AMBA-Akkreditierung: Blamable Mauschelei

Von am 23. November 2021
AMBA Screenshot: https://www.gisma.com/course/global-mba

Die AMBA gilt als eine der drei wichtigsten Akkreditierungsagenturen für MBA-Programme. Doch ihr intransparentes Vorgehen wirft Fragen auf. Das zeigt der Fall der fragwürdigen Gisma Business School. Englisch version

„For MBA students, AMBA accreditation is an assurance of quality“, schreibt die AMBA auf ihrer Website. „The decision to embark on an MBA represents a major commitment for students. In a crowded education market, AMBA accreditation ensures students’ investments are rewarded with the finest business education available – and will certainly have a demonstrable impact on career paths.“

Die AMBA-Akkreditierung soll Studieninteressenten also Sicherheit bei der Auswahl eines MBA-Programms geben. Doch das Vorgehen der AMBA wirft erhebliche Fragen auf. Das zeigt sich am Beispiel der Gisma Business School.

2011 hatte die britische Association of MBAs (AMBA) die MBA-Programme der Gisma Business School in Hannover erstmals akkreditiert. Dabei lobten die Prüfer die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Purdue University in den USA und der Leibniz Universität Hannover. Geprüft wurden damals alle drei MBA-Programme: der Vollzeit-MBA, der Executive MBA und der Parttime-MBA.

Die AMBA akkreditiert stets nur die MBA-Programme einer Schule, nicht die Schule selbst. Dabei müssen alle MBA-Programme die Standards erfüllen. Allerdings schreibt die AMBA selbst immer wieder von „AMBA accredited schools“ und sorgt bereits damit für Verwirrung.

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Damals war die Gisma Business School in Hannover keine anerkannte Hochschule (Informationen zur Historie inklusive der Insolvenz gibt es hier). Sie konnte daher keine akademischen Abschlüsse vergeben und bot deshalb Franchise-Studiengänge an, bei denen der MBA-Abschluss von anderen Business Schools vergeben wurden. Das waren nach der Purdue University unter anderem die Porto Business School und zuletzt die Grenoble School of Management. Diese MBA-Programme waren also als Franchise-Programme an der Gisma Global GmbH in Hannover (Amtsgericht Hannover HRB 210397) akkreditiert.

Neue Hochschule in Potsdam

Seit 2021 gibt es nun auch noch die Gisma University of Applied Sciences GmbH in Potsdam (Amtsgericht Potsdam HRB 35061 P), die seit September 2020 als Fachhochschule in Brandenburg staatlich anerkannt ist und ab Mai 2021 einen eigenen neuen Global MBA anbietet. Die Gisma University of Applied Sciences GmbH in Potsdam wurde am 18. Oktober 2016 als Gisma Business School Hochschule GmbH in Hannover eingetragen (Amtsgericht Hannover, HRB 216113) und am 18. Januar 2021 nach Potsdam verlegt. Sie kann schon allein deshalb nicht identisch mit der Gisma sein, deren MBA-Programme von der AMBA akkreditiert sind, weil diese bereits erstmals 2011 akkreditiert wurden.

Es gibt daher zwei unterschiedliche GmbHs, also zwei unterschiedliche Institutionen bzw. Unternehmen, eine für die Franchise-Studiengänge mit der AMBA-Akkreditierung und eine seit kurzem anerkannte Hochschule in Potsdam, die eigene MBA-Studiengänge anbieten kann. Im Impressum der Website www.gisma.com stehen demgemäß beide GmbHs – was ziemlich ungewöhnlich ist. Die Franchise-Programme laufen dabei unter „Gisma Partner Postgraduate Programmes“.

Zumindest laut Angaben der Wirtschaftsinformation North Data besteht die einzige Verbindung der Gisma Global GmbH in Hannover mit der Gisma University of Applied Sciences in Potsdam darin, dass beide mit Daniel Bolz denselben Geschäftsführer haben. Eine direkte Verbindung zwischen beiden Unternehmen gibt es laut dieser Darstellung nicht.

Screenshot: https://www.northdata.de/Gisma+Global+GmbH,+Hannover/HRB+210397: Stand 22.11.21

Übertragbare Akkreditierung?

Nun kommt die große Preisfrage: Ist der neue Global MBA der Gisma University of Applied Sciences GmbH in Potsdam von der AMBA akkreditiert, obwohl ja eigentlich die Franchise-MBA-Programme der Gisma in Hannover akkreditiert wurden?

