EBS-Skandal: Verdacht auf gemeinschaftlichen Betrug

Von am 10. April 2014
EBS Universität Wiesbaden

Beamte des Landeskriminalamts und der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main haben am Dienstag vier Büroräume der EBS Universität für Wirtschaft und Recht sowie die Wohnräume von drei Beschuldigten durchsucht. Ermittelt wird wegen des Verdachts des gemeinschaftlichen Betruges gegen – teils ehemalige – EBS-Mitarbeiter. Es geht um mindestens 1,6 Millionen Euro Fördergelder, die zweckwidrig verwendet worden sein sollen. Gegen die damalige Landesregierung besteht dagegen kein Anfangsverdacht.

Im Visier der Staatsanwaltschaft stehen fünf Beschuldigte. Laut einem Bericht des Wiesbadener Kuriers gehören dazu der Ex-EBS-Präsident Christopher Jahns, der Ex-Vizepräsident, der frühere kaufmännische Direktor und der Leiter des Rechnungswesens der EBS sowie der CDU-Landtagsabgeordnete und langjährige EBS-Aufsichtsrat Walter Arnold. Dabei sollen die Wohnungen der drei EBS- bzw Ex-EBS-Mitarbeiter durchsucht worden sein. Die Wohnung von Ex-EBS-Präsident Jahns, der inzwischen in Berlin wohnt, wurde nicht durchsucht, weil alle Unterlagen, die „diesen Beschuldigten betreffen, bereits in einem früheren Ermittlungsverfahren gesichert worden“ seien, wie die Staatsanwaltschaft mitteilt.

Jahns steht seit einem Jahr wegen Untreue-Verdacht vor Gericht. Er soll Gelder aus der Hochschule an die Beratungsfirma BrainNet, an der er damals selbst beteiligt war, bezahlt haben, ohne dass dem entsprechende Leistungen zugrundelagen. Jahns bestreitet die Vorwürfe bis heute.

Hintergrund der Durchsuchungsaktion am Dienstag sind die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Frankfurt wegen des Verdachts der missbräuchlichen Verwendung von Landesfördermitteln zum Aufbau der juristischen Fakultät der EBS in den Jahren 2009 bis 2012. Das Land Hessen hatte die Privathochschule dabei mit 24,7 Millionen Euro unterstützt. Eine knappe Million musste die EBS bereits 2011 zurückzahlen bzw. sie wurden von der Fördersumme abgezogen, weil die Gelder zweckwidrig verwendet wurden.

Ende 2012 hatte dann der Landesrechnungshof in seinem Bericht kritisiert, dass die Landesregierung die Bonität der EBS vor der Förderung nicht ausreichend überprüft hat und die Steuergelder vor allem dazu dienten, die marode Privathochschule zu finanzieren. Auch im daraufhin eingesetzten Untersuchungsausschuss berichteten mehrere Zeugen von haarsträubenden Geschichten über manipulierte Zahlen und die tatkräftige Unterstützung der EBS durch Politiker aus CDU und FDP. Das hielt die damalige schwarz-gelbe Landesregierung jedoch nicht davon ab, sich in dem Abschlussbericht in einem Akt atemberaubender Dreistigkeit von jeglicher Schuld freizusprechen.

Zudem hatte die Staatsanwaltschaft Wiesbaden, die im laufenden Untreue-Verfahren gegen den ehemaligen EBS-Präsidenten Christopher Jahns ermittelt hat, bereits im Frühjahr 2013 einen Anfangsverdacht gegen die damalige Landesregierung und die EBS an die Generalstaatsanwaltschaft weitergeleitet. Die gab das Ganze wiederum an die Staatsanwaltschaft Frankfurt, die noch im November eine Auskunft darüber ablehnte, ob sie nun ermittelt oder nicht.

Jetzt wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt seit Frühjahr 2013 Unterlagen gesichtet hat und wegen „gemeinschaftlichem Betrug zum Nachteil des Landes Hessen“ ermittelt.

