IESE: „Wir planen keinen Online-MBA“

Von am 29. Mai 2017
IESE

Die IESE Business School in Barcelona setzt weiter erfolgreich auf ihren zweijährigen Vollzeit-MBA. Im Interview spricht der neue Dean Professor Franz Heukamp über den Online-MBA, das neue Trendziel Afrika und seine Einschätzungen zum deutschen Markt.

Was macht eigentlich der World MBA, den IESE bereits 2016 zusammen mit der CEIBS in Shanghai starten wollte?

Der liegt derzeit auf Eis. Allerdings haben wir unsere Zusammenarbeit ausgebaut.
So können die Teilnehmer unseres Global Executive MBAs bei den Wahlmodulen auch Angebote der CEIBS belegen und umgekehrt. Insgesamt bietet jede Schule drei Wahlmodule an. Dazu gehört auch das Modul „Africa: Past, Present and Future“ in Ghana der CEIBS. Da können unsere Studenten gemeinsam mit den Studenten der CEIBS teilnehmen. Das ist natürlich noch ein Unterschied zum World Executive MBA, bei dem die Klasse von Anfang an gemischt sein soll. Aber das Afrika-Module ist bei unseren Teilnehmern recht gefragt.

Ist Afrika der neue Trend?

Zumindest stößt es auf großes Interesse. In unserem Vollzeit-MBA bieten wir seit vier Jahren ein zweiwöchiges Wahlmodul in Kenia an. Eine Woche sind die Studenten dabei an unserer Partnerschule, der Strathmore Business School in Nairobi, besuchen Kurse mit den dortigen MBA-Studenten und eine Woche arbeiten sie in einem Beratungsprojekt mit einem kleinen Unternehmen, das sie aber schon zwei Monate in Spanien vorbereitet haben. Das läuft sehr gut. Von den Wahlmodulen, die wir in New York, Sao Paulo, Shanghai und Nairobi anbieten, ist Nairobi derzeit am beliebtesten. Im Januar waren 64 MBA-Studenten in Kenia. Beworben hatten sich etwa doppelt so viele.

Immer mehr Topschulen bieten Online-MBAs an. Wann startet IESE damit?

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Wir planen kein reines Online-Programm. Unser Ziel ist es, den besten hybriden Executive MBA und Vollzeit-MBA anzubieten und die Lernmöglichkeiten durch Innovationen kontinuierlich zu verbessern. Bei unserem Global Executive MBA ist bereits fast die Hälfte des Unterrichts online und das funktioniert hervorragend. Aber es gibt auch Präsenzphasen. Es wäre kein Problem, den Online-Anteil noch zu erhöhen. Wir haben sowohl die Erfahrung als auch die Technologie. Aber wir glauben, dass das Programm dadurch nicht besser wird, weil die Teilnehmer eben stark von den Präsenzmodulen profitieren. Online oder nicht – ist für mich keine Glaubensfrage. Es geht darum, die bestmögliche Lernerfahrung zu gestalten und zwar passend für die jeweiligen Karrierephasen und die sind beim Executive MBA anders als beim Vollzeit-MBA, wo viele Teilnehmer einen Karrierewechsel anstreben.

Ihr Mitbewerber, die IE Business School in Madrid, hat vor kurzem mit dem WOW-Room ein neues virtuelles Klassenzimmer vorgestellt. Befürchten Sie nicht, dass IESE in Sachen Online-Unterricht den Anschluss verliert?

An einem virtuellen Klassenzimmer arbeiten wir auch längst. Ich sehe auch gute Einsatzmöglichkeiten für das Online-Lernen im Vollzeit MBA. So eignen sich Online-Kurse zum Beispiel gut für die Wissensvermittlung und man kann sein Lerntempo selbst bestimmen. Die Zeit, die man dadurch im Unterricht spart, lassen lässt sich dann für Diskussionen nützen. Ich schätze, dass in den nächsten Jahren vielleicht zehn Prozent der Studieninhalte, die bisher im Klassenzimmer unterrichtet werden, auf einer internen Online-Plattform vermittelt werden. Aber dadurch wird das Studium nicht kürzer, sondern intensiver. Relevanter wird das Online-Lernen in der Executive Education, wo die Teilnehmer weniger Zeit für Präsenzunterricht haben. Da kann es durchaus mehr als 50 Prozent ausmachen.

MBA-Programme werden generell kürzer und flexibler. Dagegen hält IESE weiter an seinem zweijährigen Vollzeit-Studium fest. Warum?

