Deutschland: MBA im Aufwind?

Von am 3. September 2014

Immer wieder berichten deutsche und internationale Medien, dass das Interesse am MBA in Deutschland stark zunimmt. Begründet wird das mit der Zunahme der deutschen Teilnehmer am Zulassungstest GMAT. Doch das ist falsch.

Im vergangenen Jahr war es das US-Magazin Businessweek und im Juli berichtete die Financial Times in ihrem Artikel „Germany warms to the MBA“, dass der MBA in Deutschland im Aufwind ist.  Gestützt wird die Behauptung vor allem durch die Zunahme der GMAT-Tests von Deutschen. So absolvierten 2009 erst 3.453 Deutsche den Test, 2013 waren es schon 4.018.

Der Graduate Management Admission Test (GMAT) gehört an mehr als 6.000 Business Schools weltweit zu den Zulassungsvoraussetzungen. Wer ihn absolviert, lässt das Testergebnisse direkt an die Schulen seiner Wahl schicken. Daher hat das Graduate Management Admission Council (GMAC), das den Test verwaltet, einen guten Überblick darüber, wer wo studieren möchte.

Allerdings wird der Test nicht nur beim MBA-Studium verlangt, sondern zunehmend auch beim konsekutiven Master-Studium im Wirtschaftsbereich. Und diese Studiengänge sind in Deutschland erst in den letzten Jahren entstanden.

Die Zunahme der Deutschen, die ihre GMAT-Ergebnisse an deutsche Schulen schicken, kommt also vor allem durch die Bewerbung an den konsekutiven Master-Studiengängen zustande. So bewarben sich laut GMAC 2009 noch 49 Prozent der Deutschen für ein MBA-Studium, 2013 waren es nur noch 30 Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Bewerber für Master-Programme von 46 Prozent auf 67 Prozent.

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Grund für den Anstieg ist also die Umsetzung des Bologna-Prozesses und keineswegs die Beliebtheit des MBA-Studiums bei Deutschen. Im Gegenteil. Die Zahl der deutschen MBA-Bewerber ist sogar gesunken. Ob es in anderen europäischen Ländern eine ähnliche Entwicklung gibt, lässt sich nicht überprüfen. Denn seit kurzem verweht GMAC Journalisten den Zugang zu seinen Reports und gibt nur noch einzelnen Zahlen auf Anfrage heraus. Offenbar ist ein umfassender Überblick über die Zahlen und Entwicklungen nicht mehr erwünscht.

Umso erstaunlicher ist daher die Aussage des GMAC-Direktors für Europa, Ben Glover, in der FT: Er glaube, die deutschen Business Schools seien im Aufwind und erreichten bald den Durchbruch.

Zudem, so die FT, würden inzwischen mehr Bewerber ihre Testergebnisse an deutsche Schulen schicken. So hätten 2012 erst 5.837 GMAT-Kandidaten ihre Testergebnisse an deutsche Schulen senden lassen. 2013 sollen es schon 6.487 gewesen sein. Überprüfbar sind auch diese Zahlen nicht, wobei zudem wiederum nicht klar ist, ob es sich um Bewerber für ein MBA- oder ein konsekutives Master-Studium handelt.

Dabei schickten 2012 allein 3.161 Deutsche – und damit mehr als Drittel der deutschen Testteilnehmer – ihre Ergebnisse an eine deutsche Schule. 63 Prozent davon waren jünger als 25 Jahre – ein klares Indiz dafür, dass sie sich für einen konsekutiven Master beworben haben.

Dennoch kann es natürlich sein, dass deutsche MBA-Programm im Ausland beliebter werden. Schließlich wird die Stärke der deutschen Wirtschaft weltweit bewundert und so mancher erhofft sich nach dem Studium auch einen Job in Deutschland. Dazu kommt, dass die führenden deutschen Schulen seit kurzem in den internationalen Rankings vertreten sind.

Nur die GMAT-Zahlen taugen als Beweis für die steigende Beliebtheit des MBA in Deutschland nicht. Zumal sie sowieso nicht repräsentativ sind. Denn die Mehrheit der deutschen MBA-Anbieter fordert keinen GMAT von den Bewerbern.

 

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.