EBS-Skandal: Staatsanwaltschaft in Erklärungsnot?

Von am 18. November 2013

Die letzte Sitzung des Untersuchungsausschusses hat erneut deutlich gezeigt: Die hessische CDU/FDP-Landesregierung wusste offenbar, dass die rund 23 Millionen Euro Fördergelder für den Aufbau der neuen Law School vor allem für die Finanzierung der klammen European Business School notwendig waren. Damit steht sie unter Untreue-Verdacht. Besteht ein begründeter Anfangsverdacht, muss die Staatsanwaltschaft gegen die Landesregierung ermitteln. Doch ob sie das tut, sagt sie nicht.

Bereits im Frühjahr hat die Staatsanwaltschaft Wiesbaden, die im derzeit laufenden Untreue-Verfahren gegen den ehemaligen EBS-Präsidenten Christopher Jahns ermittelt hat, ihren Anfangsverdacht sowie die Strafanzeige eines Wiesbadeners an die Generalstaatsanwaltschaft geleitet. Die hat das Ganze wiederum an die Staatsanwaltschaft Frankfurt weiter gegeben – ein klares Indiz dafür, dass der Anfangsverdacht offenbar berechtigt ist. Frankfurt müsste daher eigentlich seit langem ermitteln.

Zum Hintergrund: Das Land Hessen hat der privaten European Business School (EBS) rund 23 Millionen Euro Fördergelder für den Aufbau einer Jurafakultät gezahlt. Damit wurde die Business School zur Universität. Der hessische Landesrechnungshof hatte jedoch schon 2012 bemängelt, dass die Landesregierung die Bonität der EBS nicht ausreichend gepüft hat und die Gelder vor allem zur Finanzierung der klammen Business School benötigt wurden. Auch den Sinn der neuen Law School stellten die Prüfer infrage. Der daraufhin eingesetzte Untersuchungsausschuss soll daher klären, ob die Steuergelder von der EBS zweckentfremdet wurden.

Die unglückliche Rolle der Landesregierung macht das Ganze nun zu einem äußerst pikanten Fall. Denn die Staatsanwaltschaft Frankfurt müsste gegen Minister und Abgeordnete ermitteln. Dazu könnte nicht nur ihr eigener Chef, Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP), gehören, sondern auch Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU), Wiesbadens Ex-Oberbürgermeister Helmut Müller (CDU) und Wirtschaftsminister Florian Rentsch (FDP) – beide vehemente EBS-Unterstützer und bis Ende 2012 im Stiftungsvorstand der EBS – und vor allem der CDU-Abgeordnete, ehemalige Staatssekretär und EBS-Aufsichtsrat Walter Arnold, der der EBS laut Zeugenaussagen sogar dabei half, die Zahlen so hinzudrehen, dass die Landesregierung sie akzeptierte.

Auch der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) spielte bei der Mittelvergabe eine Rolle. Bei der großen Uni-Feier der EBS im Juni 2010 sagte er den merkwürdig verschwurbelten Satz: „… und wir glauben, dass wir einen Weg gefunden haben, dass jeder, der nach Fairness suchend schaut, wie wir mit den öffentlichen Geldern dabei umgehen, erkennen kann, dass das ein fairer Ausgleich ist, den wir treffen“. War Koch schon damals klar, dass das alles nicht ganz koscher ist?

Gegen Minister und Abgeordnete kann die Staatsanwaltschaft jedoch nur ermitteln, wenn der Landtag dafür die Immunität der betroffenen Personen aufhebt. Davon ist bisher nichts bekannt. Auch auf die Strafanzeige gibt es bisher keine Reaktion. Kein Wunder, dass man bei der Generalstaatsanwaltschaft und der Staatsanwaltschaft Frankfurt nervös reagiert.

In Frankfurt grübelte man drei Tage über der Frage, ob man nun ermittelt oder nicht. Dann lehnte man eine Auskunft ab und verweist auf § 3 Absatz 1 des Hessischen Pressegesetzes. Darin heißt es, die Behörde könne eine Auskunft verweigern, „soweit durch sie die sachgemäße Durchführung eines straf- oder dienststrafgerichtlichen Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte“ oder „soweit Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse liegen, durch ihre vorzeitige öffentliche Erörterung vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnten.“

Was heißt das nun? Wird bereits allgemein ermittelt, aber noch nicht gegen einzelne Personen mit Immunitätsschutz? Oder wird nicht ermittelt trotz Anfangsverdachtes und Ermittlungspflicht? Gibt es möglicherweise sogar eine „Anweisung“ der Generalstaatsanwaltschaft, nicht gegen die Landesregierung zu ermitteln? Das bestreitet Pressesprecher Günter Wittig umgehend.

Doch egal ob ermittelt wird oder nicht – beides wäre ein ziemlicher Skandal.

 

 

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.