MBA-Bashing vom Tesla-Chef: „Dumm und verlogen“

Von am 28. Dezember 2020
MBA-Bashing shutterstock vasilis asbestas

Das vor kurzem betriebene MBA-Bashing von Tesla-Chef Elon Musk wirkt wenig glaubwürdig. Denn auch bei Tesla arbeiten rund 900 MBAs, etliche davon in führenden Managementpositionen, wie das MBA-Portal Poets & Quants herausgefunden hat.

Elon Musk gilt vielen als Idol und gerade erst schaffte er es auf den Titel des Manager Magazins. „Die Methode Musk – Anleitung zum Andersein“ ist dort zu lesen. „Elon Musk vereint höchstes Tempo und höchstes Risiko mit größtem Erfolg. Dahinter steckt ein besonderer Managementstil.“

Der sieht offenbar auch so aus: Laut gegen etwas Herumpoltern, um sich damit Aufmerksamkeit verschaffen und sich als genialer Außenseiter zu profilieren – auch wenn die Kritik alles andere als fundiert ist.

So scheint es zumindest beim MBA-Bashing zu sein. So hatte Musk vor kurzem auf dem CEO Council des Wall Street Journals die MBAisierung in den USA kritisiert. Es laufe falsch mit den amerikanischen Unternehmen, weil zu viele MBAs die Fähigkeit der Unternehmen zum kreativen Denken und zur Erfüllung der Kundenbedürfnisse untergraben. Manager sollten sich stärker auf das Produkt oder die Dienstleistung fokussieren und weniger Zeit bei Vorstandstreffen und mit Finanzen verbringen.

Beim amerikanischen MBA-Portal Poets & Quants wollte man das nicht so stehen lassen und schaute sich daher genauer an, wer bei Tesla arbeitet. Dafür analysierte man die Linkedin-Profile von Tesla-Mitarbeitern und kam auf fast 900 Mitarbeiter mit MBA-Abschlüssen unter anderem von etlichen US-Topschulen wie Harvard, MIT Sloan, Wharton, Chicago Booth, Northwestern Kellogg und der Duke Fuqua School of Business, aber auch von europäischen Schulen wie der Oxford Said Business School und der IE Business School in Madrid.

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Selbst im Tesla-Topmanagement finden sich zahlreiche MBAs: Chief Financial Officer Zach Kirkhorn hat einen MBA von der Harvard Business School, Chief Information Officer Nagesh Saldi einen MBA vom St. Mary’s College of California. Der Head of Global Business Operations Colby Hastings hat seinen MBA an der Wharton School gemacht ebenso wie Angela Chadwick, Associate General Counsel bei Tesla. Jason Choi, Head of Operations für Tesla´s Energiebereich, hat einen an MBA der MIT Sloan School of Management und der Head of Investor Relations, Martin Viecha, besitzt einen MBA-Abschluss der spanischen IE Business School.

„Dumb as dirt & disingenuous, too“ titelte John A. Byrne, Gründer von Poets & Quants. Musk´s Kritik spiegele zudem eine antiquierte Ansicht der MBA-Ausbildung wider, nach der MBAs egoistische und rücksichtslose Karrieristen sind, die sich vor allem um Zahlen und nicht um Menschen, Produkte und Dienstleistungen kümmern. Das sei völlig realitätsfremd, so Byrne. Denn im Studium lernten sie heute auch, wie wichtig gute Teamarbeit und Führung seien und bekämen eine ganzheitliche – und nicht nur auf Finanzen fokussierte – Sicht auf das Unternehmen.

Grund für das kurzfristige Denken bei börsennotierten Firmen sei die Mentalität der Investoren und Märkte, aber nicht der MBA-Absolventen. Allerdings – was Byrne hier verschweigt – landen viele MBA-Absolventen im Investmentbanking oder bei Venture Capital Firmen.

Ohne grundlegende Wirtschaftskenntnisse ließe sich heute kein Unternehmen mehr erfolgreich führen, egal wie viele Ingenieure oder Informatiker es einstelle, so der MBA-Experte. Und wenn eine MBA-Ausbildung so wenig tauge, warum haben dann Tesla und andere Tech-Konzernen so viele MBAs eingestellt?

So stellte Amazon in den letzten fünf Jahren rund 1.000 MBA-Absolventen pro Jahr ein. Laut Linkedin gibt es inzwischen rund 29.000 Amazon-Mitarbeiter mit einem MBA-Abschluss. Bei Microsoft sind es 15.000 MBAs, bei Google 12.000, bei Apple 6.200 und bei Facebook 4.600.

Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass der MBA in den USA so etwas wie der Standardabschluss in Betriebswirtschaft ist, was in Deutschland früher der Diplom-Kaufmann und heute ein Master in Betriebswirtschaft ist.

Begründet wird das MBA-Bashing oft damit, dass man als Start-up-Gründer keinen MBA-Abschluss brauche, um erfolgreich zu sein. Schließlich hatten/haben der verstorbene Apple-Gründer Steve Jobs und Facebook-Chef Mark Zuckerberg auch keinen MBA. Doch das seien absolute Ausnahmen, so Byrne. Die Forschung zeige, dass 70 bis 80 Prozent aller Start-ups scheiterten. Und längst schätzten auch Investoren die Kompetenz von MBAs und investierten daher gern in Start-ups von MBA-Absolventen.

Musks Führungsstil gilt als exzentrisch und kontrollierend. Selbst seine besten Mitarbeiter soll er laut Wirtschaftswoche wie „austauschbare Werkzeuge“ behandeln. Ob das die Erfolgsformel für langfristigen Erfolg ist, bleibt abzuwarten. Ein aktueller Bericht über den arroganten und chaotischen Umgang mit Bewerbern für das neue Werk im brandenburgischen Grünheide lässt da eher Zweifel aufkommen.

 

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.