Ja, erklärt die AMBA und schreibt: „AMBA accredits the Gisma franchised MBA programs, which are operated in conjunction with other AMBA accredited Schools, and the new Gisma MBA program.“ Und auf weitere Nachfrage bestätigt die AMBA dies erneut: „AMBA accredits new MBA programs from existing AMBA accredited schools.“ Das bedeutet, dass die AMBA-Akkreditierung von einer Institution bzw. einem Unternehmen auf eine andere bzw. ein anderes übertragen wurde. Das bestätigt die AMBA auch auf nochmalige Nachfrage mit dem Hinweis auf die beiden GmbHs: „As we have stated in our previous correspondence with you, AMBA accredits the Gisma franchised MBA programs, which are operated in conjunction with other AMBA accredited Schools, and the new Gisma MBA program.“ Als neue, in Brandenburg anerkannte Hochschule, deren erste Studiengänge 2021 angeboten wurden, hat die Gisma in Potsdam also bereits ein von der AMBA akkreditiertes MBA-Programm.

Für die Gisma Hochschule in Potsdam ist es natürlich wunderbar, mit der AMBA-Akkreditierung werben zu können – was sie auch ausgiebig tut. Schließlich sehen gerade internationale Studenten in der AMBA-Akkreditierung einen verlässlichen Qualitätsbeleg.

 

Screenshot: www.gisma.com, Stand: 22.11.21

 

Screenshot: www.gisma.com, Stand: 22.11.21

Doch nun wird es seltsam. Denn die Gisma in Potsdam verweigerte auf Anfrage, Informationen – wie etwa ein detailliertes Curriculum – zu dem neuen MBA-Programm. Es scheint, als hätte man etwas zu verbergen. Auch wer sich für das Studium interessierte, bekam nur rudimentäre Informationen zugeschickt – mit ausführlichem Bezug auf die AMBA-Akkreditierung.

Informationen zum MBA-Studium für Studieninteressenten (Ausschnitt)

Und für die Studienberaterin steht die AMBA-Akkreditierung sogar an erster Stelle.

Ausschnitt aus der Mail einer Studienberaterin

Während die Gisma auf Anfrage keine weiteren Informationen zu ihrem neuen MBA-Programm herausrückte, behauptete die AMBA im April, sie habe das Programm geprüft und es erfülle die AMBA-Kriterien: „AMBA reviewed the new Gisma Global MBA program and it met AMBA’s criteria.“

Allerdings sollte die erste Klasse des neuen Global MBA erst im Mai 2021 starten. Ob die Studenten die AMBA-Standards erfüllen, konnte die AMBA daher vorher wohl kaum überprüfen. Und nun wird es noch seltsamer. Denn die Gisma weigerte sich auch, Informationen zu ihrer neuen MBA-Klasse zu geben und es ist bis heute fraglich, ob der neue Global MBA überhaupt im Mai gestartet ist.

Weltweites Recruiting

Die Gisma (beide GmbHs) gehört zum Bildungskonzern GUS (Global University Systems), der vor allem auf die Anwerbung von internationalen Studenten setzt. Rund tausend Agenturen und Agenten arbeiten weltweit daran, junge Menschen bevorzugt aus Indien, Pakistan, Nigeria und aus anderen Schwellenländern an eine der GUS-Schulen – in diesem Fall nach Deutschland – zu locken. Versprochen werden ihnen ein Studium in Deutschland, ein Sprachkurs, Hilfe bei der Unterkunft und Jobsuche.

In Deutschland gehören neben der Gisma auch die University of Europe for Applied Sciences, die HTK Academy sowie die Berlin School of Business and Innovation (BSBI) zu den GUS-Schulen, wobei letztere keine anerkannte Hochschule ist und die Abschlüsse vor allem von einer italienischen Fernuni verliehen werden.

Dabei zeigt der Fall BSBI, dass die Versprechen bei weitem nicht immer gehalten werden. Dort führte das massive Missmanagement 2019 zu Protesten einiger Studenten. MBA Journal berichtete damals ausführlich darüber. Auch die Financial Times nahm in ihrem Artikel „Inside the university recruiting machine“ unter anderem die GUS und die BSBI kritisch unter die Lupe.