„Es besteht der Verdacht, dass sich Verantwortliche und Mitarbeiter der EBS wegen Betruges dadurch strafbar gemacht haben könnten, dass sie bei der Beantragung von Fördermitteln gegenüber dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) sowie beim späteren Nachweis der zweckgebundenen Verwendung der gewährten Mittel jedenfalls zum Teil bewusst unrichtige Angaben machten und aufgrund dieser unzutreffenden Angaben Fördermittel in Höhe von insgesamt 24,7 Mio. Euro erlangten“, heißt es in der Presseerklärung der Staatsanwaltschaft.

„Diese Gelder sollen sodann zum Teil in den Betrieb der damals finanziell angeschlagenen Business School geflossen sein und so deren Bestand gesichert haben. Den bisherigen Erkenntnissen zufolge könnten insgesamt mindestens 1,6 Mio. Euro zweckwidrig verwendet worden sein.“

Eine wichtige Rolle spielte dabei der langjährige EBS-Aufsichtsrat Walter Arnold. Er soll nicht nur EBS-Mitarbeiter wie Rolf Tilmes, damals Vizepräsident der EBS, umfassend für eine Sitzung mit der Landesregierung vorbereitet haben, sondern auch bei den Verwendungsnachweisen für die für 2009 gezahlten Fördermittel dabei geholfen haben, die Zahlen so hinzudrehen, dass die Landesregierung sie akzeptierte. Das hatte Klaus-Peter Niesik, bis 2010 kaufmännischer Leiter der EBS, im Untersuchungsausschuss berichtet.

Gegen Arnold kann die Staatsanwaltschaft aber eigentlich nur ermitteln, wenn zuvor seine Immunität als Abgeordneter aufgehoben wurde. Davon ist zumindest nichts bekannt. Dennoch bestätigt die Staatsanwaltschaft, dass gegen Arnold ermittelt wurde. Allerdings hätten sich die Vorwürfe gegen ihn nicht erhärtet, so die Staatsanwaltschaft gegenüber dem HR.

Niesik berichtete im Untersuchungsaussschuss auch von einer Sitzung im Landtag am 24.März 2010, an der auch der damalige Ministerpräsident Roland Koch, Finanzminister Karlheinz Weimar und Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann (alle CDU) teilnahmen. Grund für die Sitzung waren Zweifel an der finanziellen Situation der EBS, die ein Beamter aus dem Finanzministerium nach Durchsicht der Bilanzen hatte. Bei dem Treffen habe der damalige EBS-Präsident, Christopher Jahns, Zahlen zur künftigen Entwicklung der Hochschule vorgestellt, die Niesik sehr optimistisch nannte. Er habe erwartet, dass der EBS das „um die Ohren fliegt“. Umso erstaunter war er, dass es kaum Nachfragen von Regierungsseite gab. Er habe den Eindruck gehabt, dass sich da „zwei Parteien einig sind“.

Wenn die Landesregierung aber tatsächlich gewusst hat, dass die EBS manipulierte Zahlen vorgelegt hat und trotzdem die Fördermittel bereit gestellt hat, dann hätte sich die EBS wohl auch nicht des Betrugs schuldig gemacht. Denn sie hätte ja niemanden getäuscht. Sie hätte damit höchstens Beihilfe zur Untreue geleistet. Der Vorwurf der Untreue würde sich  jedoch gegen die Landesregierung richten, da sie für die ordnungsgemäße Vergabe der öffentlichen Gelder verantwortlich war.

Damit wird die Sache allerdings pikant. Dann müsste die Staatsanwaltschaft Frankfurt eigentlich auch gegen Mitglieder der damaligen Landesregierung ermitteln, unter anderem gegen die damalige Wissenschafts- und heutige Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU). Doch die hessischen Politiker müssen offenbar auch weiter nichts befürchten. So schreibt die Staatsanwaltschaft: „Für die Einleitung  eines Ermittlungsverfahrens gegen Mitglieder der damaligen Landesregierung fehlt es an einem Anfangsverdacht.“

 

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.