MBA mit Abitur

Von am 26. November 2010

Die Änderung der Hochschulgesetze erlaubt es, seit kurzem auch Interessenten ohne Erststudium für MBA-Programme zuzulassen. Der Reputation des MBA-Titels dürfte das eher schaden.

Endlich ist Udo Steffens am Ziel. Schon seit fast zehn Jahren klagt der Präsident der Frankfurt School of Finance and Management darüber, dass er die Absolventen der an seiner Schule angebotenen Bankweiterbildungen nicht zu einem MBA-Studium zulassen konnte. Schließlich galt bis vor kurzem ein erster Hochschulabschluss als Voraussetzung für das Postgraduate-Studium.

Nun ermöglicht es eine Änderung des Hessischen Hochschulgesetzes den Hochschulen, auch Teilnehmer ohne Erststudium zu einem weiterbildenden Masterstudium zulassen. Notwendig sind das Abitur oder die Fachhochschulreife und fünf Jahre Berufserfahrung sowie eine Eignungsprüfung an der Hochschule.

„Wir nützen die Öffnungsklausel, weil wir damit die Absolventen unserer Weiterbildungen ansprechen können“, sagt Steffens. Schließlich sei die Bankausbildung eben bisher nicht-akademisch. Im September startete an der Frankfurt School daher das neue Executive MBA Programm. Zwei Drittel der 32 Teilnehmer haben keinen ersten Hochschulabschluss. Viele sind Bankmitarbeiter, die nach ihrer Lehre zum Bankkaufmann eine Weiterbildung zum Bankfachwirt und diplomierten Bankbetriebswirt gemacht haben.

Wie Hessen ermöglichen immer mehr Bundesländer den Zugang zum MBA für berufserfahrene Kandidaten ohne akademische Vorbildung. Als erstes Bundesland preschte Rheinland Pfalz vor. Dort bietet zum Beispiel der RheinAhrCampus der Fachhochschule Koblenz in Remagen Interessenten ohne ersten Hochschulabschluss die Möglichkeit, ein MBA-Fernstudienprogramm zu absolvieren. Im April 2010 startete an der Fachschule Worms der „MBA in Business Travel Management“ mit sieben Studenten, mehr als die Hälfte hat kein Erststudium. Ursprünglich sollte das Programm bereits im vergangenen Jahr starten. Damals hatte man sogar Interessenten ohne Abitur die Zulassung versprochen.

„Die Aufweichung der gesetzlichen Zugangsbeschränkungen wird der Reputation des MBA-Titels sicherlich nicht förderlich sein“, befürchtet Andreas Hackethal, Dean der Goethe Business School. Das gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Abschluss bei deutschen Unternehmen noch nie ein hohes Renommee hatte. Hackethal rechnet daher damit, dass der Titel allein – ähnlich wie seit langem in den USA – keine großen Vorteile mehr bringt. Ausschlaggebend werden die titelvergebende Hochschule und deren Qualitätsmaßstäbe sein.

Doch während die meisten Fachhochschulen nicht anstreben, im Topsegment des deutschen – geschweige denn des europäischen – MBA-Marktes eine Rolle zu spielen, sieht sich die Frankfurt School schon fast an der Spitze. „Wir gehören in Deutschland sicher zu den fünf bis sieben besten Angeboten“, erklärt Steffens. Der neue Executive MBA sei ein wichtiger Schritt, um sich von einer Finanz-Hochschule zu einer Business School im General-Management-Bereich entwickeln. „Wir haben viele Jahre lang nicht sehr erfolgreich an dem Thema MBA herum laboriert“, gesteht der Präsident der Frankfurt School. Bereits 2003 bot die Schule einen Executive MBA an, der zunächst Kooperation mit der britischen Henley Business School, später dann im Alleingang durchgeführt und schließlich – mangels Teilnehmern – eingestellt wurde. „Eine weitere Kooperation mit einer renommierten Business School sei so gut wie ausgeschlossen, da uns bisher eine internationale Akkreditierung fehlt“, gesteht Steffens. Allerdings strebe die Frankfurt School einer der beiden wichtigsten Akkreditierung durch Equis oder AACSB an. Die Gefahr, durch das neue Programm ein falsches Signal zu setzen und eher mit drittklassigen Studiengängen verglichen zu werden, befürchtet er nicht. „Ich bin überzeugt, dass der MBA-Titel die Karriere unserer Teilnehmer nachhaltig fördern wird“, so der Präsident.

Oliver Maassen sieht das anders. „In der Bank sehe ich keine Notwendigkeit für den Titel“, sagt der Bereichsvorstand Personal der Hypovereinsbank in München. Das Angebot werde vor allem den Bedürfnissen der Bankmitarbeiter gerecht. Die suchten eben nach einem Titel, einer Bestätigung für ihre Lernkompetenz oder einem Job außerhalb der Bank. Zwar glaube er, dass das Programm inhaltlich durchaus gut sei, aber natürlich sei dieser MBA in keinster Weise vergleichbar mit dem einer Topschule. „Es gibt doch inzwischen nirgends ein breiteres Qualitätsspektrum als beim Executive MBA“, behauptet der Bankvorstand. Für ihn gehöre es daher zur Hausaufgabe jedes Personalmanagers, sich einen Überblick zu verschaffen und die Angebote richtig bewerten zu können.

Professor Ulrich Hommel sieht die Entwicklung dagegen deutlich kritischer. „Wir sind sehr besorgt, dass Business Schools aufgrund des wirtschaftlichen Drucks durch die Finanzkrise zunehmend neue Märkte für ihre MBA-Programme suchen, indem sie die akademischen Standards reduzieren“, sagt der Associate Director Quality Services bei der European Foundation for Management Development (EFMD), die auch das Gütesiegel Equis (European Quality Improvement System) vergibt. Gerade der deutsche Markt sei noch immer sehr fragmentiert und es fehle der Druck nach Qualität auf der Nachfragerseite für die notwendige Marktbereinigung. Der MBA sei ein Abschluss auf Masterebene und setze die erfolgreiche Absolvierung eines Programms auf Bachelor-Ebene voraus.
Das betont auch Dan LeClair, Senior Vice President der AACSB (Association to Advance Collegiate Schools of Business). Allerdings achte man bei der Akkreditierung nicht auf ein einzelnes Kriterium, sondern auf die Passung verschiedener Aspekte wie den Zulassungsvoraussetzungen und den Inhalten mit dem Ziel eines Studiengangs.

Anders ist die Situation bei den deutschen Akkreditierungsorganisationen. „Wir müssen uns an die nationalen Vorgaben der Bundesländer halten und auch solche Programme akkreditieren“, sagt Immo Schmidt-Jortzig, Leiter Programmakkreditierung bei der Fibaa (Foundation for International Business Administration Accreditation). Die Öffnung der Masterprogramme für Nicht-Akademiker sei schließlich politisch gewollt.

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.