Die internationalen Rekrutierungsaktivitäten der GUS sind natürlich auch für die Franchise-Partner wie die Grenoble School of Management interessant, die so – durchaus zurecht – finanziell von den Gisma-Programmen profitieren.

Grenoble MBA gibt es nicht mehr

Wir erinnern uns: Akkreditiert war der Franchise-MBA der Gisma in Hannover mit der Grenoble School of Management und der wurde auch bis September 2021 auf der Gisma-Website angeboten. Doch dieses Angebot gab es bereits seit Anfang 2021 nicht mehr. So schrieb die Pressestelle der Grenoble School am 28. September 2021: „Concerning the Global MBA that we used to offer in Berlin, it ended definitively for the beginning of this year (2021). Indeed, the overall Covid-19 situation has greatly complicated the ability to recruit international students and the minimum 20 students for a Global MBA promotion could not be reached with as much ease as in normal times. Gisma now offers her own Global MBA which is not taught by Grenoble Ecole de Management.“

Die Gisma schreibt dazu, „dass die Kooperation hinsichtlich des MBA-Programms mit Grenoble im Februar 2021 von Gisma beendet wurde. Die Informationen zum Programm wurden auf der Gisma Website beibehalten, da das Studienprogramm noch bis Ende des Sommersemesters durchgeführt worden ist. Das Marketing für diesen Studiengang wurde jedoch direkt im Februar 2021 eingestellt, so dass potentielle Interessenten nicht fehlinformiert worden sind. Da die letzte Studierendengruppe den MBA in diesem Sommersemester erfolgreich abgeschlossen hat, konnte Gisma den Studiengang nunmehr von der Homepage nehmen. Wir bitten Sie, in Zukunft von ungerechtfertigten Unterstellungen abzusehen“, schreibt „A.Meyer – Legal Department – GUS Germany GmbH in Berlin“.

Das ist schon ziemlich schräg. Man wirbt auf seiner Website mit einem Studiengang, der schon längst nicht mehr angeboten wird, weil es noch in einer früheren Klasse Studenten gibt? Zudem ist die Aussage nicht ganz korrekt. Denn die Studenten hatten zwar das erste Studienjahr abgeschlossen, nicht jedoch das Studium. Antwort von Grenoble: „According to the MBA program manager, the current last group of students enrolled are in year two, working on their final project“ und weiter „according to received information, they will graduate July 2022.“ Ihren MBA-Abschluss bekommen sie also erst im Juli 2022.

Damit bietet Gisma in Hannover, deren MBA-Programme seit 2011 akkreditiert sind, derzeit kein MBA-Programm mehr an. Dazu schreibt die AMBA: „Provided a franchise programme is AMBA accredited, as was the case of Grenoble Business School’s MBA with Gisma, that program will continue to be accredited for the duration of its accreditation period, or until it has been taught out to the final cohort, whichever is the sooner.“ Damit müsste die Akkreditierung für das Programm also spätestens im Juli 2022 auslaufen.

Doch was passiert dann mit dem mit-akkreditierten neuen Global MBA in Potsdam? Bleibt der Studiengang auch weiter AMBA akkreditiert, weil die Akkreditierung der Gisma in Hannover auf die Gisma University of Applied Sciences in Potsdam übertragen wurde?

Und wie lange ist die Akkreditierung der Gisma in Hannover überhaupt gültig und wann steht eine Reakkreditierung an? Das wiederum ist streng geheim. „AMBA’s accreditation agreement is directly with the school.“ Dazu kommt: Laut AMBA-Standards kann die Reakkreditierung (und die Gisma in Hannover wurde ja bereits mehrmals reakkreditiert) für ein bis fünf Jahre gelten.

 

Quelle: https://www.associationofmbas.com/app/uploads/2019/09/MBA-criteria-for-accreditation.pdf

Für Studieninteressenten ist das natürlich intransparent und irreführend. Wer sich bei einer Schule bewirbt, weil er auf die Qualitätssicherung durch die AMBA vertraut, kann unter Umständen in die Röhre schauen. Denn bis er sein Studium beginnt, kann die Akkreditierung bereits abgelaufen sein. Und wann sie abläuft, ist geheim. Die AMBA gibt dazu keine Informationen heraus.

