praxisorientiertes Studium. Man steigt nicht allzu tief in die Theorie ein, sondern legt den Schwerpunkt auf die praktische Anwendung. Kein Wunder, dass so mancher MBA-Studiengang eher einem nicht-akademischen Weiterbildungskurs ähnelt, in dem Praktiker und Berater ihre Erfahrungen weitergeben. Was dabei häufig missverstanden wird: Praxisorientiert bedeutet nicht, weniger auf Wissenschaft und stärker auf rein praktische Erfahrungen zu setzen. Es bedeutet praxisrelevantere Forschung zu betreiben und diese für die Praxis nutzbar zu machen.

 

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.