EBS: Wo die Hochschulsatzung ein Sonderfall ist

Von am 28. Januar 2013

Im November wurde auf diesem Blog über die gescheiterten Versuche der EBS Universität berichtet, den ehemaligen Juniorprofessor Ralph Tunder zum Senior- oder Honorar-Professor zu ernennen. Nun wurde er zum außerplanmäßigen Professor ernannt, was auf einen Verstoß gegen die Satzung der Universität hindeutet. Dort sieht man das natürlich anders und verheddert sich in abenteuerlichen Erklärungen.

Erst sollte Herr Tunder nach einer Pro-Forma-Ausschreibung Senior-Professor werden, dann wollte man ihn zum Honorar-Professor machen. Doch beides funktionierte nicht. Schließlich wäre es ein Verstoß gegen die Hochschulsatzung gewesen. Denn Ralph Tunder war zwar sechs Jahre Juniorprofessor an der EBS, aber noch nie an einer anderen Hochschule und er hat auch so gut wie keine Forschungsleistungen vorzuweisen. Seine Juniorprofessur war bereits im Februar 2012 beendet. Bis Anfang November führte er unerlaubt seinen Professor-Teil.

Damals hieß es: „Wir prüfen Möglichkeiten, Herrn Tunder in eine Lebenszeitprofessur in einem ordentlichen Verfahren zu übernehmen. Dies erweist sich als rechtlich komplexer und dadurch langwieriger Prozess.“ Doch dann ging es ganz flott. Bereits am 7. Dezember wurde Herr Tunder vom Ministerium zum „außerordentlichen Professor“ ernannt. Das ist mehr als erstaunlich. Denn in der Satzung, die sich die Hochschule selbst gegeben hat, heißt es in den Berufungsrichtlinien zur Ernennung von Adjunct Professoren – laut Punkt 5 gilt das auch für außerplanmäßige Professuren:

„Die EBS legt bei der Berufung von Adjunct Professoren Wert darauf, dass insbesondere Forscher von ausländischen Forschungseinrichtungen/Universitäten berufen werden. Sollten diese noch nicht im Rang eines (tenured) Associate Professors sein, müssten sie mindestens eine sechsjährige (in Ausnahmefällen auch kürzere) Forschungstätigkeit nach der Promotion aufweisen und an einer renommierten ausländischen Einrichtung (Hochschule/Institut) forschen. Sofern die zu berufende Person von einer deutschen Einrichtung kommt, muss sie den Status eines Senior Professors haben. Die Zustimmung durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst vorausgesetzt, kann der betreffende Kandidat zum „Außerplanmäßiger Professor“ – „Adjunct Professor“ berufen werden.“

Doch Herr Tunder war nie Senior Professor, nie an einer ausländischen Hochschule und hat auch keine nennenswerte Forschung betrieben.

Nun ist so eine Satzung, in der die Berufungsrichtlinien für die Professoren festgelegt sind, ziemlich wichtig für eine Hochschule. Schließlich soll sie vermeiden, dass man nicht einfach jeden zum Professor ernennen kann. Dazu kommt, dass die Satzung vom Hessischen Ministerium dem Wissenschaftsrat vorgelegt wurde, als dieser die EBS im vergangenen Jahr akkreditiert hat.

So heißt es in dem Bericht des Wissenschaftsrates (siehe Bericht): „Die Hochschule beschäftigt derzeit in der EBS Business School 24 Seniorprofessuren und 18 Juniorprofessuren. Zusätzlich hat die EBS an ihrer Business School 12 außerplanmäßige (Adjunct) Professorinnen und Professoren… ernannt.“ Auch der Wissenschaftsrat setzt also Adjunct Professor und außerplanmäßige Professoren gleich.

Bereits bei der Akkreditierung fiel dem Wissenschaftsrat auch die hohe Zahl  der Juniorprofessoren und die mit 24 außergewöhnlich hohe Zahl der Honorarprofessoren auf. Dabei nahmen es gerade die Juniorprofessoren nicht immer so genau mit ihrem Professor-Titel. Beispiel Stefan Walter. Der war Juniorprofessor und führte seinen Titel einfach weiter, auch nachdem die Juniorprofessur abgelaufen war und er längst nicht mehr an der EBS tätig war. Dann war der Titel plötzlich verschwunden und Walter soll sich vergeblich bemüht haben, ihn doch wieder führen zu dürfen.

