EBS-Skandal: Jahns verklagt das Land Hessen

Von am 11. April 2012

Nachdem die Ermittlungen gegen den Ex-Präsidenten der EBS Universität für Wirtschaft und Recht, Christopher Jahns, offenbar kurz vor dem Abschluss stehen, startet Jahns eine Gegenoffensive und hat das Land Hessen verklagt. Auch seine Intrigen-These lässt er wieder aufleben. Alles nur eine Verzeiflungstat?

Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden habe Jahns in ihren Pressemitteilungen „regelmäßig und fortwährend“ vorverurteilt, begründete Jahns neuer Sprecher Dirk Metz laut einem Bericht der FAZ die Klage. Allerdings hat die Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben bisher lediglich zwei Pressemeldungen herausgegeben. Eine davon anlässlich der Aufhebung des Haftbefehls.

Am Samstag ging die FAZ noch einmal ausführlich auf Jahns Vorwürfe ein. „Die wiederholten Vorverurteilungen durch Pressesprecher der Jusitz hätten den Eindruck erweckt, als sei Jahns bereits der Untreue überführt“, zitiert die FAZ aus dem Schriftsatz der Klage. Gefordert wird laut FAZ vorläufig ein Schadensersatz in Höhe von 125.000 Euro, der sich letztlich im „siebenstelligen Bereich“ bewegen könnte. Dabei wurde offenbar jeder Medienbericht mit einer Forderung in Höhe von 5000 bis 30.000 Euro belegt. Namentlich genannt wird nur das Handelsblatt.

Gegen die ermittelnde Oberstaatsanwältin geht er laut Wiesbadener Kurier mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde vor. Der Vorwurf: einseitige Ermittlungen.

Eingereicht hat die Klage laut FAZ die Bonner Kanzlei Redeker. Der dort tätige Presserechtler Gernot Lehr, der auch Ex-Bundespräsident Christian Wulff in dessen Affäre – allerdings letztlich nicht unbedingt erfolgreich – vertreten hat, war schon von Beginn an für Jahns tätig. Lehr war auch zusammen mit Jahns Strafverteidiger Alfred Dierlamm bei dem denkwürdigen Gespräch mit Vertretern der Wirtschaftswoche zugegen, bei dem Dierlamm dem Wirtschaftsmagazin diktierte, wer nicht für das Blatt schreiben dürfe.

Es sei „unzutreffend, dass durch die Staatsanwaltschaft Prof. Dr. Jahns vorverurteilt wurde. Es wurde lediglich auf Anfrage bestätigt, dass es gegen ihn den dringenden Verdacht – Voraussetzung für den Erlass eines Haftbefehls – gab, er habe Straftaten begangen. Dieser dringende Verdacht war auch bei Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls nicht entfallen, sondern nur der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr“, schreibt der Sprecher der Wiesbadener Staatsanwaltschaft, Hartmut Ferse. Gleichwohl gelte nach dem Gesetz bis zu einer Verurteilung – also auch im Falle einer Anklage – die Unschuldsvermutung.

Merkwürdig ist der Zeitpunkt für Jahns Groß-Offensive. Warum wartet er nicht erst einmal den Abschluss der Ermittlungen ab? Denn bisher ist noch nicht einmal offiziell bekannt, ob Anklage erhoben wird oder nicht. Wird keine Anklage erhoben, wäre seine Klage eigentlich überflüssig und für eine eventuelle Schadensersatzklage wäre immer noch Zeit. Wird Anklage erhoben, dann dürfte Jahns seine finanziellen Ressourcen für seine Verteidigung brauchen. Warum also jetzt?

Weiß Jahns nach seinen Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft, dass er eine Anklage nicht mehr abwenden kann? Und will er nun zumindest die Staatsanwaltschaft im Vorfeld massiv diskreditieren? Was soll man davon halten, wenn Strafverteidiger Dierlamm in der FAZ damit zitiert wird, dass das Verfahren „bemerkenswerte Rückschlüsse auf die rechtsstaatliche Gesinnung der Oberstaatsanwältin“ zulasse? Versucht er damit die Staatsanwaltschaft so zu provozieren, dass diese dazu Stellung nimmt und dabei möglicherweise Fehler macht? Oder hat Jahns einfach nur die falschen Berater?

