Ex-EBS-Präsident Jahns vor Gericht: Der Bluff mit Russland

Von am 13. Mai 2013

Am vierten Prozesstag ging es um Russland. Dort – so der ehemalige Präsident der European Business School (EBS) Christopher Jahns – habe er 2009 und 2010 die Unterstützung von Brainnet-Mitarbeitern gebraucht, um einen Stiftungslehrstuhl der Hochschule einzurichten. Doch der war bereits 2007 angekündigt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Ex-EBS-Chef vor, 180.000 Euro an die Beratungsfirma Brainnet bezahlt zu haben, ohne dass diese die entsprechenden Leistungen erbracht hat.

Diesmal versuchte Jahns das Gericht mit Fotos zu beeindrucken und zeigte Bilder von einer deutsch-russischen Regierungskonsultation mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem damaligen russischen Präsident Dmitri Medwedew bei der Unterzeichnung zahlreicher bilateraler Verträge. Einer von ihnen – so schreibt die FAZ – soll einen Stiftungslehrstuhl betroffen haben, für den die deutsche und die russische Bahn insgesamt 2,5 Millionen Euro zur Verfügung stellten. „Jahns präsentierte ihn als das Ergebnis von jahrelangen, komplizierten Verhandlungen, die er nur mit der Unterstützung des Unternehmens Brainnet erfolgreich habe führen können“, so die FAZ.

Eineinhalb Stunde habe Jahns erläutert, welche Leistungen die Beratungsfirma, an der Jahns selbst beteiligt war, für die mit 5000 Euro in Rechnung gestellte Summe erbracht habe. So hatte Brainnet nach Jahns Angaben mit der Deutschen Bahn mehrere Großprojekte durchgeführt und verfügte außerdem über einen Kenner der russischen Wirtschaft. Brainnet habe den Kontakt zu dem damaligen Bahnchef Hartmut Mehdorn hergestellt und ihn selbst mit einschlägigen Informationen auf die Gespräche vorbereitet, so Jahns laut FAZ. Zudem habe er vor Gericht eine etwa 25seitige Ausarbeitung des Brainnet-Experten für Russland präsentiert, die dieser Jahns zur Vorbereitung auf seine Reise nach Russland überlassen und in mehreren Telefongesprächen erläutert habe.

Doch auch das ist wieder seltsam. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte Jahns offenbar bereits umfassende Kenntnisse vom russischen Markt. Schließlich hatte er sich schon 2006 – und damit zwei Jahre vor der Fusion seiner Beratungsfirmen mit Brainnet – intensiv mit Russland befasst und auch an hochkarätigen Kontakten hatte es ihm wohl nicht gemangelt. So präsentierte er im Oktober 2006  eine Studie zum russischen Logistikmarkt, die die Strukturen und Herausforderungen des russischen Logistikmarktes und der Supply Chain Strategien von Unternehmen untersuchte.

Im November 2006 tagte der Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft unter Vorsitz von Klaus Mangold an der EBS. Thema: Logistikmarkt Russland. Dazu heißt es: „Der Ostausschuss ist ein Gemeinschaftsorgan der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft und vertritt die Interessen der Unternehmen auf den schwierigen Märkten Russland, Belarus, Ukraine, Zentralasien, Kaukasus, Baltikum und Südosteuropa. Die EBS nimmt die Sitzung zum Anlass für ein Executive Round Table zum Thema „Logistics and Supply Chain Management in Russia“. Gastgeber und Moderator ist EBS-Rektor Professor Christopher Jahns, SVI Stiftungslehrstuhl für Einkauf, Logistik & Supply Chain Management und Executive Director des Supply Management Institute SMI TM.“ Zu den Referenten und Gästen gehörte auch Rainer Gödde, Leiter International Rail Management und Russlandexperte der Deutsche Bahn AG. Es gab also bereits auch Kontakte zur Bahn. Kein Zufall dürfte es im übrigen sein, dass Klaus Mangold im Juli 2007 zum Honorarprofessor für International Management/Intercultural Management – Eastern European Studies an der EBS ernannt wurde und dies auch heute noch ist.