Doch diesmal ist laut EBS alles ganz seriös. „Ihre Aussage ist unzutreffend in dem aktuellen Fall und daher nicht richtig. Professor Dr. Tunder wurde nicht als Adjunct Professor berufen, sondern als Extraordinary Professor. Herr Professor Dr. Tunders Affiliation und Tätigkeitsspektrum als Extraordinary Professor unterscheiden sich grundlegend von denen der Adjunct Professoren.“

Extraordinary Professor? Davon steht nur leider nichts in der Satzung. Und die ist schließlich so etwas wie geltendes Recht, an das sich die Hochschule auch halten muss.

Doch die EBS ist nicht um eine Antwort verlegen: „Wie bereits erwähnt, sind die Berufungsrichtlinien für Adjunct Professoren  im Fall von Herrn Tunder nicht angewandt worden, da er als „Extraordinary Professor“ nicht in diese Kategorie fällt. Herr Prof. Dr. Tunder ist im Einklang mit dem HHG (als übergeordnete Instanz) und den allgemeinen Vorgaben der EBS für Berufungen zum außerplanmäßigen Professor berufen worden. Die EBS Business School nutzt die Berufung zum außerplanmäßigen Professor für verschiedene Intentionen und Aufgaben. Sie bezeichnet diese im Englischen dann auch entsprechend unterschiedlich (Adjunct Professor bzw. Extraordinary Professor).“

Aha, die Satzung gilt also nicht. Man richtet sich nach dem HHG und den allgemeinen Vorgaben der EBS für Berufungen zum außerplanmäßigen Professor. Nur wo sind diese „allgemeinen Vorgaben der EBS“? Die müssten ja – ebenso wie die Bezeichnung Extraordinary Professor – irgendwo in der – vielleicht ja inzwischen geänderten – Satzung stehen?

Doch die kann die EBS offenbar nicht vorlegen, sondern wird stattdessen nervös: „Wie bereits erwähnt: Herr Prof. Dr. Tunder ist im Einklang mit dem HHG und den allgemeinen Vorgaben der EBS berufen worden. Aus unserer Sicht haben wir damit erschöpfend Auskunft zu diesem Thema gegeben.“

In der Tat ist das erschöpfend. Getreu dem Motto: Sind wir erst mal akkreditiert, kümmern uns doch unsere Satzung und unsere Berufungsrichtlinien nicht mehr.

Doch es kommt noch besser. Die EBS legt nach: „Die Richtlinie zur Berufung ist keine abschließende Regelung und keine Satzung der EBS Business School.“  Berufungsrichtlinien sind also nicht festgelegt, man kann sie daher offenbar jederzeit ändern.

Aber es wird noch verwirrender: „Insbesondere ist der allgemeine Fall der außerplanmäßigen Professur nicht geregelt. Die Regelungen zum Adjunct Professor stellen einen Sonderfall dar. Daher kann unmittelbar auf das HHG zurückgegriffen werden. Auf dieser Grundlage hat der Senat der EBS entschieden und auch das Ministerium seine Entscheidung zur Ernennung basiert.“

Aha, der allgemeine Fall ist also nicht geregelt. Die EBS kann daher offenbar machen, was sie will. Die Regelungen zum Adjunct Professor sind ein Sonderfall. Da konnte der  Wissenschaftrat also offenbar nicht richtig lesen, als er den Adjunct Professor mit dem außerplanmäßigen Professor gleichsetzte. Und das Ministerium, dass die Richtlinien auch kennt, schert sich offenbar auch nicht darum.

Man macht also aus der Regelung in der Satzung einfach einen Sonderfall, damit man dann auf das HHG zurückgreifen kann? Und das kann man schließlich wieder beliebig auslegen. Denn dort heißt es: „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich nach der Promotion mindestens sechs Jahre in Forschung und Lehre bewährt haben und habilitiert sind oder eine Juniorprofessur innehatten, kann die Leitung der Hochschule auf Vorschlag des Fachbereichs und nach Anhörung des Senats die Bezeichnung „außerplanmäßige Professorin“ oder „außerplanmäßiger Professor“ verleihen.“ Dass es mit der Bewährung in der Forschung nicht weit her ist bei Herrn Tunder, ist vermutlich auch ein Sonderfall.

Nachdem nun also offenbar alles nicht geregelt oder ein Sonderfall ist, wird es wohl nicht mehr lange dauern, bis auch Stefan Walter sich wieder mit einem Professor-Titel schmücken kann.

Da ist es doch beruhigend, dass EBS-Präsident Rolf Cremer, der der Berufung von Professor Tunder wohl auch zugestimmt haben muss, in seinem Brief an die Stakeholder der EBS betont, dass es der EBS gelungen sei, das „Vertrauen in die EBS als eine der führenden Hochschulen Deutschlands wiederherzustellen“. Und dann schwärmt Cremer noch von der „hochkarätigen Würdigung“ der akademischen Leistungen – unter anderem vom Wissenschaftsrat.

 

 

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.