Wie man es auch dreht, letztlich nützt ihm das Getöse nichts, wenn Anklage erhoben wird und dann in einem Verfahren untersucht wird, ob Jahns sich strafbar gemacht hat oder nicht. Das Ganze erinnert daher eher an den Versuch, böse Geister zu vertreiben: Wenn man nur genug Lärm macht, dann verschwinden sie schon.

Selbst seine alte Intrigen-These wärmt Jahns wieder auf und will angeblich gegen die mutmaßlichen Intriganten Schadensersatzklage einreichen. Sie hätten „zunächst eine öffentliche Diffamierungskampagne gestartet und dann die Staatsanwaltschaft in die Irre geführt“, schreibt die FAZ unkommentiert. Das klingt zumindest ziemlich abenteuerlich. Erst sollen also die Medien, dann die Staatsanwaltschaft und zudem auch noch zwei voneinander unabhängige Haftrichter auf die angeblichen Diffamierungen – und damit auf die falschen Bschuldigungen – hereingefallen sein?

Dabei spricht eigentlich bisher alles gegen die – erstmals von der FAZ veröffentlichte – Intrigen-These. So hat die Staatsanwaltschaft die ominöse Strafanzeige gegen die angeblichen Intriganten längst eingestellt. Und Jahns Strafverteidiger Dierlamm stellt seine angeblichen Intrigen-Belege nur ausgewählten Journalisten zur Verfügung. Nur warum spielt er nicht mit offenen Karten, wenn er doch angeblich alles beweisen kann?

Der Grund für Jahns plötzliche Aktivitäten könnte allerdings auch ganz banal sein. So hat er vor kurzem seine Anteile an BrainNet verkauft und dürfte daher auch wieder über genug Geld für seine teure Verteidigung verfügen. Die Schweizer Beratungsfirma, bei der Jahns Präsident des Verwaltungsrats war, steht im Mittelpunkt der Untreue-Vorwürfe. Dabei geht es um 180.000 Euro, die von der EBS ohne entsprechende Gegenleistung an BrainNet geflossen sein sollen. Jahns war an der Firma beteiligt und Präsident des Verwaltungsrats von BrainNet.

Bemerkenswert ist Jahns Klage gegen das Land Hessen auch wegen der Vorgeschichte. Schließlich erbrachte die Überprüfung der zweckgemäßen Verwendung der Fördermittel für die EBS, die das Land für den Aufbau der neuen Jura-Fakultät bezahlt hatte, dass gerade der damalige EBS-Präsident Jahns ziemlich unverfroren Steuergelder zweckentfremdet hatte. Beispiel: Reisekosten in Höhe von 14.944 Euro (Anmerkung der Wirtschaftsprüfer: „Vertragliche Grundlage unklar“). 950.000 Euro musste die EBS daher bereits zurückzahlen. Ob es noch mehr wird, ist offen. Die Prüfung des Landesrechnungshofes ist noch nicht abgeschlossen.

Wie geht es nun weiter? „Die Ermittlungen werden abgeschlossen, sobald entschieden werden kann, ob der Tatverdacht ausgeräumt wurde oder es aufgrund der Ermittlungen hinreichend wahrscheinlich ist, dass eine Verurteilung zu erwarten ist“, so Oberstaatsanwalt Ferse. „Es ist der Staatsanwaltschaft bekannt, dass Herr Prof. Dr. Jahns zutiefst von seiner Unschuld überzeugt ist. Das wird selbstverständlich bei der Bewertung des Beweisergebnisses zu berücksichtigen sein.“

 

Foto Bärbel Schwertfeger, MBA Journal

Über Bärbel Schwertfeger

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin und seit 1985 als freie Journalistin im Bereich Management, Weiterbildung und Personalentwicklung tätig.