Es gibt einfach weiter eine hohe Nachfrage. Bei uns sind die Bewerberzahlen sogar gestiegen und wir haben im letzten Jahr eine fünfte Sektion eingeführt, also die Klassengröße insgesamt von 280 auf 350 Studenten erhöht. Unser Programm dauert 19 Monate und die meisten brauchen diese Zeit auch, weil sie einen Karrierewechsel planen und dafür ist vor allem auch das Internship wichtig. 85 Prozent unser Absolventen im letzten Jahr haben entweder die Branche, die Funktion oder den Standort gewechselt. 65 Prozent haben die Branche geändert, 60 Prozent die Funktion und 23 Prozent – also fast ein Viertel – haben sich in allen drei Bereichen verändert.

Und in welchen Branchen landen die Absolventen?

24 Prozent der letzten Klasse sind ins Consulting gegangen, 18 Prozent in den Finanzbereich und 58 Prozent sind im Corporate Sektor gelandet und hier vor allem im E-Commerce und Technologiebereich, aber auch in der Konsumgüterindustrie und Einzelhandel. 2016 hat Amazon die meisten Absolventen rekrutiert. Drei Monate nach dem Studienabschluss hatten 7,6 Prozent der Absolventen einen Job dort angenommen.

Wie sehen Sie die MBA-Nachfrage von deutschen Interessenten?

Im Vollzeit-MBA kommen knapp drei Prozent unserer Studenten aus Deutschland, beim Global Executive MBA sind es 15 Prozent. Beim Vollzeit-MBA sehe ich in Deutschland derzeit keinen großen Wachstumsmarkt schon allein aufgrund der Konkurrenz zu den Bologna-Master-Programmen, für die man im Gegensatz zum MBA in der Regel keine Berufserfahrung braucht. Potenzial sehe ich beim Executive MBA, aber vor allem bei den Teilnehmern, die sich aufgrund ihrer Privatinitiative für das Studium entscheiden. Vonseiten der Unternehmen wird es da wohl eher weniger Nachfrage geben.

Seit 2015 hat IESE auch einen Campus in München und bietet hier Executive Education an. Was sind hier Ihre Ziele?

Seit wir 2005 das erste Advanced Management Programm in München angeboten haben, sind wir enorm gewachsen, haben Wurzeln geschlagen und eben vor zwei Jahren diesen schönen Campus eröffnet. Zahlreiche Konzerne wie auch Mittelständler arbeiten inzwischen mit uns. Dies wollen wir weiter ausbauen und bei noch mehr Unternehmen als verlässlicher lokaler Partner, Ideen-Entwickler und Referenzpunkt im Management wahrgenommen werden. Wir planen vor allem, mehr firmeninterne Programme durchzuführen.

Das Interview führte Bärbel Schwertfeger

 

Franz Heukamp

IESE-Dean Franz Heukamp

Franz Heukamp ist seit September 2016 Dean der IESE Business School in Barcelona. Der Deutsche wurde 1973 in Olpe geboren. Er hat einen Abschluss als Diplom-Ingenieur an der Technischen Universität München und als Ingenieur Civile der École des Ponts et Chaussées (Paris) sowie einen PhD vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Danach beschäftigte er sich mit Neuroökonomie sowie mit Verhaltenskomponenten der Entscheidungsfindung.

2002 kam Heukamp als Professor an die IESE Business School, von 2009 bis 2012 war er ihr Generalsekretär. Seit 2012 verantwortet der Deutsche als Associate Dean die MBA Programme. Er initiierte den Executive MBA in Sao Paulo sowie 2014 den Global Executive MBA in den USA und führte zahlreiche Neuerungen ins Curriculum des MBA-Programms ein. Unter seiner Leitung nahm die internationale Diversität sowie die Gesamtzahl der Studenten im Vollzeit-MBA deutlich zu. Als Professor für Entscheidungstheorie lehrt er sowohl in MBA als auch in der Executive Education.

Die IESE Business School in Barcelona gehört zu den führenden europäischen Business Schools. Sie hat Standorte in Barcelona, Madrid, New York, São Paulo und seit 2015 auch in München und hat zudem mehrere Business Schools bei ihrem Aufbau unterstützt, darunter Schulen in Brasilien, China, Kolumbien, Mexiko, Kenia und Nigeria. Neben dem Vollzeit-MBA bietet IESE auch einen Executive MBA und einen Global Executive MBA an. Im FT-Ranking 2017 zu Executive Education erreichte IESE Platz 1 weltweit bei den maßgeschneiderten Programmen für einzelne Unternehmen (customized programs).

 

 

 

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.