EBS-Skandal: Die Hintergründe des WiWo-Artikels

Von am 8. Dezember 2011

Am 28.November veröffentlichte die Wirtschaftswoche (WiWo) einen Artikel über die EBS. Kernstück des Artikels waren brisante E-Mails des geschassten EBS-Präsidenten Christopher Jahns. Der ursprüngliche Artikel und die Informationen kamen von der Autorin dieses Blogs. Doch ihr Autorenname wurde gestrichen – offenkundig aus Angst vor einer Klage von Jahns.

Im Oktober bat mich WiWo-Redakteur Christian Schlesiger, einen Artikel über die Skandale an der EBS zu schreiben. Er war auf meinen Blog aufmerksam gemacht worden. Der Artikel wurde abgeliefert und redigiert. Nun sollte nur noch die Gegenseite – also Jahns und sein Anwalt Alfred Dierlamm – um eine Stellungnahme gebeten werden, was per Fax geschah. Dierlamm gab eine schriftliche Stellungnahme ab, drohte schon mal mit einer möglichen Klage und schlug ein Hintergrund-Gespräch vor, bei dem er Einblick in Zeugenaussagen aus dem laufenden Ermittlungsverfahren gewähren wollte.

Kernstück des WiWo-Artikels waren E-Mails des geschassten Ex-Präsidenten der EBS, Christopher Jahns, die den Verdacht nahelegen, dass dieser eine halbe Million Euro aus seinem Lehrstuhl an der EBS für angefallene Kosten in seinen Privatfirmen nutzen wollte. Diese Hintergrund-Informationen waren mir zugespielt worden und ich hatte sie der WiWo zur Verfügung gestellt.

Man entschloss sich, das Hintergrund-Gespräch zu führen. Da WiWo-Redakteur Schlesiger nicht genug Einblick in die mittlerweile recht komplexe Sachlage hatte, bat er mich als Überraschungsgast zu dem Gespräch nach Düsseldorf dazu zu kommen. In der Lobby des Handelsblatt-Verlages kam es dann zu dem Zusammentreffen mit Jahns und Dierlamm, bei dem beide die Contenance verloren. Als klar wurde, dass ich Autorin des geplanten WiWo-Artikels war, forderte Dierlamm von der WiWo – immerhin mit zwei Redakteuren und dem Justiziar vertreten: Frau Schwertfeger dürfe nicht Autorin der WiWo sein. Vonseiten der WiWo gab es zu meinem Erstaunen kein eindeutiges und klares Veto. Sonst wäre das Gespräch wohl abgebrochen worden. Weiter forderte Dierlamm, die Redaktion müsse sicher stellen, dass ich keinen Einblick in den Ordner mit Unterlagen bekomme, den er der WiWo überreichen wolle. WiWo-Redakteur Schlesiger sicherte ihm dies zu – ebenfalls zu meinem Erstaunen. Das Hintergrund-Gespräch fand ohne mich statt. Vorsichtshalber untersagte ich der WiWo schriftlich, meine Informationen zu nützen, wenn mein Name nicht als Autorennamen genannt wird.

Der Artikel wurde erneut umgeschrieben und Schlesiger schickte seine Version mit meiner Überschrift „Rettung ungewiss“ und meinem Autorenamen. Nun sollte der Artikel noch mal redigiert werden. Nur auf mehrmalige Nachfrage bekam ich die neue Version vom Ressortleiter Manfred Engeser, allerdings nur den Text, ohne Überschrift und Vorspann und ohne Autorenzeile. Aus der neuen Version war – und anderem an der Passage über die Post – deutlich zu erkennen, dass es nochmals  Gespräche mit Jahns und Dierlamm gegeben hatte.

Der Artikel mit der Überschrift „Vor dem Abgrund“ erschien mit meinen Informationen und meinen Zitaten – aber ohne meinen Namen. „Es wäre für mögliche Anspruchsteller gegen die Geschichte aufgrund der Kritik an Jahns leichter, wenn Sie unter der Geschichte gestanden hätten. Denn dann hätte man sagen können, dass dies nur auf Ihrer negativen Grundeinstellung gegenüber Jahns beruht (unabhängig davon, ob dieser Vorwurf Ihnen gegenüber zutrifft oder nicht)“, begründete Justiziar Thomas Gottlöber die Streichung meines Namens. Juristisch nachvollziehbar ist das nicht. Denn klagen kann man eigentlich nur, wenn etwas falsch ist und nicht, weil einem der Name des Autors nicht passt.

Hat sich die WiWo also dem Diktat Dierlamms gebeugt? „Ihr Vorwurf, dass wir in irgendeiner Weise von Dritten erpressbar sind, ist absurd“, schrieb der Justiziar. Ausschlaggebend seien rein sachliche Gründe gewesen. Doch ist der Vorwurf wirklich so absurd? Warum wurde ich nicht wenigstens im Vorfeld darüber informiert, dass mein Name gestrichen wurde? Warum setzte man sich über mein schriftliches Verbot hinweg, meine Informationen ohne meine Autorennennung zu nutzen?

Statt plausiblen Antworten gab es gleich noch eine Drohung: Sollte der Vorwurf, einer „Einflussnahme auf unsere Berichterstattung“ öffentlich geäußert werden, „sehen wir uns gezwungen, rechtliche Schritte gegen derartige Äußerungen eingehend zu prüfen“, schrieb Gottlöber.

Doch damit nicht genug. Er behauptete auch noch, dass „nicht ein einziger Satz“ des Artikels von mir stammt. Nur leider gibt es da die Sache mit den Krabbeltierchen. So hatte der neue EBS-Präsident Rolf Cremer auf die Frage nach seiner Einschätzung zu den Chancen für die EBS mir gegenüber gesagt: „Ich weiß ja nicht, welche Krabbeltiere es noch unter den Steinen gibt, die ich noch gar nicht gesehen habe.“ Auch diesen Satz hat die WiWo übernommen und abgedruckt.

PS: Bis heute (August 2012) hat die WiWo nicht einen Cent von dem der Autorin zustehenden Honorar bezahlt. Auf die Anfrage an WiWo-Chefredakteur Roland Tichy, ob sich das Ganze nicht doch noch einvernehmlich lösen ließe, machte dieser einen bemerkenswerten Vorschlag. Honorar gibt es nur, wenn die „Vorwürfe gegen die WiWo“ – und damit letztlich der gesamte obige Eintrag – in diesem Blog gelöscht werden.

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.