EBS-Skandal: Absturz des hessischen Leuchtturmprojekts

Von am 14. September 2012

Ein halbe Million Euro pro Jahr bekam das 2009 gegründete Automotive Institute for Management (AIM) an der EBS in den ersten Jahren vom Land Hessen und von der Stadt Frankfurt – als „Leuchtturmprojekt für Hessen“. Dazu kamen Gelder von der Autoindustrie. Bereits 2011 musste das AIM 90.000 Euro zurückzahlen. Nun hat das Land einen Wirtschaftsprüfer eingesetzt, dessen Bericht der EBS bereits vorliegt. Insider sprechen von einem Gesamtbetrag von 250.000 Euro, den die EBS allein für 2010 zurückzahlen soll. Die EBS äußert sich nicht zu der Summe.

Das Hessische Wirtschaftsministerium habe der EBS zum Aufbau des AIM beginnend mit dem Jahr 2010 für vier Jahre eine institutionelle Förderung von 300 000 Euro pro Jahr als Fehlbedarfsfinanzierung gewährt, schreibt das Ministerium. Da die Gesamtausgaben der EBS im Jahr 2010 gegenüber dem vorgelegten Wirtschaftsplan zurückblieben, habe die EBS Mittel in Höhe von 92.000 Euro zurückgezahlt. Diese Summe sei an das Land Hessen und die Stadt Frankfurt gegangen. Die Stadt hatte das AIM 2010 und 2011 jeweils mit 200.000 Euro gefördert. Der Erstattungsanspruch des Landes betrug 60.700 Euro, zuzüglich Zinsen und wurde von der EBS überwiesen.

Da fragt man sich erst einmal, wozu eine Fehlbedarfsfinanzierung? Denn das EBS-Institut erhält zudem erhebliche Summen von der Autoindustrie. „Mit Audi, BMW, Daimler und Volkswagen unterstützen fast alle deutschen Automobilhersteller, der Verband der Automobilindustrie VDA, Zulieferer wie Bosch und Mobilitätsunternehmen wie die Deutsche Post das AIM nachhaltig“, heißt es im Statusbericht des Instituts 2012. „Die Förderung dient speziell dem AIM und ist einzig für dessen Gründung und Aufbau bestimmt. Die Lücke zwischen beim AIM vorhandenen Mitteln und dem tatsächlich kalkulierten Bedarf soll die Fehlbedarfsfinanzierung schließen“, schreibt die EBS.

Gegründet wurde das AIM vom geschassten Ex-Präsidenten der EBS, Christopher Jahns, zusammen mit Professor Ronald Gleich. Der inzwischen wegen gewerbsmäßiger Untreue angeklagte Jahns, der nach wie vor seine Unschuld beteuert, hatte mit dem AIM einst große Pläne. Von der Industrie erwartete er eine Unterstützung mit „weit über einer Million Euro“ und zudem gelang es ihm, die Politik zu überzeugen. „Die Automobilindustrie ist ein bedeutender Standortfaktor für Hessen“, sagte Hessens damaliger Ministerpräsident Roland Koch (CDU). „Hier ein Center zu errichten, das in einzigartiger Weise Expertenwissen zu betriebs- und volkswirtschaftlichen Fragestellungen zur Verfügung stellt, ist ein wichtiger Schritt zur Zukunftssicherung und ein Leuchtturmprojekt für Hessen.“ Auch die damalige Oberbürgermeisterin Frankfurts, Petra Roth, schwärmte von dem neuen Institut. Man zeigte sich großzügig, vermutlich ohne genaue Prüfung, ob die Mittel auch tatsächlich benötigt wurden.

Auch die knapp 24 Millionen Euro für die Förderung der neuen Law School der EBS sollen schließlich ohne Bonitätsprüfung genehmigt worden sein. Im Gegenteil: Es soll den verantwortlichen Politikern sogar bekannt gewesen sein, dass die EBS zahlungsunfähig war und nur dank öffentlicher Mittel überhaupt überleben konnte.

