IE Business School setzt auf Liquid Learning  

Von am 10. Juni 2020
Liquid Learning IE Business School

Die IE Business School in Madrid kombiniert Präsenz- und Online-Unterricht mit Liquid Learning und holt dabei alle Studenten ins Klassenzimmer.

Die Corona-Krise stellt die Business Schools weiter vor große Herausforderungen. Selbst wenn die Hochschulen auch in Spanien wieder öffnen können, weiß niemand, wie es weiter geht. Kommt vielleicht eine zweite Welle und ein zweiter Lockdown? Und wie entwickelt sich die Situation in anderen Teilen der Welt? Können Studenten aus Lateinamerika oder den USA überhaupt ausreisen und zum Studium nach Spanien einreisen?

„Egal, wo auf der Welt die Situation gerade problematisch ist, als internationale Business School trifft uns das immer“, sagt Martin Boehm, Dean der IE Business School in Madrid. „Daher müssen wir uns für alle Szenarien rüsten.“

Die Lösung heisst Liquid Learning. Und das sieht so aus: Wer kann, nimmt am Präsenzunterricht im Klassenzimmer teil. Wer aufgrund der Pandemie nicht aus- oder nach Spanien einreisen kann, wird online ins Klassenzimmer integriert und ist auf einer Videowand auch für seine Kommilitonen live sichtbar und kann sich live am Unterricht beteiligen.

Dabei profitiert die Schule von ihrer langjährigen Erfahrung mit Online-Unterricht. Bereits 2016 präsentierte sie mit ihrem Wow-Room das Klassenzimmer der Zukunft. Der Raum auf dem IE-Campus in Madrid ist mit 48 Bildschirmen auf einer Gesamtfläche von 45 Quadratmetern ausgestattet. Sie sind in U-Form angeordnet und ermöglichen einen 200-Grad-Blick. Der Professor steht in dem Raum und sieht die bis zu 60 Studenten, die irgendwo auf der Welt sitzen, auf den Bildschirmen. Das System zeigt zum Beispiel an, wer sich meldet und ermöglicht Abstimmungen.

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Auch Videos zum Beispiel von Firmenbesuchen und Simulationen lassen sich einspielen. So können im Wow-Room reale Situationen simuliert werden, bei denen Studenten etwa eine Krise bewältigen, Produktionsabläufe in Fabriken definieren oder diplomatische Konflikte zwischen den Ländern lösen müssen. Eingesetzt wurde das High-Tech-Klassenzimmer bisher vor allem beim Global Online MBA, bei dem rund 80 Prozent des Studiums online erfolgen. Derzeit gibt es rund 200 Teilnehmer in dem Studiengang.

Wie alle Business Schools musste auch das IE aufgrund der Corona-Krise innerhalb von wenigen Tagen den Unterricht von mehreren Hundert Vollzeit-Studenten auf online umstellen. Aber für so viele Teilnehmer ist der Wow Room nicht ausgelegt.

Daher nutzte man zunächst kommerzielle Produkte wie Zoom und Adobe Connect. Am Anfang gab es 20 Stunden pro Woche per synchronem Videounterricht, drei bis vier Unterrichtseinheiten à eineinhalb Stunden pro Tag, erinnert sich IE-Dean Boehm. Dann habe man den Synchron-Unterricht auf maximal zehn Stunden reduziert und es musste fünf Stunden Diskussionen geben und für fünf Stunden mussten sich die Professoren alternative Lernmethoden suchen. „Sie mussten ihre Lernziele und ihre Lernmethoden anpassen und andere pädagogische Ansätze finden“, so Boehm. Das könne zum Beispiel die gemeinsame Teilnahme an einer Simulation sein, gefolgt von einer Zusammenfassung und Diskussion oder einem Gruppenprojekt. Er selbst habe zum Beispiel einen Alumni ins virtuelle Klassenzimmer geholt, der dann erzählt hat, wie sein Unternehmen ein Problem gelöst hat.

Dabei profitiert die Business School von ihren umfangreichen Erfahrungen mit der Online-Lehre. Rund die Hälfte der Professoren im Vollzeit MBA habe bereits Erfahrung damit, so Boehm. Der Rest bekam eine Schnelleinführung und einen erfahrenen Kollegen – möglichst aus demselben Fachbereich – zur Seite gestellt.

Inzwischen wurden alle Kurse neu gestaltet und die Infrastruktur wurde ausgebaut. In den Klassenzimmer wurde eine Art abgespeckter Wow-Room installiert, bei der der Professor alle Studenten gleichzeitig sieht. So kann er die Studenten zum Beispiel bei der Bearbeitung und Diskussion von Fallstudien in mehrere Präsenz- und Online-Gruppen einteilen. „Operativ funktioniert online dabei sogar besser als bei der Präsenzvariante“, sagt Boehm. So könne der Professor per Klick von einem virtuellen Raum zum nächsten wechseln und mit einem Klick wieder alle Studenten ins gemeinsame Klassenzimmer holen. Und weil er auf der Videowand alle Studenten im Blick habe, erhöht sich auch deren Aufmerksamkeit. „Die können sich nicht mehr so gut in einer Ecke verstecken“, sagt der IE-Dean.

Für die Studenten, die nicht am Präsenzunterricht teilnehmen können, ist der Zugang denkbar einfach: Sie brauchen lediglich einen Laptop, Chrome-Browser sowie Kamera und Mikro. Neben dem synchronen Unterricht im Klassenzimmer gibt es auch asynchrone Unterrichtseinheiten, die jeder Studenten für sich allein absolviert sowie Coaching-Sitzungen mit den Dozenten.

Dass die durch die Corona-Pandemie erzwungene Umstellung auf den Online-Unterricht künftig zu einer größeren Beliebtheit der Online-Lehre führt, glaubt der IE-Dean nicht. „Ich sehe da keine große Verschiebung, auch wenn viele gemerkt haben, dass der akademische Teil auch online gut funktioniert.“ Doch gerade beim Vollzeit-MBA sei auch das Leben in Madrid und der persönliche Austausch in der Bar um die Ecke ein wesentliches Element, das viele nicht missen möchten. Die Zahl der MBA-Bewerber sei zwar sogar leicht gestiegen, aber viele der zugelassenen Bewerber wollten die Lage weiter beobachten, bevor sie sich endgültig einschreiben. „Viele sind noch auf Standby“, so Boehm.

Allerdings werde die Business School auch künftig etwa zehn Prozent Online-Unterricht nützen, schon allein aus Kapazitätsgründen. Schließlich dürfen in den Klassenzimmern aufgrund der Hygienevorschriften nur noch 20 bis 30 statt wie bisher 60 Studenten sitzen.

“Wir leben in einer Welt, in der die Grenzen zwischen physikalischen, digitalen und natürlichen Umwelten zunehmend verschwimmen und wir müssen lernen, nahtlos zwischen ihnen zu wechseln“, erklärte Diego del Alcázar Benjumea, Vizepräsident der IE University, bei der Präsentation des neuen Modells Liquid Learning. Die Welt brauche Leader, die in dieser neuen Realität navigieren können und die Ausbildung müsse dafür sorgen, dass sie darauf gut vorbereitet sind.

Die IE Business School in Madrid ist eine der führenden Business Schools weltweit und bietet mehrere MBA-Programme an. In den relevanten Rankings schneidet sie regelmäßig gut ab. Im letzten Ranking der Financial Times zu Online-MBAs landete der Global Online MBA auf Platz 2 weltweit. Die Business School ist Teil der IE University in Segovia und Madrid. Liquid Learning wurde in der gesamten Universität eingeführt.

 

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.