Im Oktober 2007 unterzeichnete die EBS dann beim Petersburger Dialog einen Partnervertrag über eine Kooperation in Aus- und Weiterbildung (MBA-Programm) sowie in der Forschung mit der Graduate School of Business Administration (GSBA) der Moscow State University (Lomonossow-Universität). „Breite politische Anerkennung auf Bundes- und Landesebene hat die European Business School (EBS) in Oestrich-Winkel/Wiesbaden für den Ausbau ihres Partnernetzwerkes in Russland erfahren. Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte am heutigen Montag beim Petersburger Dialog in Wiesbaden die Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland in der Bildung und Ausbildung“, hieß es damals in der Pressemeldung. Unterzeichnet wurde die Partnerschaft in Anwesenheit von Hessens Ministerpräsident Roland Koch.

„Der erste gemeinsamer Studiengang zwischen EBS und der GSBA geht mit dem MBA in Logistics and Supply Chain Management im Februar 2008 an den Start“, hieß es und weiter. „In Kürze wird zusätzlich ein Stiftungslehrstuhl auch unter Einbezug der Graduate School of Management der State University St. Petersburg in Kooperation mit der EBS entstehen. Forschungs- und Projektthemen werden hier insbesondere Verkehrslogistik und Transportmanagement sein. Die EBS baut derzeit ein Center für Central and Eastern European Studies auf, an dem sich neben dem DAAD auch deutsche Unternehmen, die stark in Russland aktiv sind, engagieren.“

Der Stiftungslehrstuhl, den Jahns angeblich ohne Unterstützung von Brainnet im Jahr 2009 und 2010 nicht hätte einrichten können, war also offenbar schon 2007 in greifbarer Nähe und damit deutlich vor der Fusion von Jahns Beratungsfirmen mit Brainnet, wo er dann ab Juli 2008 Verwaltungsratspräsident und damit auch Chef der Brainnet-Berater war.

Auch um den damaligen Bahn-Chef Hartmut Mehdorn kennenzulernen, hätte Jahns nicht unbedingt Brainnet-Berater gebraucht. Den hätte er als Vorstand der Bundesvereinigung Logistik (BVL) auch schon auf dem BVL-Kongress 2007 kennenlernen können und ab August 2009 saß Mehdorn – gemeinsam mit Jahns – im Beirat der Fiege Gruppe. Doch dem nicht genug. Bereits Anfang 2008 hatte Jahns das Thema Russland an einen Mitarbeiter delegiert, der damals Gespräche mit der Strategieabteilung der Bahn geführt hat.

Im Juli 2009 wurde dann von der Deutsche Bahn und der Russischen Bahn das gemeinsame Center for International Logistics and Supply Chain Management gegründet, das an der Graduate School of Management (GSOM) der Universität St. Petersburg angesiedelt ist.

Dass Brainnet keineswegs selbstlos für die EBS tätig war, wie Jahns es gern darstellt, zeigt auch eine Email von Brainnet an Jahns vom September 2010. Darin geht es „aktivierte Aufbaukosten Ausland“, die das SMI-Institut der EBS ab 2011 an Brainnet zurückzahlen sollte. Dabei heißt es: „Russland: 96.540 Euro; diese sind nach wie vor vorhanden und müssen pauschal zurückgezahlt werden.“ Jahns wollte sie dann offenbar mit Geldern aus der Hochschule bezahlen. Doch soweit kam es nicht. Vorher flog das seltsame Finanzgebaren auf.

Ähnlich wie Jahns schwer nachvollziehbare Argumentation, dass erst Brainnet-Mitarbeiter ihm die Türen zu Unternehmen wie der Deutschen Post geöffnet hätten, erscheinen auch seine Russland-Erklärungen zumindest fragwürdig. Und wie bei der Sache mit der Post antwortete Jahns Kommunikationsberater Dirk Metz erneut nicht auf eine entsprechende Nachfrage. Man darf daher gespannt auf die weiteren Ausführungen des Ex-EBS-Präsidenten sein.

 

 

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.