Fragwürdige Qualitätssicherung

Auch mit der versprochenen Qualitätssicherung durch die AMBA ist das so eine Sache. Das zeigt sich wiederum am Beispiel des Franchise-MBAs mit Grenoble. Dazu gab es auf der Gisma-Website ein Profil der Studenten. Laut der dort dargestellten Grafik sind 49 Prozent der MBA-Studenten 18 bis 24 Jahre alt und damit für ein MBA-Studium, das normalerweise einen Bachelor-Abschluss und mindestens ein Jahr Berufserfahrung voraussetzt, bemerkenswert jung.

Die AMBA verlangt allerdings sogar mindestens drei Jahre angemessene und relevante Berufserfahrung. So heißt es in den Kriterien für die AMBA-Akkreditierung: „Students are expected to have a minimum of three years appropriate and relevant postgraduate work experience upon entry and the student body as a whole should average at least five years of such experience.“ Mit dem veröffentlichten Profil dürfte das kaum möglich sein. Hat der Grenoble MBA an der Gisma in Hannover also gegen die AMBA-Standards verstoßen?

Eine entsprechende Anfrage bei der AMBA blieb unbeantwortet. Grenoble wiederum schreibt: „Regarding your question about the presented figures on Gisma website, note that they also are incorrect. From our understanding, it looks like they used the wrong statistics (probably from MScs instead of MBA) and we asked them to correct this misleading information as soon as possible. As well as to remove both GEM MBA (Anm.: Grenoble MBA) and the MSc MIB (Anm.: MSc in International Business) from all their marketing and promotional materials as they are not running anymore.“

Doch warum veröffentlicht die Gisma falsche Angaben? Grenoble schreibt: „They are working on their figures and will send them out for us to validate before republishing.“ Die Gisma arbeitet also an „ihren Zahlen“ für ihre MBA-Studenten? Da wird es nun noch prekärer. Denn Grenoble vergibt den MBA-Abschluss und ist – als ebenfalls von der AMBA akkreditierte Schule – daher auch verantwortlich für die Einhaltung der Zulassungskriterien.

Kennt die französische Business School das Profil ihrer MBA-Studenten an der Gisma nicht? Und warum hat sie überhaupt zugelassen, dass die angeblich falschen Zahlen über einen langen Zeitraum veröffentlicht wurden? Grenoble schweigt auf Anfrage. Das „korrekte Profil“ legt die franzöische Schule bis heute nicht vor. Immerhin schrieb sie bereits am 1. Oktober: „For your information, it seems that all the statistics as well as the cancelled programs have been removed from Gisma website.“

Klageandrohung durch die Gisma

Ist das schon alles fragwürdig genug, so setzt die Gisma in Potsdam dem Ganzen noch die Krone auf und möchte die Autorin nun zwingen, den in dem Artikel am 6. September veröffentlichten Screenshot des Grenoble-MBA-Profils zu entfernen. Die Begründung dafür ist abenteuerlich: „Durch den Text und die Grafik wird der Eindruck erweckt, die Grafik zeige Zahlen zu dem aktuellen Studiengang unserer Mandantin.“ Gemeint ist der „Global MBA“ der Gisma University of Applied Sciences in Potsdam. Doch in dem Text und in der Grafik steht eindeutig, dass es sich um den Grenoble MBA handelt. Offenbar also ein weiterer Einschüchterungsversuch (die Gisma hat schon mal eine Klage androht).

Dafür spricht auch, dass die Gisma in Potsdam für ihre Abmahnung erneut den Berliner Anwalt Tim Hoesmann beauftragt hat. Der wiederum ist seit Jahren der Anwalt der Hochstaplerin und „Profilerin“ Suzanne Grieger-Langer, die zuletzt im Oktober im ZDF Magazin Royal mit Jan Böhmermann (Der Fall der falschen Profiler:innen) und bei FUNK (Geschäftsmodell Profiler: Was ist dran an den True Crime Profis?) prominent herauskam und im Mai auch in der FAZ („Eine fragwürdige `Profilerin`“) kritisch gewürdigt wurde. Auch MBA Journal hatte mehrfach über die „Profilerin“ berichtet und Hoesmann hatte die Autorin im Auftrag von  Grieger-Langer mehrfach verklagt.

Fazit: Mit ihrem seltsamen Vorgehen und ihrer Intransparenz entpuppt sich die AMBA als wenig glaubwürdig und unterstützt damit auch fragwürdige Schulen wie die Gisma. Für eine Akkreditierungsorganisation, die sich damit rühmt, Studieninteressenten eine Qualitätssicherung zu bieten, ist das desaströs.

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.