Ein Blick auf die Website des AIM offenbart, dass aus den großen Plänen offenbar nicht viel geworden ist. Danach hat das AIM gerade mal einen Lehrstuhl für Mar­ken­ma­nage­ment und Auto­mo­tive Marketing, auf dem der akademische Direktor Professor Franz-Rudolf Esch sitzt. Weiter gibt es nur noch einen Juniorprofessor für Dialogmarketing sowie drei Gast- bzw.  Honorarprofessoren. Auch Roger Moser steht noch immer als EBS-Mitarbeiter mit Telefondurchwahl auf der AIM-Website, obwohl der längst an der Universität St.Gallen tätig ist und dort fälschlicherweise als Professor tituliert wurde. Die Zahl der Studenten des Master in Automotive Management dürfte ebenfalls überschaubar sein. 2020/11 waren es gerade mal zwölf Studenten.

Im August 2009 erklärte Jahns in seinem SMI-Newsletter noch großspurig: „Nach einer dreijährigen Aufbauphase werden circa 30 Wissenschaftler am AWZ (Anmerkung: damals lief das Institut noch unter „Automobilwissenschaftliche Zentrum“) arbeiten, international mit den besten Business Schools vernetzt.“

Doch wo ist das Geld geblieben? Insider berichten, dass das AIM zahlreiche Aufträge innerhalb der EBS vergeben haben soll, möglicherweise um dort Finanzlöcher – zum Beispiel an dem von Jahns geleiteten SMI Institut – zu stopfen. Gerüchteweise soll das Ministerium allein für 2010 insgesamt rund 250.000 Euro zurückfordern. Das wäre ein weiterer herber Schlag gegen die bereits finanziell schwer angeschlagene EBS.

Inzwischen liegt der Bericht der Wirtschaftsprüfer für das Jahr 2010 der EBS zur Stellungnahme vor. „Das AIM steht im Dialog mit dem Ministerium und arbeitet kooperativ mit diesem zusammen, um alle Fragen zu klären. Bei den Themen, die es zu klären gilt, geht es unter anderem um die Fragen, ob Kostenpositionen angemessen waren und Verwaltungskostenpauschalen korrekt in Ansatz gebracht worden sind“, schreibt die EBS. Zu der Summe der möglichen Rückzalungen will sich die EBS nicht äußern.

Ein Stein des Anstoßes soll dabei das überhöhte Honorar des Geschäftsführers Fridtjof Langenhan gewesen sein. Denn der war nicht bei der EBS angestellt, sondern rechnete als Berater ab. Langenhan, der als enger Vertrauer von Jahns gilt und diesen seit Jugendtagen aus Bremen kennen soll, war früher Berater bei Brainnet und damit bei der Beratungsfirma, die im Mittelpunkt der Untreuevorwürfe steht. Neben seiner Geschäftsführertätigkeit am AIM, die am 15.August beendet wurde, ist er auch Direktor bei der Unternehmensberatung Staiger, Gleich & Partners (SGP).

Zwar ist die tatsächliche Summe, die die EBS urückzahlen muss, noch offen. Doch es könnte noch dicker kommen. Denn für das Jahr 2011 hat die EBS noch keine Verwendungsnachweise vorgelegt.

Auf den Ernst der Lage deutet der Bericht der Frankfurter Rundschau hin. Sie schrieb, dass das Wirtschaftsministerium die EBS nicht mehr fördern will. Das AIM solle im Doppelhaushalt 2013/2014 über das House of Logistics and Mobility (HOLM) unterstützt werden und nicht mehr über die EBS, zitiert das Blatt Staatssekretär Steffen Saebisch (FDP). Er gehe davon aus, dass aus dem EBS-Institut dann ein HOLM-Projekt werde.

Doch wie soll das gehen? Will das Land der Privatuni das Institut einfach wegnehmen? Und was passiert dann mit den Studenten und den Fördergeldern aus der Industrie?

Das HOLM war neben der Law School und dem AIM eines der drei Lieblingsprojekte von Ex-Präsident Jahns. Geleitet wird das HOLM von seinem langjährigen Vertrauten Stefan Walter, der Jahns stets zur Seite stand als die Vorwürfe der Untreue auftauchten und  offenbar unberechtigt einen Professortitel der EBS führte. Fördergelder für das HOLM sollen dabei auch an der SMI Institut von Jahns geflossen sein.

 

 

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.