HEC Paris überarbeitet MBA-Curriculum

Von am 15. März 2012

Im September führt die Pariser Grande École einen neuen Lehrplan ein. Als große Neuigkeit wird dabei ein Pflichtkurs in Ethik präsentiert – nach Angaben der Schule der erste in Europa. Zudem sollen künftig mehr Berater für das Studium zugelassen werden, empfiehlt die Beratungsfirma Bain & Co, die das Curriculum überarbeitet hat.

Die HEC soll eine drei Topschulen in Europa und eine der zehn besten Schulen weltweit werden. Dieses Ziel haben die Berater von Bain & Co festgezurrt. Sie hatten im Rahmen eines Pro-Bono-Projekts die Überarbeitung des Curriculums übernommen. Allein zwei Monate sollen die Berater dabei mit dem Benchmarking der Wettbewerber verbracht haben, berichtet John A.Byrne auf seinem Blog Poets & Quants.

Das 16monatige Programm besteht aus zwei Teilen. In der ersten Phase geht es um Kernfächer, die elf Pflichtkurse umfassen. Im zweiten Studienabschnitt können sich die Studenten dann für eine von fünf Spezialisierungen entscheiden. Zu den bisher vier Bereichen Entrepreneurship, Finance, Marketing oder Strategie kommt nun „Leadership in Global Organizations” neu hinzu. Zudem können die Studenten einen Doppel-Abschluss erwerben, bei dem sie die Hälfte des MBA-Studiums an einem der zwölf Partnerinstitute außerhalb von Frankreich verbringen. Alternativ dazu ist ein Auslandsaufenthalt an einer der 40 Partnerschulen anstelle der Spezialisierung möglich.

Als erste Business School in Europa – so behauptet es zumindest die Schule – habe man Ethik als Pflichtkurs eingeführt. An anderen Schulen sei dies lediglich ein Wahlkurs. Für den Ethikurs habe man sich entschieden, weil die Beratungsfirma Bain & Co in ihrer Umfrage bei Unternehmen herausgefunden haben will, dass diese einen solchen Kurs fordern. Das ist zumindest erstaunlich. Schließlich wird seit langem kritisiert, dass einzelnen Ethikkurse nicht viel bringen, sondern das Thema in das gesamte Curriculum integriert werden sollte. Auch MBA-Interessenten legen keinen Wert auf ein separates Fach Ethik.

Überhaupt kann man über die Erkenntnisse der Berater, wie sie John A. Byrne beschreibt, nur Schmunzeln. Man habe realisiert, dass die Aufgabe ein sehr komplexes Geschäft sei sowohl aus strategischer als auch aus operationaler Sicht, erklärte Bertrand Pointeau, einer der Bain-Partner, der an der Studie mitgearbeitet hat und selbst einen MBA in Wharton gemacht hat. Auch die internen Prozesse einer Business School seien nicht trivial.

Bemerkenswert ist auch der Vorschlag der Berater, die HEC solle künftig mehr Berater und Banker zum Studium zulassen. Bisher kämen viele Studenten aus der Industrie und Konzernen. Die Veränderung der Rekrutierungsstrategie sei aufgrund einer weiteren erstaunlichen Erkenntnis der Bain-Berater entscheidend. In Europa sei der MBA noch ein relativ neues Konzept, so Pointeau. Daher sei vielen Rekruiting-Managern auch noch nicht klar, welche Vorteile ein MBA-Absolvent gegenüber einem brillanten Bachelor-Absolventen mit ein paar Jahren Berufserfahrung bringe. Dementsprechend sei der Markt für führende MBA-Programme kleiner.

Zu den Hauptabnehmern von MBA-Absolventen gehören Beratungsfirmen wie Bain & Co. Ob die HEC wirklich gut beraten ist, mehr Berater zum MBA-Studium zuzulassen, darf getrost bezweifelt werden. Schon heute kommt mehr als ein Fünftel der aktuellen MBA-Klasse aus der Beratung. Bei Insead, dem größten HEC-Konkurrenten in Frankreich, sind es auch nicht viel mehr. Und wenn noch mehr Berater mit Beratern Fallstudien lösen und Projekte bearbeiten, geht zu Lasten der Vielfalt und die wiederum ist ein entscheidendes Qualitätsmerkmal eines guten MBA-Programms.

www.hec.edu

 

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.